Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Kunst und Kultur
Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Seite - 315 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 315 - in Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik

Bild der Seite - 315 -

Bild der Seite - 315 - in Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik

Text der Seite - 315 -

berichtete, lobte er nicht nur seine „wohlgeformte, zarte Lyrik“, „duftig in den Farben und fast durchwegs von einem nachdenklich-melancholischen Unter- grund“, sondern er verteidigte das „Werk des jungen Autors“ auch gegen jene, „die gerne in Reden und Artikeln ĂŒber die Jugend klagen, die sich angeblich nur fĂŒr Fußball und Gangsterfilme interessiert“.157 Interesse fĂŒr Gangsterfilme und Lyrik scheinen bei Thomas Bernhard in der ersten HĂ€lfte der 1950er Jahre frei- lich keineswegs ein Widerspruch gewesen zu sein. Von MĂ€rz 1953 bis April 1954 war der Journalist und Schriftsteller Bernhard auch als Filmkritiker fĂŒr das Demokratische Volksblatt tĂ€tig und stellte den Lese- rinnen und Lesern der Zeitung in Salzburger Kinos gezeigte Filme in meist kurzen Notizen vor.158 Weil die Filmkritiken, was ihren Umfang angeht, sehr beschrĂ€nkt waren, gingen Bernhards Texte oft kaum darĂŒber hinaus, den Inhalt der Filme kurz zu skizzieren, die wichtigsten Schauspielerinnen und Schauspieler zu nennen und einige persönliche Anmerkungen einzustreuen, was den Artikeln oft eher den Anschein humoriger Glossen als jenen eingehender Besprechungen verleiht. So heißt es am 27.  MĂ€rz 1953 ĂŒber den im Maxglaner Kino gezeigten Streifen Die Liebe des Korsaren (orig. Caribbean, USA 1952, Regie: Edward Ludwig): Vor 200  Jahren: Pirat gegen Pirat, Messer gegen Messer. Der eine raubt die Tochter des anderen. Gut 90 Kilogramm Muskelfleisch werden zur Befreiung ausgeschickt. Der Erfolg ist sicher. Dazwischen Feste auf der Insel und Mondscheinstunden auf dem Meeresstrand. Ein Film, wie wir ihn uns mit 15  Jahren gewĂŒnscht hĂ€tten. Im ĂŒbrigen gute Aufnahmen, taugliche Regie und ein schlichter Beitrag zur Beilegung des Rassenproblems. Arlene Dahl und John Payne spielen  – wie es im Buch steht. (TBW 22.1, 348) Mit jenen Kritiken, die Peter Handke eineinhalb Jahrzehnte spĂ€ter fĂŒr die Zeit- schrift film verfassen sollte,159 haben Bernhards BeitrĂ€ge im Demokratischen 157 J.[osef] K.[aut]: Dichterlesung Thomas Bernhard. In: Demokratisches Volksblatt, 19. 12. 1952. 158 Vgl. Waitzbauer: Thomas Bernhard in Salzburg (Anm.  47), S.  94 f. Dass Bernhard, wie sich Johann Barth: Er war sich seines Sieges schon gewiss (Anm.  99), S.  141 f., erinnert, auch „Mit- arbeiter fĂŒr Filmkritik“ bei den Salzburger Nachrichten war, ist bisher nicht mit konkreten Textbelegen dokumentiert. Folgt man Barth, so mĂŒsste diese TĂ€tigkeit bis in die 1960er Jahre hinein gereicht haben; lediglich „Monate spĂ€ter“ nĂ€mlich sei Bernhards Frost (1963) erschie- nen. In einem erneuten Abdruck des GesprĂ€chs mit Johann Barth wurde Bernhards TĂ€tigkeit fĂŒr die Salzburger Nachrichten nicht mehr in das direkte zeitliche Umfeld von Frost datiert (vgl. Johann Barth: Es war eine Berufskrankheit. In: Immer noch Frost. 