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Vor 1918
Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
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74 Imperium, Nation und Katholizismus die Staatlichkeit als territoriale Ordnung fehlte  – dienen,85 auch wenn das Zusammenspiel nationaler und religiöser Selbstverortungen unterschiedlich geartet und wahrgenommen werden konnte. Nation und Religion standen insofern in der Habsburgermonarchie  – wie Moritz Csáky schreibt  – weder antagonistisch noch synchron, vielmehr dialektisch zueinander: So avancierte der Katholizismus zum Symbol unterschiedlicher, zum Teil gegen- sätzlicher nationalpolitischer Konzepte. Für die Nationsbildung der Slowaken oder Kroaten bekam der Katholizismus eine nationsstiftende Funktion, während die offi- zielle Gesamtstaatsrhetorik Wiens sich der transnationalen Funktion des Katholizis- mus  bediente.86 Obgleich die Identifizierung und ihre öffentliche / politische Konsequenz, die Loyalität, kein Nullsummenspiel sind, in dem eine Identifizierung nur auf Kosten einer anderen möglich wäre,87 bestimmte die nationale Frage auch das Kirchenleben und die Selbstverortungen der Gläubigen. Auch wenn die nationale Selbstverortung  – besonders bei den katholischen Gläu- bigen  – nicht notwendigerweise ausschließlich (exklusiv) war, sondern sich dynamisch und dialektisch entwickelte und änderte, lässt sich die Tatsache, dass die nationale Identifizierung auch unter den katholischen Gläubigen, in der katholischen Kirche und besonders bezüglich der katholischen Kirche immer mehr an Bedeutung gewann, nicht wegdenken. Der Katholizismus diente insofern nicht nur von oben her als eine mögliche Legitimationsres- source. Auch die nationalistischen Bewegungen bedienten sich der integrati- ven Kraft des Katholizismus.88 Daher spricht Moritz Csáky nicht von einem, sondern mehreren Katholi- zismen innerhalb der Donaumonarchie.89 Die »Katholizismen« bedeuteten aber nicht unbedingt nationalpolitisch gespaltene, innerkirchliche Räume, sondern vielmehr eine lokale Ebene, die ihren Katholizismus innerhalb der katholischen Kirche gegenüber den institutionalisierten Formen, Praktiken oder den kirchlichen Obrigkeiten normabweichend erleben und bestim- men wollte. Der Katholizismus stellte für ländliche Regionen bzw. für die in der lokalen Machtstruktur benachteiligten Völker den inhaltlichen und 85 Beate Hock, Kulturelle Dimensionen der Transnationalen Verflechtungen Ostmit- teleuropas 1870er Jahre bis 1914, in: Hadler / Middell (Hg.), Handbuch einer trans- nationalen Geschichte Ostmitteleuropas, S.  189–255, hier S.  239. 86 Csáky, Paradigma Zentraleuropa, S.  13. 87 Martin Schulze Wessel, »Loyalität« als geschichtlicher Grundbegriff und For- schungskonzept. Zur Einleitung, in: Ders. (Hg.), Loyalitäten in der Tschechoslowa- kischen Republik 1918–1938. Politische, nationale und kulturelle Zugehörigkeiten, München 2004, S.  1–22, hier S.  10. 88 Ders., Nationalisierung der Religion und Sakralisierung der Nation, S.  12. 89 Csáky, Paradigma Zentraleuropa, S.  13.
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Umkämpfte Kirche Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Titel
Umkämpfte Kirche
Untertitel
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Autor
Péter Techet
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35696-4
Abmessungen
15.9 x 23.5 cm
Seiten
310
Schlagwörter
Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
  2. Danksagung 13
  3. Vorwort 15
  4. 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
    1. 1.1 Thematische, räumliche und zeitliche Einordnung der Forschungsfrage 22
      1. 1.1.1 Forschungsfrage 22
      2. 1.1.2 Innerkatholische Gewaltmomente im Kontext der »Nationalitätenfrage« 23
      3. 1.1.3 Historiographie von Nation und Religion: Nationalismus oder nationale Indifferenz? 27
      4. 1.1.4 Räumliche Verortung 37
      5. 1.1.5 Zeitlicher Fokus 45
    2. 1.2 Methode und Konzepte 45
      1. 1.2.1 Mikrogeschichte mit vergleichender Kontextualisierung 45
      2. 1.2.2 »Identifizierung« 48
      3. 1.2.3 Gewalt 49
    3. 1.3 Quellenlage und Aufbau der Arbeit 52
      1. 1.3.1 Quellenlage 52
      2. 1.3.2 Aufbau der Arbeit 56
  5. 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
    1. 2.1 Imperium und Nation 61
      1. 2.1.1 Österreich als Rechtsordnung für seine Völker 61
      2. 2.1.2 Ungarn als Imperium der magyarischen Elite 66
    2. 2.2 Katholizismus und Nation 70
      1. 2.2.1 Unterschiedlicher Stellenwert des Katholizismus 71
      2. 2.2.2 Die Sprache der Liturgie: Glagoljica im oberadriatischen Raum 75
  6. 3. Österreichisches Küstenland 85
    1. 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
      1. 3.1.1 Istrien: Ethnische Vielfalt und religiöse Homogenität 90
      2. 3.1.2 Konfliktgeschichten: Angegriffene Priester, zerstrittene Kirchengemeinden 96
      3. 3.1.3 Konfliktanalyse: Nationalisierbare Konfliktlinien 115
      4. 3.1.4 Historischer Kontext: Supranationales Selbstverständnis der Kirche 122
    2. 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
      1. 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
      2. 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
      3. 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
      4. 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
    3. 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
  7. 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
    1. 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
      1. 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
      2. 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
      3. 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
      4. 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
    2. 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
      1. 4.2.1 Drenova: Kroatischsprachige Gemeinde in einem multiethnischen Raum 207
      2. 4.2.2 Konfliktgeschichte: Abwehr kirchlicher Einmischungen 212
      3. 4.2.3 Konfliktanalyse: Nationalistische Erwartungen aus der Stadt 227
      4. 4.2.4 Historischer Kontext: Staat / Stadt-Kirche-Konflikt in und um Fiume / Rijeka 231
    3. 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
  8. 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
    1. 5.1 Nationalitätenkonflikt? 242
      1. 5.1.1 Intraethnische Konflikte 242
      2. 5.1.2 Nationale und / oder religiöse Indifferenz? 246
    2. 5.2 Erfolgschancen der lokalen Akteure 250
      1. 5.2.1 Interessenartikulation in Österreich und Ungarn 250
      2. 5.2.2 Antihierarchische (soziale) Gewalt 253
  9. Ausblick 257
  10. Quellen- und Literaturverzeichnis 263
  11. Archivmaterial 263
  12. Bibliotheken 265
  13. Zeitungen 265
  14. Digitale Sammlungen 267
  15. Zeitgenössische Literatur 267
  16. Sekundärliteratur 268
  17. Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
  18. Personen 295
  19. Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
  20. Abkürzungen 299
  21. Register 301
  22. 1. Ortsregister 301
  23. 2. Personenregister 303
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