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Vor 1918
Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
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100 Österreichisches Küstenland Vorfall wahr: »hinter der nationalen Flagge« habe der liberal gesinnte Magis- trat eigentlich »seine feindliche Gesinnung gegen Kirche und Religion« ver- schleiert.53 Die Vermutung liegt daher nahe, dass diejenigen, die die Kirche während der kroatischsprachigen Predigten (nicht nur beim bischöflichen Besuch) in Visinada / Vižinada mit Lärm verließen, eigentlich nur den Skandal suchten, um die Autorität der Kirche zu schwächen. Ihnen ging es zuvorderst nicht darum, in ihrer eigenen Muttersprache (das heißt im Italienischen) die Pre- digten hören zu können  – diese Möglichkeit hätten sie während der ande- ren Gottesdienste gehabt, die nicht für die Landbevölkerung zelebriert wur- den  –, sondern um die Störung des kirchlichen Lebens. Sie wussten, dass eine nationalpolitische Spaltung die gesellschaftliche Position der Kirche massiv untergräbt. Die objektive Tatsache, dass die örtliche Kirchengemeinde in Visinada / Vižinada ethnisch-sprachlich gemischt war, stellte insofern nicht den Konfliktgrund, sondern den Konfliktvorwand für einige Menschen dar  – die eigentlich nationalliberal (und demnach antiklerikal) eingestellt waren  –, um die Kirche und ihre Repräsentanten kritisieren und die kirchlichen Zere- monien stören zu können. Die Behauptung, dass die Kirche in Istrien »südslawisch« geprägt sei, hatte allerdings auch objektive Gründe. Die katholische Kirche in Istrien war stark von einem südslawischen Klerus geprägt, der die klerikalen Ziele mit dem sozialen Aufstieg der südslawischen Bevölkerung verband.54 Nicht nur die antiklerikalen Kreise bedienten sich also eines nationalistischen Vokabulars und verorteten die kirchlichen Akteure  – unabhängig von ihrer tatsächli- chen nationalen Zugehörigkeit oder Muttersprache  – als »kroatisch«, son- dern viele südslawischen Priester akzeptierten die antiklerikale Tendenz, die Kirche den »Südslawen« zuzuschreiben. Politische und soziale Gegensätze wurden somit national markiert. Die lange Konfliktgeschichte innerhalb  – oder vielmehr: bezüglich  – der katholischen Kirche auf den Kvarner-Inseln zeigte mehrere Facetten von solchen Frontlinien- und Diskursüberlappungen auf: Im Mikrokosmos einer insularen Welt verdichteten sich vorhandene, persönlich motivierte, lokal verwurzelte Konflikte, die von antiklerikalen oder nationalistischen Ideen angestachelt werden konnten. Alois Lasciac, der zwischen 1887 und 1889 Bezirkshauptmann in Lussin / Lošinj war, beschrieb die Inselbe- wohner als eine »in langjährigen nationalen Kämpfen gefeite, streitlustige Bevölkerung«.55 Die innerkirchlichen Konflikte gelangten in die makropo- 53 Reichspost, 28.  Oktober 1896. 54 Trogrlić, Katolička crkva u Istri, S.  95f. 55 Alois Lasciac, Erinnerungen aus meiner Beamtencarrière in Österreich in den Jah- ren 1881–1918, Trieste 1939, S.  14.
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Umkämpfte Kirche Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Titel
Umkämpfte Kirche
Untertitel
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Autor
Péter Techet
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35696-4
Abmessungen
15.9 x 23.5 cm
Seiten
310
Schlagwörter
Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
  2. Danksagung 13
  3. Vorwort 15
  4. 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
    1. 1.1 Thematische, räumliche und zeitliche Einordnung der Forschungsfrage 22
      1. 1.1.1 Forschungsfrage 22
      2. 1.1.2 Innerkatholische Gewaltmomente im Kontext der »Nationalitätenfrage« 23
      3. 1.1.3 Historiographie von Nation und Religion: Nationalismus oder nationale Indifferenz? 27
      4. 1.1.4 Räumliche Verortung 37
      5. 1.1.5 Zeitlicher Fokus 45
    2. 1.2 Methode und Konzepte 45
      1. 1.2.1 Mikrogeschichte mit vergleichender Kontextualisierung 45
      2. 1.2.2 »Identifizierung« 48
      3. 1.2.3 Gewalt 49
    3. 1.3 Quellenlage und Aufbau der Arbeit 52
      1. 1.3.1 Quellenlage 52
      2. 1.3.2 Aufbau der Arbeit 56
  5. 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
    1. 2.1 Imperium und Nation 61
      1. 2.1.1 Österreich als Rechtsordnung für seine Völker 61
      2. 2.1.2 Ungarn als Imperium der magyarischen Elite 66
    2. 2.2 Katholizismus und Nation 70
      1. 2.2.1 Unterschiedlicher Stellenwert des Katholizismus 71
      2. 2.2.2 Die Sprache der Liturgie: Glagoljica im oberadriatischen Raum 75
  6. 3. Österreichisches Küstenland 85
    1. 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
      1. 3.1.1 Istrien: Ethnische Vielfalt und religiöse Homogenität 90
      2. 3.1.2 Konfliktgeschichten: Angegriffene Priester, zerstrittene Kirchengemeinden 96
      3. 3.1.3 Konfliktanalyse: Nationalisierbare Konfliktlinien 115
      4. 3.1.4 Historischer Kontext: Supranationales Selbstverständnis der Kirche 122
    2. 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
      1. 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
      2. 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
      3. 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
      4. 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
    3. 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
  7. 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
    1. 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
      1. 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
      2. 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
      3. 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
      4. 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
    2. 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
      1. 4.2.1 Drenova: Kroatischsprachige Gemeinde in einem multiethnischen Raum 207
      2. 4.2.2 Konfliktgeschichte: Abwehr kirchlicher Einmischungen 212
      3. 4.2.3 Konfliktanalyse: Nationalistische Erwartungen aus der Stadt 227
      4. 4.2.4 Historischer Kontext: Staat / Stadt-Kirche-Konflikt in und um Fiume / Rijeka 231
    3. 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
  8. 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
    1. 5.1 Nationalitätenkonflikt? 242
      1. 5.1.1 Intraethnische Konflikte 242
      2. 5.1.2 Nationale und / oder religiöse Indifferenz? 246
    2. 5.2 Erfolgschancen der lokalen Akteure 250
      1. 5.2.1 Interessenartikulation in Österreich und Ungarn 250
      2. 5.2.2 Antihierarchische (soziale) Gewalt 253
  9. Ausblick 257
  10. Quellen- und Literaturverzeichnis 263
  11. Archivmaterial 263
  12. Bibliotheken 265
  13. Zeitungen 265
  14. Digitale Sammlungen 267
  15. Zeitgenössische Literatur 267
  16. Sekundärliteratur 268
  17. Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
  18. Personen 295
  19. Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
  20. Abkürzungen 299
  21. Register 301
  22. 1. Ortsregister 301
  23. 2. Personenregister 303
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