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Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
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notiert; „schließlich“, so Unseld weiter, „aus Verehrung fĂŒr Thomas Wolfe und Faulkner, begann er zu schreiben.“ Knapp zwei Jahre vor Erscheinen von Die Ursache (1975), der ersten autobiographischen ErzĂ€hlung, berichtete Bernhard dem Verleger bei einem Abendessen mit „Meraner Rotwein“ ĂŒber die Geschichte seiner „ganz und gar unmöglichen Familie“, ĂŒber „Herkommen“ und „Aufwach- sen“, aber auch ĂŒber die ersten Schritte auf dem Weg zur Autorschaft.62 Unselds Notiz aus dem Jahr 1973 ist deshalb beachtenswert, weil Bernhard zwar seine Arbeit als Gerichtssaalreporter bei mehreren Gelegenheiten  – und mit einem gewissen Stolz  – als wichtige „Schule“ (TBW 22.2, 44) und als Experimentierfeld des literarischen Schreibens bezeichnet,63 sich ĂŒber seine TĂ€tigkeit als Literatur-, Kunst-, Film- und Theaterkritiker im Salzburg der frĂŒhen 1950er Jahre aber nie öffentlich geĂ€ußert hat.64 Die Hinweise auf seine „Zeitungsg’schicht’ln“ 65 in Inter- views und in der autobiographischen Pentalogie beschrĂ€nken sich auf die Arbeit als Gerichtsreporter und einen im Januar 1952 veröffentlichten Bericht ĂŒber ein Salzburger FlĂŒchtlingslager (vgl. TBW 22.1, 10 – 12, bzw.  22.2, 112 u.  336). Wenn in Der Keller (1976) vom Demokratischen Volksblatt die Rede ist, dann nur mit Blick auf „ZustĂ€nde“ in der Scherzhauserfeldsiedlung, deren unterprivilegierte Bewohner ihm Anfang der 1950er Jahre am Salzburger Gericht als Angeklagte und Zeugen wieder begegnet waren (TBW 10, 119 f.). Diese gezielte Selektion, die durchaus als werkpolitische Intervention im Sinne der Rezeptionssteuerung zu begreifen ist, lĂ€sst sich schon frĂŒh beobach- ten: Hatte Bernhard 195466 in einem Begleittext zu seiner ersten Publikation im Wiener Jahrbuch Stimmen der Gegenwart noch angefĂŒhrt, er habe „zuletzt auch als Kunstkritiker einer Tageszeitung“ gearbeitet,67 wurde diese Informationen zwei Jahre spĂ€ter, als er die ErzĂ€hlung Der SchweinehĂŒter in dem von Hans Weigel begrĂŒndeten Periodikum veröffentlichte, bereits ausgespart: Er habe, 62 Unseld: Bericht Thomas Bernhard, 8./9.  November 1974 [recte: 1973] Salzburg. In: Bernhard/ Unseld: Der Briefwechsel (Anm.  36), S.  406. 63 Ob sich Bernhards „todesfixierte Schreibweise“ jedoch tatsĂ€chlich „der Arbeit als Lokaljour- nalist und Gerichtsreporter im Salzburg der 1950er Jahre“ „verdankt“, wie Markus Janner: Der Tod im Text (Anm.  9), S.  105, vermutet, scheint mir fraglich. Vgl. auch ebd., S.  112 – 115. 64 Vgl. Dittmar: Zwischen Paris-Lodron-Straße und Kajetaner Platz (Anm.  47), S.  16 f.: „Wenn von seiner journalistischen Laufbahn die Rede ist, dann ist immer von den Gerichtssaalberichten die Rede.“ Vgl. auch Klug: Thomas Bernhards Arbeiten (Anm.  28), S.  137, der hervorhebt, dass Bernhard „seine sonstigen journalistischen und literarischen Arbeiten stets verschwiegen hat“. 