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Vor 1918
Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
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119Konflikte um die Nationalisierung Sogar italienischsprachige Priester konnten sich in dem Diskurs der nationalisierten kirchenpolitischen Positionen verorten. Sie hetzten gegen die »Italiener«, auch wenn sie eigentlich die Politik der nationalliberalen Elite der istrianischen Städte oder des italienischen Königreiches meinten. Anfang 1892 beschwerte sich der italienische Konsul in Triest in einem Brief an den Bürgermeister (podestà) der westistrianischen, überwiegend italie- nisch bewohnten143 Stadt Rovigno / Rovinj über den italienischsprachigen Stadtpfarrer Bernardo Malusa, der in seinen italienischsprachigen Predig- ten mehrmals »die Italiener« beleidigt habe.144 Selbst der nationalliberale Bürgermeister musste auf die Proteste des Konsuls hin zugeben, dass Don Malusa nicht alle Italiener, sondern die aktuelle, antipäpstliche Politik der italienischen Regierung und die antiklerikalen Kreise der österreichischen Küstenstadt kritisierte.145 Die Tendenz, die »Italiener« mit der lokalen, nati- onalliberalen Elite oder dem italienischen Königreich gleichzusetzen, war auch unter vielen italienischsprachigen Katholiken vorhanden.146 Italienischsprachige Priester konnten demnach den Antiklerikalismus, den Hass auf die katholische Kirche, den »Italienern« zuschreiben, womit sie zur Nationalisierung eigentlich parteipolitischer oder sozial bedingter Kon- fliktlinien beitrugen. Als Steine im westistrianischen Verteneglio / Brtonigla im  Oktober 1907 in die Wohnung des italienischsprachigen Pfarrers Don Pietro Vascon eingeworfen worden waren,147 bezichtigte er die »Italiener«, hinter dem Gewaltakt gestanden zu haben. Die Ortschaft nahe der Adria- küste war aber fast ausschließlich italienisch bewohnt: Von den 1.734 Ein- wohnern waren nur acht slowenischsprachig, alle anderen gaben 1900 das Italienische als ihre Umgangssprache an.148 Insofern erscheint ein solcher Vorwurf auf den ersten Blick unverständlich. Er suggeriert, dass die »Itali- ener« nur einen kleinen Teil der überwiegend italienischsprachigen Bevöl- 143 Von den 10.302 Stadtbewohnern waren 9.716 italienisch-, 201 deutsch- und nur 41  kroatischsprachig; Daten aus: Gemeindelexikon der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder, S.  50. 144 Brief des italienischen Konsuls (10.  Januar 1892), in: AST, Luogotenenza, AP, b.  154, fasc.  4.2.1., 1892/126. 145 Brief des Bürgermeisters (podestà) von Rovigno / Rovinj an die Statthalterei (13.  Januar 1892), in: Ebd. 146 Ein Teil der italienischsprachigen, katholischen Öffentlichkeit war besonders anti- italienisch ausgeprägt, ihr Hass richtete sich nicht nur gegen den Irredentismus, sondern an sich gegen die italienischen Einwanderer, die sie als wirtschaftliche Belastung für den Wohlstand und als politische Gefahr für Österreich erachteten; vgl. dazu  u. a. Apollonio, La »belle époque« e il tramonto dell’ Impero asburgico, S.  127f.; sowie Techet, Imperiale Loyalität unter den italienischsprachigen Katholi- ken, S.  312f. 147 Bericht des Pfarrers Don Pietro Vascon (14.  Oktober 1907), in: DAP, Kapetanat Poreč, Op.Sp., kut.  115, fasc.  I/1, 13544  – 07  – I/1. 148 Daten aus: Gemeindelexikon der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder, S.  74.
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Umkämpfte Kirche Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Titel
Umkämpfte Kirche
Untertitel
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Autor
Péter Techet
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35696-4
Abmessungen
15.9 x 23.5 cm
Seiten
310
Schlagwörter
Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
  2. Danksagung 13
  3. Vorwort 15
  4. 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
    1. 1.1 Thematische, räumliche und zeitliche Einordnung der Forschungsfrage 22
      1. 1.1.1 Forschungsfrage 22
      2. 1.1.2 Innerkatholische Gewaltmomente im Kontext der »Nationalitätenfrage« 23
      3. 1.1.3 Historiographie von Nation und Religion: Nationalismus oder nationale Indifferenz? 27
      4. 1.1.4 Räumliche Verortung 37
      5. 1.1.5 Zeitlicher Fokus 45
    2. 1.2 Methode und Konzepte 45
      1. 1.2.1 Mikrogeschichte mit vergleichender Kontextualisierung 45
      2. 1.2.2 »Identifizierung« 48
      3. 1.2.3 Gewalt 49
    3. 1.3 Quellenlage und Aufbau der Arbeit 52
      1. 1.3.1 Quellenlage 52
      2. 1.3.2 Aufbau der Arbeit 56
  5. 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
    1. 2.1 Imperium und Nation 61
      1. 2.1.1 Österreich als Rechtsordnung für seine Völker 61
      2. 2.1.2 Ungarn als Imperium der magyarischen Elite 66
    2. 2.2 Katholizismus und Nation 70
      1. 2.2.1 Unterschiedlicher Stellenwert des Katholizismus 71
      2. 2.2.2 Die Sprache der Liturgie: Glagoljica im oberadriatischen Raum 75
  6. 3. Österreichisches Küstenland 85
    1. 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
      1. 3.1.1 Istrien: Ethnische Vielfalt und religiöse Homogenität 90
      2. 3.1.2 Konfliktgeschichten: Angegriffene Priester, zerstrittene Kirchengemeinden 96
      3. 3.1.3 Konfliktanalyse: Nationalisierbare Konfliktlinien 115
      4. 3.1.4 Historischer Kontext: Supranationales Selbstverständnis der Kirche 122
    2. 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
      1. 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
      2. 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
      3. 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
      4. 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
    3. 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
  7. 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
    1. 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
      1. 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
      2. 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
      3. 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
      4. 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
    2. 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
      1. 4.2.1 Drenova: Kroatischsprachige Gemeinde in einem multiethnischen Raum 207
      2. 4.2.2 Konfliktgeschichte: Abwehr kirchlicher Einmischungen 212
      3. 4.2.3 Konfliktanalyse: Nationalistische Erwartungen aus der Stadt 227
      4. 4.2.4 Historischer Kontext: Staat / Stadt-Kirche-Konflikt in und um Fiume / Rijeka 231
    3. 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
  8. 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
    1. 5.1 Nationalitätenkonflikt? 242
      1. 5.1.1 Intraethnische Konflikte 242
      2. 5.1.2 Nationale und / oder religiöse Indifferenz? 246
    2. 5.2 Erfolgschancen der lokalen Akteure 250
      1. 5.2.1 Interessenartikulation in Österreich und Ungarn 250
      2. 5.2.2 Antihierarchische (soziale) Gewalt 253
  9. Ausblick 257
  10. Quellen- und Literaturverzeichnis 263
  11. Archivmaterial 263
  12. Bibliotheken 265
  13. Zeitungen 265
  14. Digitale Sammlungen 267
  15. Zeitgenössische Literatur 267
  16. Sekundärliteratur 268
  17. Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
  18. Personen 295
  19. Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
  20. Abkürzungen 299
  21. Register 301
  22. 1. Ortsregister 301
  23. 2. Personenregister 303
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