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Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
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der „Kunst- oder Literaturkritiker“, so Jens Dittmar, vor allem „ein Reporter, der sich weitgehend auf das Was, Wann und Wo beschrĂ€nken mußte“.89 Christian Klug hat zudem hervorgehoben, dass der Nachwuchsrezensent von der Redak- tion des Demokratischen Volksblatts meist „zu den eher zweitrangigen Kultur- ereignissen geschickt“ wurde,90 wĂ€hrend die attraktiveren kulturellen Termine den arrivierten Kollegen, etwa dem in Bernhards Der Keller (1976) portrĂ€tierten Musikkritiker Theodor W. Werner, vorbehalten waren. Werner, der Musikwissenschaftler aus Hannover,  [
] ging nach jedem Konzert an den spĂ€teren Nachmittagen mit einer feinsĂ€uberlich mit der Hand geschriebenen Kritik, mit einem kleinen Meisterwerk, wie ich heute weiß, aus der Pfeifergasse ĂŒber den Mozartplatz und durch die Judengasse und ĂŒber die StaatsbrĂŒcke und in die Paris- Lodron-Straße in die Zeitungsredaktion des Demokratischen Volksblatts, das seine Gedanken, die immer die außerordentlichsten Gedanken gewesen sind, abdruckte. Er war nichts weniger als ein Musikwissenschaftler und Philosoph, was die Redakteure und die Leser des Demokratischen Volksblatts, der einzigen sozialistischen Tages- zeitung in der Stadt, zwar hochgeschĂ€tzt, aber niemals begriffen haben. (TBW 10, 197) WĂ€hrend Bernhard in den autobiographischen ErzĂ€hlungen davon berichtet, dass er auf Anregung des Großvaters „Novalis, Kleist, Hebel, Eichendorff“, ja „Shakespeare und Stifter“ gelesen habe (TBW 10, 284 u.  299), widmen sich viele Artikel im Demokratischen Volksblatt BĂŒchern bzw. Autorinnen und Autoren, die heute kaum mehr bekannt sind, darunter Karoline Brandauer, Alfons Czibulka, Georg Eberl, Eduard C. Heinisch, Loni Seitz-Ransmayr und Kurt Ziesel. Große Teile der von Bernhard rezipierten und besprochenen Literatur, etwa Theodor Renzls Hoamatliab (1951) oder Lorenz Macks Das GlĂŒck wohnt in den WĂ€ldern
 (1952), dessen „natĂŒrliche, wahrhaft menschliche Stimme“ er schĂ€tzte (TBW 22.1, 89), sind jener literarischen Strömung der Nachkriegszeit zuzurechnen, die „Bil- der der Einheit, der Ruhe, Geborgenheit und StabilitĂ€t“ entwarf und den Verfah- ren und Sujets der literarischen Moderne fern stand.91 Hatte Ernst Schönwiese im Salzburg der unmittelbaren Nachkriegszeit die 1935/1936 begrĂŒndete Zeitschrift Beifall“ (TBW 22.1, 323); „Die Zuhörer dankten den beiden Vortragenden herzlich“ (TBW 22.1, 326); „Das zahlreich gekommene Publikum dankte Georg Eberl mit herzlichem Applaus“ (TBW 22.1, 367) etc. 89 Jens Dittmar: Thomas Bernhard. Reporter. In: Aus dem Gerichtssaal (Anm.  43), S.  259 – 278, hier S.  276. Billenkamp: Thomas Bernhard (Anm.  14), S.  59, hat außerdem zu bedenken gege- ben, dass Bernhards BeitrĂ€ge im Demokratischen Volksblatt stets „von den verantwortlichen Redakteuren nachtrĂ€glich redigiert worden sind“ und der Anteil der sprachlichen und inhalt- lichen Über- und Umarbeitungen nicht mehr zu ermitteln ist. 90 Klug: Thomas Bernhards Arbeiten (Anm.  28), S.  144. 91 MĂŒller: Die Bannung der Unordnung (Anm.  32), S.  187. „Zeitungsg’schicht’ln“: Thomas Bernhard als Literaturkritiker298 © 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1, 1080 Wien https://doi.org/10.7788/9783205212317 | CC BY-NC-ND 4.0
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Strategen im Literaturkampf Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Titel
Strategen im Literaturkampf
Untertitel
Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Autor
Harald Gschwandtner
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-21231-7
Abmessungen
15.7 x 23.9 cm
Seiten
482
Schlagwörter
Kulturjournalisten, Literaturkritik, Marcel Reich-Ranicki, Peter Handke, Thomas Bernhard
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. VORWORT 9
  2. I „SCHREIBEN IST EIN FÜNFKAMPF“: EINE ART EINLEITUNG 13
  3. II „ICH KANN MICH DAMIT SCHWER ABFINDEN“:KRITIK DER KRITIK ALS WERKPOLITIK 27
    1. Legitimationen und Strategien 27
    2. EinsprĂŒche gegen die Kritik: eine verbotene Übung (Verstörung) 34
    3. „Über diesen Roman wĂ€ren nicht so viele böse Worte zu verlieren 
“: Handkes Hornissen nach Princeton 39
    4. Fronten, VerbĂŒndete, Kampfbegriffe 49
    5. Ein Buch „rehabilitieren“? (Die Hornissen, Der Hausierer) 55
