Seite - 407 - in Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
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Paperback-Ausgabe in den Suhrkamp Verlag ĂŒbernommen werdenÂ
â, âselbstver-
stĂ€ndlich in einem gesonderten Band, den Kampf mit der Kritik aufzunehmenâ.36
Unselds Vorschlag, man könne auf diese Weise âKritiker Kritiker kritisieren
lassenâ,37 um damit âandere kritische Kriterienâ ins Spiel zu bringen,38 konnte
der Autor allerdings wenig abgewinnen. Einen âKommentarbandâ 39 oder einen
âKritikeraufsatzâ hielt er in seinen beiden Antwortbriefen an Unseld ausdrĂŒck-
lich nicht fĂŒr die geeignete Form der Erwiderung: âVielleicht kann ich statt des-
sen fĂŒrs Taschenbuch eine kurze, unpolemische Vorbemerkung hinzufĂŒgen â
zumal ich inzwischen, durch viele Reaktionen (und deren IntensitÀt) bestÀrkt,
meiner (jedenfalls dieser) Sache recht sicher geworden bin.â 40 Handke wollte
die Verteidigung seiner Poetik demnach nicht anderen Kritikern ĂŒbertragen
(sollten diese ihm auch wohlgesinnt sein 41), sondern selbst, âbestĂ€rktâ durch
den Zuspruch vieler Leserinnen und Leser, aber auch angestachelt durch das
UnverstĂ€ndnis weiter Teile der Literaturkritik, tĂ€tig werden: âHabe ichâ, heiĂt es
in der im Laufe der vorliegenden Studie bereits zitierten Notiz aus der Geschichte
des Bleistifts (1982), deren Niederschrift in diese Zeit fĂ€llt, ânicht seit jeher erst
gegen die anderen gewuĂt, wer ich bin?â 42 Im âUniversumâ des literarischen
Feldes, âin demâÂ
â mit Pierre Bourdieu gesprochenÂ
â âexistieren differenzieren
36 Siegfried Unseld an Peter Handke, 6. 1. 1978. In: P. H./S. U.: Der Briefwechsel. Hg. v. Raimund
Fellinger u. Katharina Pektor. Berlin: Suhrkamp 2012, S. 333.
37 Ebd.
38 Unseld an Handke, 30. 1. 1978. In: ebd., S. 335.
39 Handke an Unseld, 3. 2. 1978. In: ebd., S. 338.
40 Handke an Unseld, 17. 1. 1978. In: ebd., S.Â
334. Zugleich hat Handke in diesen Jahren auch seine
Verletzlichkeit im Hinblick auf negative Kritiken betont, so etwa in einem 1979 auf Englisch
gefĂŒhrten Interview: âI believe that to receive no encouragement but to be portrayed always as
an enemy is very, very damaging to this good creative impulse which a writer needs. This crea-
tive impulse is the most valuable thing which one can have; that is all I know.â (June Schlueter:
An Interview with Peter Handke. [1979] In: Studies in 20th Century Literature 4 (1980), H. 1,
S. 63 â 73, hier S. 72)
41 Er habe, so Handke wenig spĂ€ter, durchaus âsehr schöne, herzerwĂ€rmende, d. h. genau teilneh-
mende Kritikenâ von Das Gewicht der Welt gelesen, was an seiner Ablehnung des âBegleit-
bandesâ aber allem Anschein nach wenig Ă€nderte (Handke an Unseld, 3. 2. 1978. In: ebd.,
S. 338). Zu den positiven Rezensionen zÀhlte etwa die Besprechung von Sigrid Löffler: Die
Wahrnehmungshölle des Peter Handke. In: profil, Nr. 39, 27. 9. 1977, S. 53 â 54; auch der einst
scharfe Handke-Kritiker Hans Christoph Buch zeigte sich angesichts von Das Gewicht der
Welt ĂŒberraschend freundlich: âKein Zweifel: diese Aufzeichnungen aus den Jahren 1975 bis
1977, eine Mischung aus Arbeitsjournal und intimem Tagebuch, gehören zum Besten und
Schönsten, was derzeit in deutscher Sprache zu lesen ist.â (Hans Christoph Buch: Der voll-
kommene Schauspieler. Ăber Peter Handke: Das Gewicht der Welt. In: Der Spiegel, Nr. 37,
5. 9. 1977, S. 197 â 201, hier S. 197)