65 Hofmann: Aus GesprĂ€chen mit Thomas Bernhard (Anm.  42), S.  45. 66 1952 waren die von ihm eingereichten Gedichte noch abgelehnt worden. Vgl. Evelyne Polt- Heinzl: Thomas Bernhard betritt die Wiener Szene oder Über Dissonanzen in Hans Weigels Stimmen der Gegenwart. In: Sprachkunst 46 (2015), H.  1, S.  51 – 70, hier S.  64 f. 67 [Biographische Angaben]. In: Stimmen der Gegenwart 1954. Hg. v. Hans Weigel. Wien: Albrecht DĂŒrer 1954, S.  259. In diesem Band wurde Bernhards ErzĂ€hlung Großer, unbegreiflicher Hunger gedruckt (ebd., S.  138 – 143). „Zeitungsg’schicht’ln“: Thomas Bernhard als Literaturkritiker290 © 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1, 1080 Wien https://doi.org/10.7788/9783205212317 | CC BY-NC-ND 4.0
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Strategen im Literaturkampf Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Titel
Strategen im Literaturkampf
Untertitel
Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Autor
Harald Gschwandtner
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-21231-7
Abmessungen
15.7 x 23.9 cm
Seiten
482
Schlagwörter
Kulturjournalisten, Literaturkritik, Marcel Reich-Ranicki, Peter Handke, Thomas Bernhard
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. VORWORT 9
  2. I „SCHREIBEN IST EIN FÜNFKAMPF“: EINE ART EINLEITUNG 13
  3. II „ICH KANN MICH DAMIT SCHWER ABFINDEN“:KRITIK DER KRITIK ALS WERKPOLITIK 27
    1. Legitimationen und Strategien 27
    2. EinsprĂŒche gegen die Kritik: eine verbotene Übung (Verstörung) 34
    3. „Über diesen Roman wĂ€ren nicht so viele böse Worte zu verlieren 
“: Handkes Hornissen nach Princeton 39
    4. Fronten, VerbĂŒndete, Kampfbegriffe 49
    5. Ein Buch „rehabilitieren“? (Die Hornissen, Der Hausierer) 55
  4. III UNFREUNDLICHE BETRACHTUNGEN: EINWÄNDE GEGEN DIE LITERATURKRITIK 63
    1. Sehlustfeindliche SchwÀtzer 63
    2. Vom Zeitungswahnsinn bedroht (Wittgensteins Neffe, Nachmittag eines Schriftstellers) 70
    3. „vollkommen humorlos und blöd“: Bernhard und die Literaturkritik 82
    4. „vom peinlichsten Lob bis zum bösartigsten Verriß“: Bernhard liest Rezensionen (Frost) 87
    5. „unbeholfener lyrischer Unsinn“: Bernhard redigiert eine Kritik – mit einem Exkurs zu Elias Canetti 95
    6. „ekelhaft ekelhaft ekelhaft“: Kritiken auf der BĂŒhne (Der Ignorant und der Wahnsinnige, Minetti, Über allen Gipfeln ist Ruh) 103
    7. Von der DĂŒrre der Theaterkritik oder: Landwirte und Rezensenten 112
    8. Nur selten ein Sommerhemd: Handke liest Rezensionen 117
    9. Literaturkritik als ‚leeres GeschĂ€ft‘: Handkes Vorarbeiten im Radio 120
    10. „Ihr wart Vollblutschauspieler“:Handke und die Phrasen der Kritik (Publikumsbeschimpfung) 126
    11. „Solche Wörter sollte man euch verbieten“ oder:Erstsprache vs. Zweitsprache 129
    12. Einwenden und Hochhalten: Handkes Rede gegen die Literaturkritik 133
  5. IV „MEIN FEIND IN DEUTSCHLAND“: PETER HANDKE VS. MARCEL REICH-RANICKI 141
    1. Princeton 1966 und die Folgen 141
    2. Poetik und Polemik oder: Das Problem der ‚NatĂŒrlichkeit‘ 150