26 Betrachtungen zu Thomas Bernhards erstem Roman. Hg. v. Sepp Dreissinger. Wien: Album 2019, S.  44 – 47, hier S.  46). 159 Vgl. dazu Rolf G. Renner: Der Kinogeher. Peter Handke und der Film. In: Peter Handke. Poesie der RĂ€nder. Hg. v. Klaus Amann, Fabjan Hafner u. Karl Wagner. Wien u. a.: Böhlau 2006, S.  201 – 214. „Traumfabrik“ und „Ro-Ro-Ro-Kost“: Kino und Taschenbuch 315 © 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1, 1080 Wien https://doi.org/10.7788/9783205212317 | CC BY-NC-ND 4.0
zurĂŒck zum  Buch Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik"
Strategen im Literaturkampf Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Titel
Strategen im Literaturkampf
Untertitel
Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Autor
Harald Gschwandtner
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-21231-7
Abmessungen
15.7 x 23.9 cm
Seiten
482
Schlagwörter
Kulturjournalisten, Literaturkritik, Marcel Reich-Ranicki, Peter Handke, Thomas Bernhard
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. VORWORT 9
  2. I „SCHREIBEN IST EIN FÜNFKAMPF“: EINE ART EINLEITUNG 13
  3. II „ICH KANN MICH DAMIT SCHWER ABFINDEN“:KRITIK DER KRITIK ALS WERKPOLITIK 27
    1. Legitimationen und Strategien 27
    2. EinsprĂŒche gegen die Kritik: eine verbotene Übung (Verstörung) 34
    3. „Über diesen Roman wĂ€ren nicht so viele böse Worte zu verlieren 
“: Handkes Hornissen nach Princeton 39
    4. Fronten, VerbĂŒndete, Kampfbegriffe 49
    5. Ein Buch „rehabilitieren“? (Die Hornissen, Der Hausierer) 55
  4. III UNFREUNDLICHE BETRACHTUNGEN: EINWÄNDE GEGEN DIE LITERATURKRITIK 63
    1. Sehlustfeindliche SchwÀtzer 63
    2. Vom Zeitungswahnsinn bedroht (Wittgensteins Neffe, Nachmittag eines Schriftstellers) 70
    3. „vollkommen humorlos und blöd“: Bernhard und die Literaturkritik 82
    4. „vom peinlichsten Lob bis zum bösartigsten Verriß“: Bernhard liest Rezensionen (Frost) 87
    5. „unbeholfener lyrischer Unsinn“: Bernhard redigiert eine Kritik – mit einem Exkurs zu Elias Canetti 95
    6. „ekelhaft ekelhaft ekelhaft“: Kritiken auf der BĂŒhne (Der Ignorant und der Wahnsinnige, Minetti, Über allen Gipfeln ist Ruh) 103
    7. Von der DĂŒrre der Theaterkritik oder: Landwirte und Rezensenten 112
    8. Nur selten ein Sommerhemd: Handke liest Rezensionen 117
    9. Literaturkritik als ‚leeres GeschĂ€ft‘: Handkes Vorarbeiten im Radio 120
    10. „Ihr wart Vollblutschauspieler“:Handke und die Phrasen der Kritik (Publikumsbeschimpfung) 126
    11. „Solche Wörter sollte man euch verbieten“ oder:Erstsprache vs. Zweitsprache 129
    12. Einwenden und Hochhalten: Handkes Rede gegen die Literaturkritik 133
  5. IV „MEIN FEIND IN DEUTSCHLAND“: PETER HANDKE VS. MARCEL REICH-RANICKI 141
    1. Princeton 1966 und die Folgen 141
    2. Poetik und Polemik oder: Das Problem der ‚NatĂŒrlichkeit‘ 150
