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Vor 1918
Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
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152 Österreichisches Küstenland für mehrere Monate beurlaubt, dann Anfang 1904 in ein anderes Dorf ver- setzt. Mehr als ein Jahr lang hatte das Dorf keinen eigenen Kaplan vor Ort.281 Erst am Ostersonntag 1905 wurde verkündet, dass Josip Stržinar, der Pfar- rer von Cattinara / Katinara, mit der seelsorgerischen Aufgabe in Ricmanje beauftragt werde, ohne dass er in das Dorf umziehen müsse.282 Die Wort- führer in Ricmanje waren keineswegs zufrieden: 21 Einwohner wandten sich mit einem slowenischsprachigen Protestbrief an Bischof Nagl.283 Sie wollten eine eigene Pfarrei, die zum griechisch-katholischen Ritus gehört. Bei der Übernahme der Kirche erschien niemand aus dem Dorf, nur eine schwarze Fahne hing an einem Maulbeerbaum vor der Kirche, mit der slowenischen Anschrift: »Der Pfarrer aus Katinara [Cattinara] ist ein Lump«.284 Trotz der allgemeinen Ablehnung zelebrierte Don Stržinar ab Mitte  Mai 1905 jeden Sonn- und Feiertag Gottesdienste. Nur aus den umliegenden Ortschaften kamen jedoch einige Menschen in die Kirche von Ricmanje. Während der Gottesdienste mussten die Gendarmen das Dorf besetzen, um die Sicherheit des Kaplans zu gewährleisten. Der Widerstand zeigte sich jedoch zuerst nicht öffentlich, aber das Kir- chengebäude wurde immer wieder heimlich beschädigt: Im  Juni 1905 etwa konnte Don Stržinar öfters nicht in die Kirche hinein, weil das Schloss der Kirchentüre mit kleinen Eisenstückchen und Nägeln verstopft worden war. Die Täter konnten nicht gefunden werden, weil  – wie die örtliche Bezirks- hauptmannschaft traurig feststellte  – »keiner in der Ortschaft jemanden verraten tut«.285 Die Bezirkshauptmannschaft erklärte die Ablehnung gegen- über Don Stržinar jedoch nicht mit politischen oder religiösen Gründen, sondern nur mit der Natur des neuen Pfarrers. Er sei »als ein sehr grober und abstossender Geistlicher« »sehr verhasst« gewesen: 281 »Res Ricmanjenses« [ohne Datum], in: Župnijski in dekanijski arhiv Dolina / Archi- vio parocchiale e decanato di San Dorligo della Valle (Pfarr- und Dekanatsarchiv von Dolina / San Dorligo della Valle; weiter: ŽDAD), Knjige, škatla 49 (Bücher, Box  49; weiter: Knjige 49), Kronika županije 1900–1984 (Chronik der Pfarrei; wei- ter: Kronika) [keine weitere Nummerierung]. 282 Slovenec, 29.  April 1905. 283 Protestbrief aus Ricmanje (2.  Mai 1905), in: ADT, GO, 1905/1634. Auch an Papst Pius X schrieben sie einen Brief, in dem sie gegen die Errichtung einer römisch- katholischen Pfarrei protestierten; vgl. Brief aus Ricmanje an Papst Pius X (10. [12.]  Mai 1905), in: ŽAR, Kosmač, fasc.  4 [keine weitere Nummerierung]. 284 Bericht der Bezirkshauptmannschaft von Capodistria / Koper (30.  Juni 1905), in: AST, Luogotenenza, AG, b.  1263, 1905/20165 [übersetzt aus dem Slowenischen von  mir]. 285 Ebd.
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Umkämpfte Kirche Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Titel
Umkämpfte Kirche
Untertitel
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Autor
Péter Techet
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35696-4
Abmessungen
15.9 x 23.5 cm
Seiten
310
Schlagwörter
Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
  2. Danksagung 13
  3. Vorwort 15
  4. 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
    1. 1.1 Thematische, räumliche und zeitliche Einordnung der Forschungsfrage 22
      1. 1.1.1 Forschungsfrage 22
      2. 1.1.2 Innerkatholische Gewaltmomente im Kontext der »Nationalitätenfrage« 23
      3. 1.1.3 Historiographie von Nation und Religion: Nationalismus oder nationale Indifferenz? 27
      4. 1.1.4 Räumliche Verortung 37
      5. 1.1.5 Zeitlicher Fokus 45
    2. 1.2 Methode und Konzepte 45
      1. 1.2.1 Mikrogeschichte mit vergleichender Kontextualisierung 45
      2. 1.2.2 »Identifizierung« 48
      3. 1.2.3 Gewalt 49
    3. 1.3 Quellenlage und Aufbau der Arbeit 52
      1. 1.3.1 Quellenlage 52
      2. 1.3.2 Aufbau der Arbeit 56
  5. 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
    1. 2.1 Imperium und Nation 61
      1. 2.1.1 Österreich als Rechtsordnung für seine Völker 61
      2. 2.1.2 Ungarn als Imperium der magyarischen Elite 66
    2. 2.2 Katholizismus und Nation 70
      1. 2.2.1 Unterschiedlicher Stellenwert des Katholizismus 71
      2. 2.2.2 Die Sprache der Liturgie: Glagoljica im oberadriatischen Raum 75
  6. 3. Österreichisches Küstenland 85
    1. 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
      1. 3.1.1 Istrien: Ethnische Vielfalt und religiöse Homogenität 90
      2. 3.1.2 Konfliktgeschichten: Angegriffene Priester, zerstrittene Kirchengemeinden 96
      3. 3.1.3 Konfliktanalyse: Nationalisierbare Konfliktlinien 115
      4. 3.1.4 Historischer Kontext: Supranationales Selbstverständnis der Kirche 122
    2. 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
      1. 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
      2. 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
      3. 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
      4. 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
    3. 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
  7. 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
    1. 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
      1. 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
      2. 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
      3. 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
      4. 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
    2. 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
      1. 4.2.1 Drenova: Kroatischsprachige Gemeinde in einem multiethnischen Raum 207
      2. 4.2.2 Konfliktgeschichte: Abwehr kirchlicher Einmischungen 212
      3. 4.2.3 Konfliktanalyse: Nationalistische Erwartungen aus der Stadt 227
      4. 4.2.4 Historischer Kontext: Staat / Stadt-Kirche-Konflikt in und um Fiume / Rijeka 231
    3. 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
  8. 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
    1. 5.1 Nationalitätenkonflikt? 242
      1. 5.1.1 Intraethnische Konflikte 242
      2. 5.1.2 Nationale und / oder religiöse Indifferenz? 246
    2. 5.2 Erfolgschancen der lokalen Akteure 250
      1. 5.2.1 Interessenartikulation in Österreich und Ungarn 250
      2. 5.2.2 Antihierarchische (soziale) Gewalt 253
  9. Ausblick 257
  10. Quellen- und Literaturverzeichnis 263
  11. Archivmaterial 263
  12. Bibliotheken 265
  13. Zeitungen 265
  14. Digitale Sammlungen 267
  15. Zeitgenössische Literatur 267
  16. Sekundärliteratur 268
  17. Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
  18. Personen 295
  19. Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
  20. Abkürzungen 299
  21. Register 301
  22. 1. Ortsregister 301
  23. 2. Personenregister 303
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