Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Vor 1918
Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Seite - 209 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 209 - in Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914

Bild der Seite - 209 -

Bild der Seite - 209 - in Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914

Text der Seite - 209 -

209Kirchenstreit in der Hafenstadt Fiume / Rijeka »italienisch« dominierte Stadt standen seit langer Zeit im Konflikt mitein- ander: Die altslawische Liturgiesprache oder die umstrittene kirchenrechtli- che Zugehörigkeit der Hafenstadt waren Themen, die dieses Verhältnis stark belasteten. Der lokale Fall in Drenova geriet in den städtischen Zeitungen in ein Diskursfeld, in dem er als neues Unterkapitel dieser nationalpolitischen Konfliktgeschichte wahrgenommen wurde. Drenova war eine der drei Untergemeinden der ungarischen Hafenstadt.152 Fiume / Rijeka war  – im Gegensatz zu Lika-Krbava (Kapitel  4.1)  – unmit- telbarer Teil von Ungarn, was sich in der Bezeichnung »corpus separatum« ausdrückte.153 Was war damit ursprünglich gemeint? Maria Theresia inkor- porierte die Stadt mit dem kaiserlichen Patent vom 23.  April 1779 als »sepa- ratum sacrae Regni Coronae Hungariae adnexum corpus« in das Königreich Ungarn.154 Bis zum ungarisch-kroatischen Ausgleich von 1868 änderte sich die staatsrechtliche Lage öfters  – auch infolge der napoleonischen Kriege und der darauf folgenden restaurativen Neuordnung Europas. Der Ausgleich von 1868 konnte dafür nur eine provisorische Lösung finden,155 welche jedoch Budapest die unmittelbare Herrschaft über die Stadt sowie der italienisch- sprachigen Elite die lokale Deutungshoheit bis 1918 gewährte.156 Das »Gefühl 152 Die Hafenstadt Fiume / Rijeka hatte drei Untergemeinden: Drenova, Cosala / Kozala, Plasse / Plase. Sie durften Abgeordnete ins Rathaus schicken und hatten vor Ort je einen Dorfrichter. 153 Über die staatsrechtliche Lage der Stadt und ihre Interpretationsmöglichkeiten siehe Dorottya Andrási, Fiume államjogi helyzetének rendezése és jelentősége a XIX. század második felében a jogforrások tükrében [Die Regelung und Bedeutung der staatsrechtlichen Lage von Fiume / Rijeka in der zweiten Hälfte des 19.  Jahrhun- derts im Lichte der Rechtsquellen], in: Jogtörténeti Szemle 7 (2005), S.  17–22. 154 Capuzzo, L’ autonomia della città di Fiume, S.  13ff. 155 Heka, A magyar-horvát államközösség, S.  166. 156 Während Kroatien-Slawonien innerhalb von Ungarn (besser gesagt: innerhalb den »Ländern der Ungarischen Heiligen Krone«) weitgehende Autonomie zugesichert war  – weshalb die Kroaten den Status einer eigenen politischen Nation hatten  –, blieb Fiume / Rijeka unmittelbarer Teil von Ungarn. Nach der kroatischen Histori- ographie hätte aber Budapest die Regelung bezüglich der staatsrechtlichen Zugehö- rigkeit von Fiume / Rijeka im Text des ungarisch-kroatischen Ausgleichs gefälscht. Die ungarischen Regierungskreise hätten mit Tricks erreichen können, dass König Franz Joseph  I. letztendlich nicht den vom kroatischen Parlament (Sabor), sondern den vom ungarischen (Országgyűlés) verabschiedeten Text sanktionierte. Der so in Kraft getretene Text sei aber bezüglich der staatsrechtlichen Lage von Fiume / Rijeka wesentlich vom ursprünglichen Text abgewichen, welchen die ungarischen und kroatischen Partner zuvor ausgehandelt hätten. Um diese juristische »Fälschung« zu vertuschen, wurde auf den kroatischen (und demnach gültigen) Text die sank- tionierte (d.h. in Kraft getretene) Version des Paragraphen 66 (über Fiume / Rijeka) einfach aufgeklebt. Die ungarische Interpretation der staatsrechtlichen Lage von Fiume / Rijeka wäre somit dem ursprünglichen Text des ungarisch-kroatischen Ausgleichs wortwörtlich aufgedrückt worden. (Über diese kroatische Interpreta- tion des Textes siehe  u. a. Maja Polić, »Riječka krpica« 1868. godine i uvjeti za nje- zino naljepljivanje na Hrvatsko-ugarsku nagodbu [Das »Fiumaner Blättchen« vom Jahre 1868 und die Bedingungen für ihr Aufkleben auf den kroatisch-ungarischen