    3. Die „Àsthetischen Gewissensbisse“ des Peter Handke (Wunschloses UnglĂŒck) 156
    4. Schleichende Eskalation: die 1970er Jahre (Die linkshÀndige Frau, Das Gewicht der Welt) 159
    5. „schiefe Bilder und preziöse Vergleiche“ (Langsame Heimkehr) 170
    6. Die Bestie von Puyloubier (Die Lehre der Sainte-Victoire) 175
    7. Mit Cézanne gegen die Hunde (Die Lehre der Sainte-Victoire) 183
    8. Im Bunde? Reich-Ranicki, Bernhard und Unseld 189
    9. SchnĂŒffeln und Verreißen (Mein Jahr in der Niemandsbucht) 204
    10. Unversöhnt: letzte Gefechte (In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus) 212
  6. V „ES SIND AUCH ANDERE SÄTZE MÖGLICH“: PETER HANDKES GEGENMODELLE ZUR ZEITGENÖSSISCHEN LITERATURKRITIK 221
    1. „Aber ich bin kein Kritiker“ 221
    2. Ein Leseerlebnis beschreiben: Handke rezensiert Hermann Lenz 228
    3. Abenteuergeschichte der LektĂŒre: Handke liest Bernhards Verstörung 239
    4. „Kritik, die zugleich eine Form der Begeisterung ist“: Helmut FĂ€rber 246
    5. „Haben Sie das gehört?“: Wolfgang Bauer, The Beatles, Gert Jonke 251
    6. „wirklich unorthodox“: Handke ĂŒber/mit Ödön von HorvĂĄth 259
    7. Keine Axt fĂŒr das gefrorene Meer in uns: Franz Kafka, Karin Struck 262
    8. Der Autor als Kritiker: ein Rollenkonflikt? 266
  7. VI „ZEITUNGSG’SCHICHT’LN“: THOMAS BERNHARD ALS LITERATURKRITIKER 273
    1. Vor eines Dichters Grab: Johannes Freumbichler 273
    2. „Ich glaube, da liegen die Wurzeln“: Bernhard als Gerichtsreporter 284
    3. „Kanzlist, KoffertrĂ€ger und Kunstkritiker“ 289
    4. „zuchtvoll und klar“: Bernhard als Literaturkritiker im Salzburger Demokratischen Volksblatt 293
    5. Verschweigen und Verzeihen: Bernhard und der „NS-Parnaß“ 305
    6. „Traumfabrik“ und „Ro-Ro-Ro-Kost“: Kino und Taschenbuch 314
    7. Alte Zöpfe, neue Pferde 322
    8. „Was in den guten Jungen nur gefahren sein mag?“: erste Polemiken 329
    9. „Ich kann kein Buch besprechen“: Absagen und Stellvertretungen (Alte Meister, Auslöschung) 333
  8. VII REZENSIONEN, DIE KEINE SIND: KRITIK UND SELBSTKRITIK BEI THOMAS BERNHARD 343
    1. Vorgeschichten einer Polemik: Bernhard vs. Bruno Kreisky 343
    2. Politische Polemik als Literaturkritik (Gerhard Roth, Peter Turrini) 357
    3. „ein wirklicher Dichter“: Kreisky verteidigt Handke 362
    4. The Return of the Critic oder: Ausweitung der Kampfzone 369
    5. Bernhard als Kritiker seiner selbst (Korrektur) 372
    6. Zwischen „Geisteskunst“ und „Selbstkorrektur“: Szenen prekĂ€rer Autorschaft (Korrektur, Am Ortler) 379
    7. Vom „Streben nach eigener Billigung“ (Der Untergeher, Der Theatermacher) 386
  9. VIII KRAFT DURCH FEINDE: EINE ART EPILOG 397
  10. IX DANKSAGUNG 413
  11. X BIBLIOGRAPHIE 415
    1. PrimÀrliteratur und Quellen 415
    2. Literatur- und Kulturtheorie 433
    3. Forschungsliteratur 435
    4. Rezensionen, Presseberichte, Journalistisches 463
    5. Fernsehsendungen, Audiovisuelle Medien, Webpages 469
  12. XI PERSONENREGISTER 471
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Strategen im Literaturkampf