42 Peter Handke: Die Geschichte des Bleistifts. Salzburg, Wien: Residenz 1982, S. 156.
Kraft durch Feinde: Eine Art Epilog 407
© 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1, 1080 Wien
https://doi.org/10.7788/9783205212317 | CC BY-NC-ND 4.0
Strategen im Literaturkampf
Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
- Titel
- Strategen im Literaturkampf
- Untertitel
- Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
- Autor
- Harald Gschwandtner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21231-7
- Abmessungen
- 15.7 x 23.9 cm
- Seiten
- 482
- Schlagwörter
- Kulturjournalisten, Literaturkritik, Marcel Reich-Ranicki, Peter Handke, Thomas Bernhard
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- VORWORT 9
- I âSCHREIBEN IST EIN FĂNFKAMPFâ: EINE ART EINLEITUNG 13
- II âICH KANN MICH DAMIT SCHWER ABFINDENâ:KRITIK DER KRITIK ALS WERKPOLITIK 27
- Legitimationen und Strategien 27
- EinsprĂŒche gegen die Kritik: eine verbotene Ăbung (Verstörung) 34
- âĂber diesen Roman wĂ€ren nicht so viele böse Worte zu verlieren âŠâ: Handkes Hornissen nach Princeton 39
- Fronten, VerbĂŒndete, Kampfbegriffe 49
- Ein Buch ârehabilitierenâ? (Die Hornissen, Der Hausierer) 55
- III UNFREUNDLICHE BETRACHTUNGEN: EINWĂNDE GEGEN DIE LITERATURKRITIK 63
- Sehlustfeindliche SchwÀtzer 63
- Vom Zeitungswahnsinn bedroht (Wittgensteins Neffe, Nachmittag eines Schriftstellers) 70
- âvollkommen humorlos und blödâ: Bernhard und die Literaturkritik 82
- âvom peinlichsten Lob bis zum bösartigsten VerriĂâ: Bernhard liest Rezensionen (Frost) 87
- âunbeholfener lyrischer Unsinnâ: Bernhard redigiert eine Kritik â mit einem Exkurs zu Elias Canetti 95
- âekelhaft ekelhaft ekelhaftâ: Kritiken auf der BĂŒhne (Der Ignorant und der Wahnsinnige, Minetti, Ăber allen Gipfeln ist Ruh) 103
- Von der DĂŒrre der Theaterkritik oder: Landwirte und Rezensenten 112
- Nur selten ein Sommerhemd: Handke liest Rezensionen 117
- Literaturkritik als âleeres GeschĂ€ftâ: Handkes Vorarbeiten im Radio 120
- âIhr wart Vollblutschauspielerâ:Handke und die Phrasen der Kritik (Publikumsbeschimpfung) 126
- âSolche Wörter sollte man euch verbietenâ oder:Erstsprache vs. Zweitsprache 129
- Einwenden und Hochhalten: Handkes Rede gegen die Literaturkritik 133
- IV âMEIN FEIND IN DEUTSCHLANDâ: PETER HANDKE VS. MARCEL REICH-RANICKI 141
- Princeton 1966 und die Folgen 141
- Poetik und Polemik oder: Das Problem der âNatĂŒrlichkeitâ 150
- Die âĂ€sthetischen Gewissensbisseâ des Peter Handke (Wunschloses UnglĂŒck) 156
- Schleichende Eskalation: die 1970er Jahre (Die linkshÀndige Frau, Das Gewicht der Welt) 159
- âschiefe Bilder und preziöse Vergleicheâ (Langsame Heimkehr) 170
- Die Bestie von Puyloubier (Die Lehre der Sainte-Victoire) 175
- Mit CĂ©zanne gegen die Hunde (Die Lehre der Sainte-Victoire) 183
- Im Bunde? Reich-Ranicki, Bernhard und Unseld 189
- SchnĂŒffeln und VerreiĂen (Mein Jahr in der Niemandsbucht) 204
- Unversöhnt: letzte Gefechte (In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus) 212
- V âES SIND AUCH ANDERE SĂTZE MĂGLICHâ: PETER HANDKES GEGENMODELLE ZUR ZEITGENĂSSISCHEN LITERATURKRITIK 221
- âAber ich bin kein Kritikerâ 221
- Ein Leseerlebnis beschreiben: Handke rezensiert Hermann Lenz 228
- Abenteuergeschichte der LektĂŒre: Handke liest Bernhards Verstörung 239
- âKritik, die zugleich eine Form der Begeisterung istâ: Helmut FĂ€rber 246
- âHaben Sie das gehört?â: Wolfgang Bauer, The Beatles, Gert Jonke 251
- âwirklich unorthodoxâ: Handke ĂŒber/mit Ădön von HorvĂĄth 259
- Keine Axt fĂŒr das gefrorene Meer in uns: Franz Kafka, Karin Struck 262
- Der Autor als Kritiker: ein Rollenkonflikt? 266
- VI âZEITUNGSGâSCHICHTâLNâ: THOMAS BERNHARD ALS LITERATURKRITIKER 273
- Vor eines Dichters Grab: Johannes Freumbichler 273
- âIch glaube, da liegen die Wurzelnâ: Bernhard als Gerichtsreporter 284
- âKanzlist, KoffertrĂ€ger und Kunstkritikerâ 289
- âzuchtvoll und klarâ: Bernhard als Literaturkritiker im Salzburger Demokratischen Volksblatt 293
- Verschweigen und Verzeihen: Bernhard und der âNS-ParnaĂâ 305
- âTraumfabrikâ und âRo-Ro-Ro-Kostâ: Kino und Taschenbuch 314
- Alte Zöpfe, neue Pferde 322
- âWas in den guten Jungen nur gefahren sein mag?â: erste Polemiken 329
- âIch kann kein Buch besprechenâ: Absagen und Stellvertretungen (Alte Meister, Auslöschung) 333
- VII REZENSIONEN, DIE KEINE SIND: KRITIK UND SELBSTKRITIK BEI THOMAS BERNHARD 343
- Vorgeschichten einer Polemik: Bernhard vs. Bruno Kreisky 343
- Politische Polemik als Literaturkritik (Gerhard Roth, Peter Turrini) 357
- âein wirklicher Dichterâ: Kreisky verteidigt Handke 362
- The Return of the Critic oder: Ausweitung der Kampfzone 369
- Bernhard als Kritiker seiner selbst (Korrektur) 372
- Zwischen âGeisteskunstâ und âSelbstkorrekturâ: Szenen prekĂ€rer Autorschaft (Korrektur, Am Ortler) 379
- Vom âStreben nach eigener Billigungâ (Der Untergeher, Der Theatermacher) 386
- VIII KRAFT DURCH FEINDE: EINE ART EPILOG 397
- IX DANKSAGUNG 413
- X BIBLIOGRAPHIE 415
- XI PERSONENREGISTER 471