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Vor 1918
Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
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120 Österreichisches Küstenland kerung darstellten. In der priesterlichen Meinung, dass die »Italiener« ihn angegriffen hätten, wurden die »Italiener« in der Tat nicht national, sondern politisch gemeint. Don Vascon meinte mit dieser Zuschreibung die antikle- rikale, italienischsprachige Partei.149 Dass die »Italiener« mit Antiklerikalismus identifiziert wurden, ermög- lichte gleichzeitig der italienischen Elite die Verwendung des Vokabulars der »Nationalitätenkonflikte«, auch in Bezug auf den eigentlich nationsunabhän- gigen Gegensatz zwischen Klerikalismus und Antiklerikalismus. Einerseits wollte diese Elite die katholische Kirche durch die »Nationalitätenkonflikte« polarisieren und schwächen (antiklerikales Ziel). Die italienischsprachigen Liberalen konnten somit das Feindbild »katholische Kirche« mit antislawi- schen Affekten aufladen.150 Andererseits wollte diese Elite die italienisch- sprachige Öffentlichkeit vollkommen beherrschen und aus ihr alle alterna- tiven Diskurse (etwa den italienischsprachigen Klerikalismus) ausschließen (hegemoniales Ziel). Indem die antiklerikalen Kreise eine »südslawische« Dominanz des kirchlichen Raumes suggerierten, versuchten sie, die italie- nischsprachige Bevölkerung von der Kirche zu entfremden. Solange das all- gemeine Männerwahlrecht in Österreich nicht eingeführt wurde (1907), half das restriktive Wahlrecht den national-liberalen Kreisen, ihre Macht über den politischen Raum des Österreichischen Küstenlandes aufrechtzuerhalten. Es gab viele südslawische (oder böhmische, mährische) Priester in Istrien, die die politisch und sozial bedingten Konflikte mit der italienischsprachi- gen, städtischen Elite nationalisierten. Die Worte und Taten etwa von Don Ptašinki (in San Giovanni di Sterna / Sv. Ivan od Šterne), Don Ragusin (in Grisignana / Grožnjan), Don Vranjac (in Sdregna / Zrenj) oder mehreren kro- atischsprachigen Priestern auf der Insel Lussin / Lošinj spitzten den Konflikt zwischen »italienischer« »Stadt« und »südslawischem« »Land« zu. Die Ein- führung muttersprachlicher Predigten auf den ländlichen Gebieten lässt sich als Beitrag zur sozialen Emanzipation der dortigen Bevölkerung verstehen und als solche rechtfertigen. Wenn sich Protest dagegen erhob, zeigte sich die Angst der herrschenden, italienischsprachigen Elite, ihre Macht über sozi- ale Ressourcen bzw. die Deutungshoheit über den kirchlichen Raum verlie- ren zu können. Als die (süd)slawischen Priester alle »Italiener« beleidigten oder ihnen muttersprachliche Predigten, Taufen, Begräbnisse oder Religi- onsunterrichtsstunden verweigerten, agierten sie selbst als nationalistische 149 Bericht des Pfarrers Don Pietro Vascon (8.  August 1907), in: DAP, Kapetanat Poreč, Op.Sp., kut.  115, fasc.  I/1, 13544  – 07  – I/1. 150 Ernst Bruckmüller, Österreich  – eine »katholische« Nation?, in: Altermatt / Metzer (Hg.), Religion und Nation, S.  69–93, hier S.  86.
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Umkämpfte Kirche Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Titel
Umkämpfte Kirche
Untertitel
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Autor
Péter Techet
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35696-4
Abmessungen
15.9 x 23.5 cm
Seiten
310
Schlagwörter
Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
  2. Danksagung 13
  3. Vorwort 15
  4. 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
    1. 1.1 Thematische, räumliche und zeitliche Einordnung der Forschungsfrage 22
      1. 1.1.1 Forschungsfrage 22
      2. 1.1.2 Innerkatholische Gewaltmomente im Kontext der »Nationalitätenfrage« 23
      3. 1.1.3 Historiographie von Nation und Religion: Nationalismus oder nationale Indifferenz? 27
      4. 1.1.4 Räumliche Verortung 37
      5. 1.1.5 Zeitlicher Fokus 45
    2. 1.2 Methode und Konzepte 45
      1. 1.2.1 Mikrogeschichte mit vergleichender Kontextualisierung 45
      2. 1.2.2 »Identifizierung« 48
      3. 1.2.3 Gewalt 49
    3. 1.3 Quellenlage und Aufbau der Arbeit 52
      1. 1.3.1 Quellenlage 52
      2. 1.3.2 Aufbau der Arbeit 56
  5. 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
    1. 2.1 Imperium und Nation 61
      1. 2.1.1 Österreich als Rechtsordnung für seine Völker 61
      2. 2.1.2 Ungarn als Imperium der magyarischen Elite 66
    2. 2.2 Katholizismus und Nation 70
      1. 2.2.1 Unterschiedlicher Stellenwert des Katholizismus 71
      2. 2.2.2 Die Sprache der Liturgie: Glagoljica im oberadriatischen Raum 75
  6. 3. Österreichisches Küstenland 85
    1. 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
      1. 3.1.1 Istrien: Ethnische Vielfalt und religiöse Homogenität 90
      2. 3.1.2 Konfliktgeschichten: Angegriffene Priester, zerstrittene Kirchengemeinden 96
      3. 3.1.3 Konfliktanalyse: Nationalisierbare Konfliktlinien 115
      4. 3.1.4 Historischer Kontext: Supranationales Selbstverständnis der Kirche 122
    2. 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
      1. 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
      2. 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
      3. 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
      4. 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
    3. 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
  7. 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
    1. 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
      1. 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
      2. 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
      3. 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
      4. 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
    2. 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
      1. 4.2.1 Drenova: Kroatischsprachige Gemeinde in einem multiethnischen Raum 207
      2. 4.2.2 Konfliktgeschichte: Abwehr kirchlicher Einmischungen 212
      3. 4.2.3 Konfliktanalyse: Nationalistische Erwartungen aus der Stadt 227
      4. 4.2.4 Historischer Kontext: Staat / Stadt-Kirche-Konflikt in und um Fiume / Rijeka 231
    3. 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
  8. 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
    1. 5.1 Nationalitätenkonflikt? 242
      1. 5.1.1 Intraethnische Konflikte 242
      2. 5.1.2 Nationale und / oder religiöse Indifferenz? 246
    2. 5.2 Erfolgschancen der lokalen Akteure 250
      1. 5.2.1 Interessenartikulation in Österreich und Ungarn 250
      2. 5.2.2 Antihierarchische (soziale) Gewalt 253
  9. Ausblick 257
  10. Quellen- und Literaturverzeichnis 263
  11. Archivmaterial 263
  12. Bibliotheken 265
  13. Zeitungen 265
  14. Digitale Sammlungen 267
  15. Zeitgenössische Literatur 267
  16. Sekundärliteratur 268
  17. Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
  18. Personen 295
  19. Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
  20. Abkürzungen 299
  21. Register 301
  22. 1. Ortsregister 301
  23. 2. Personenregister 303
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