    3. Die „Àsthetischen Gewissensbisse“ des Peter Handke (Wunschloses UnglĂŒck) 156
    4. Schleichende Eskalation: die 1970er Jahre (Die linkshÀndige Frau, Das Gewicht der Welt) 159
    5. „schiefe Bilder und preziöse Vergleiche“ (Langsame Heimkehr) 170
    6. Die Bestie von Puyloubier (Die Lehre der Sainte-Victoire) 175
    7. Mit Cézanne gegen die Hunde (Die Lehre der Sainte-Victoire) 183
    8. Im Bunde? Reich-Ranicki, Bernhard und Unseld 189
    9. SchnĂŒffeln und Verreißen (Mein Jahr in der Niemandsbucht) 204
    10. Unversöhnt: letzte Gefechte (In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus) 212
  6. V „ES SIND AUCH ANDERE SÄTZE MÖGLICH“: PETER HANDKES GEGENMODELLE ZUR ZEITGENÖSSISCHEN LITERATURKRITIK 221
    1. „Aber ich bin kein Kritiker“ 221
    2. Ein Leseerlebnis beschreiben: Handke rezensiert Hermann Lenz 228
    3. Abenteuergeschichte der LektĂŒre: Handke liest Bernhards Verstörung 239
    4. „Kritik, die zugleich eine Form der Begeisterung ist“: Helmut FĂ€rber 246
    5. „Haben Sie das gehört?“: Wolfgang Bauer, The Beatles, Gert Jonke 251
    6. „wirklich unorthodox“: Handke ĂŒber/mit Ödön von HorvĂĄth 259
    7. Keine Axt fĂŒr das gefrorene Meer in uns: Franz Kafka, Karin Struck 262
    8. Der Autor als Kritiker: ein Rollenkonflikt? 266
  7. VI „ZEITUNGSG’SCHICHT’LN“: THOMAS BERNHARD ALS LITERATURKRITIKER 273
    1. Vor eines Dichters Grab: Johannes Freumbichler 273
    2. „Ich glaube, da liegen die Wurzeln“: Bernhard als Gerichtsreporter 284
    3. „Kanzlist, KoffertrĂ€ger und Kunstkritiker“ 289
    4. „zuchtvoll und klar“: Bernhard als Literaturkritiker im Salzburger Demokratischen Volksblatt 293
    5. Verschweigen und Verzeihen: Bernhard und der „NS-Parnaß“ 305
    6. „Traumfabrik“ und „Ro-Ro-Ro-Kost“: Kino und Taschenbuch 314
    7. Alte Zöpfe, neue Pferde 322
    8. „Was in den guten Jungen nur gefahren sein mag?“: erste Polemiken 329
    9. „Ich kann kein Buch besprechen“: Absagen und Stellvertretungen (Alte Meister, Auslöschung) 333
  8. VII REZENSIONEN, DIE KEINE SIND: KRITIK UND SELBSTKRITIK BEI THOMAS BERNHARD 343
    1. Vorgeschichten einer Polemik: Bernhard vs. Bruno Kreisky 343
    2. Politische Polemik als Literaturkritik (Gerhard Roth, Peter Turrini) 357
    3. „ein wirklicher Dichter“: Kreisky verteidigt Handke 362
    4. The Return of the Critic oder: Ausweitung der Kampfzone 369
    5. Bernhard als Kritiker seiner selbst (Korrektur) 372
    6. Zwischen „Geisteskunst“ und „Selbstkorrektur“: Szenen prekĂ€rer Autorschaft (Korrektur, Am Ortler) 379
    7. Vom „Streben nach eigener Billigung“ (Der Untergeher, Der Theatermacher) 386
  9. VIII KRAFT DURCH FEINDE: EINE ART EPILOG 397
  10. IX DANKSAGUNG 413
  11. X BIBLIOGRAPHIE 415
    1. PrimÀrliteratur und Quellen 415
    2. Literatur- und Kulturtheorie 433
    3. Forschungsliteratur 435
    4. Rezensionen, Presseberichte, Journalistisches 463
    5. Fernsehsendungen, Audiovisuelle Medien, Webpages 469
  12. XI PERSONENREGISTER 471
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