zurück zum  Buch Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914"
Umkämpfte Kirche Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Titel
Umkämpfte Kirche
Untertitel
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Autor
Péter Techet
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35696-4
Abmessungen
15.9 x 23.5 cm
Seiten
310
Schlagwörter
Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
  2. Danksagung 13
  3. Vorwort 15
  4. 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
    1. 1.1 Thematische, räumliche und zeitliche Einordnung der Forschungsfrage 22
      1. 1.1.1 Forschungsfrage 22
      2. 1.1.2 Innerkatholische Gewaltmomente im Kontext der »Nationalitätenfrage« 23
      3. 1.1.3 Historiographie von Nation und Religion: Nationalismus oder nationale Indifferenz? 27
      4. 1.1.4 Räumliche Verortung 37
      5. 1.1.5 Zeitlicher Fokus 45
    2. 1.2 Methode und Konzepte 45
      1. 1.2.1 Mikrogeschichte mit vergleichender Kontextualisierung 45
      2. 1.2.2 »Identifizierung« 48
      3. 1.2.3 Gewalt 49
    3. 1.3 Quellenlage und Aufbau der Arbeit 52
      1. 1.3.1 Quellenlage 52
      2. 1.3.2 Aufbau der Arbeit 56
  5. 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
    1. 2.1 Imperium und Nation 61
      1. 2.1.1 Österreich als Rechtsordnung für seine Völker 61
      2. 2.1.2 Ungarn als Imperium der magyarischen Elite 66
    2. 2.2 Katholizismus und Nation 70
      1. 2.2.1 Unterschiedlicher Stellenwert des Katholizismus 71
      2. 2.2.2 Die Sprache der Liturgie: Glagoljica im oberadriatischen Raum 75
  6. 3. Österreichisches Küstenland 85
    1. 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
      1. 3.1.1 Istrien: Ethnische Vielfalt und religiöse Homogenität 90
      2. 3.1.2 Konfliktgeschichten: Angegriffene Priester, zerstrittene Kirchengemeinden 96
      3. 3.1.3 Konfliktanalyse: Nationalisierbare Konfliktlinien 115
      4. 3.1.4 Historischer Kontext: Supranationales Selbstverständnis der Kirche 122
    2. 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
      1. 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
      2. 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
      3. 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
      4. 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
    3. 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
  7. 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
    1. 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
      1. 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
      2. 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
      3. 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
      4. 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
    2. 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
      1. 4.2.1 Drenova: Kroatischsprachige Gemeinde in einem multiethnischen Raum 207
      2. 4.2.2 Konfliktgeschichte: Abwehr kirchlicher Einmischungen 212
      3. 4.2.3 Konfliktanalyse: Nationalistische Erwartungen aus der Stadt 227
      4. 4.2.4 Historischer Kontext: Staat / Stadt-Kirche-Konflikt in und um Fiume / Rijeka 231
    3. 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
  8. 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
    1. 5.1 Nationalitätenkonflikt? 242
      1. 5.1.1 Intraethnische Konflikte 242
      2. 5.1.2 Nationale und / oder religiöse Indifferenz? 246
    2. 5.2 Erfolgschancen der lokalen Akteure 250
      1. 5.2.1 Interessenartikulation in Österreich und Ungarn 250
      2. 5.2.2 Antihierarchische (soziale) Gewalt 253
  9. Ausblick 257
  10. Quellen- und Literaturverzeichnis 263
  11. Archivmaterial 263
  12. Bibliotheken 265
  13. Zeitungen 265
  14. Digitale Sammlungen 267
  15. Zeitgenössische Literatur 267
  16. Sekundärliteratur 268
  17. Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
  18. Personen 295
  19. Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
  20. Abkürzungen 299
  21. Register 301
  22. 1. Ortsregister 301
  23. 2. Personenregister 303
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Umkämpfte Kirche