  4. III UNFREUNDLICHE BETRACHTUNGEN: EINWÄNDE GEGEN DIE LITERATURKRITIK 63
    1. Sehlustfeindliche SchwÀtzer 63
    2. Vom Zeitungswahnsinn bedroht (Wittgensteins Neffe, Nachmittag eines Schriftstellers) 70
    3. „vollkommen humorlos und blöd“: Bernhard und die Literaturkritik 82
    4. „vom peinlichsten Lob bis zum bösartigsten Verriß“: Bernhard liest Rezensionen (Frost) 87
    5. „unbeholfener lyrischer Unsinn“: Bernhard redigiert eine Kritik – mit einem Exkurs zu Elias Canetti 95
    6. „ekelhaft ekelhaft ekelhaft“: Kritiken auf der BĂŒhne (Der Ignorant und der Wahnsinnige, Minetti, Über allen Gipfeln ist Ruh) 103
    7. Von der DĂŒrre der Theaterkritik oder: Landwirte und Rezensenten 112
    8. Nur selten ein Sommerhemd: Handke liest Rezensionen 117
    9. Literaturkritik als ‚leeres GeschĂ€ft‘: Handkes Vorarbeiten im Radio 120
    10. „Ihr wart Vollblutschauspieler“:Handke und die Phrasen der Kritik (Publikumsbeschimpfung) 126
    11. „Solche Wörter sollte man euch verbieten“ oder:Erstsprache vs. Zweitsprache 129
    12. Einwenden und Hochhalten: Handkes Rede gegen die Literaturkritik 133
  5. IV „MEIN FEIND IN DEUTSCHLAND“: PETER HANDKE VS. MARCEL REICH-RANICKI 141
    1. Princeton 1966 und die Folgen 141
    2. Poetik und Polemik oder: Das Problem der ‚NatĂŒrlichkeit‘ 150
    3. Die „Àsthetischen Gewissensbisse“ des Peter Handke (Wunschloses UnglĂŒck) 156
    4. Schleichende Eskalation: die 1970er Jahre (Die linkshÀndige Frau, Das Gewicht der Welt) 159
    5. „schiefe Bilder und preziöse Vergleiche“ (Langsame Heimkehr) 170
    6. Die Bestie von Puyloubier (Die Lehre der Sainte-Victoire) 175
    7. Mit Cézanne gegen die Hunde (Die Lehre der Sainte-Victoire) 183
    8. Im Bunde? Reich-Ranicki, Bernhard und Unseld 189
    9. SchnĂŒffeln und Verreißen (Mein Jahr in der Niemandsbucht) 204
    10. Unversöhnt: letzte Gefechte (In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus) 212
  6. V „ES SIND AUCH ANDERE SÄTZE MÖGLICH“: PETER HANDKES GEGENMODELLE ZUR ZEITGENÖSSISCHEN LITERATURKRITIK 221
    1. „Aber ich bin kein Kritiker“ 221
    2. Ein Leseerlebnis beschreiben: Handke rezensiert Hermann Lenz 228
    3. Abenteuergeschichte der LektĂŒre: Handke liest Bernhards Verstörung 239
    4. „Kritik, die zugleich eine Form der Begeisterung ist“: Helmut FĂ€rber 246
    5. „Haben Sie das gehört?“: Wolfgang Bauer, The Beatles, Gert Jonke 251
    6. „wirklich unorthodox“: Handke ĂŒber/mit Ödön von HorvĂĄth 259
    7. Keine Axt fĂŒr das gefrorene Meer in uns: Franz Kafka, Karin Struck 262
    8. Der Autor als Kritiker: ein Rollenkonflikt? 266
  7. VI „ZEITUNGSG’SCHICHT’LN“: THOMAS BERNHARD ALS LITERATURKRITIKER 273
    1. Vor eines Dichters Grab: Johannes Freumbichler 273
    2. „Ich glaube, da liegen die Wurzeln“: Bernhard als Gerichtsreporter 284
    3. „Kanzlist, KoffertrĂ€ger und Kunstkritiker“ 289
    4. „zuchtvoll und klar“: Bernhard als Literaturkritiker im Salzburger Demokratischen Volksblatt 293
    5. Verschweigen und Verzeihen: Bernhard und der „NS-Parnaß“ 305
    6. „Traumfabrik“ und „Ro-Ro-Ro-Kost“: Kino und Taschenbuch 314
    7. Alte Zöpfe, neue Pferde 322
    8. „Was in den guten Jungen nur gefahren sein mag?“: erste Polemiken 329
    9. „Ich kann kein Buch besprechen“: Absagen und Stellvertretungen (Alte Meister, Auslöschung) 333
  8. VII REZENSIONEN, DIE KEINE SIND: KRITIK UND SELBSTKRITIK BEI THOMAS BERNHARD 343
    1. Vorgeschichten einer Polemik: Bernhard vs. Bruno Kreisky 343
    2. Politische Polemik als Literaturkritik (Gerhard Roth, Peter Turrini) 357
    3. „ein wirklicher Dichter“: Kreisky verteidigt Handke 362
    4. The Return of the Critic oder: Ausweitung der Kampfzone 369
    5. Bernhard als Kritiker seiner selbst (Korrektur) 372
    6. Zwischen „Geisteskunst“ und „Selbstkorrektur“: Szenen prekĂ€rer Autorschaft (Korrektur, Am Ortler) 379
    7. Vom „Streben nach eigener Billigung“ (Der Untergeher, Der Theatermacher) 386
  9. VIII KRAFT DURCH FEINDE: EINE ART EPILOG 397
  10. IX DANKSAGUNG 413
  11. X BIBLIOGRAPHIE 415
    1. PrimÀrliteratur und Quellen 415
    2. Literatur- und Kulturtheorie 433
    3. Forschungsliteratur 435
    4. Rezensionen, Presseberichte, Journalistisches 463
    5. Fernsehsendungen, Audiovisuelle Medien, Webpages 469
  12. XI PERSONENREGISTER 471
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