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Vor 1918
Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
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224 Ungarisch-Kroatisches Küstenland ten diese Initiative  – gemäß des Narratives des »Nationalitätenkonfliktes«  – wiederum der »kroatischen Partei« im Dorf zu.228 Drenova hatte gleichzeitig wegen seines Widerstandes einen schlechten Ruf  – ähnlich wie Ricmanje  – in seiner Umgebung. Im  September 1908 kehrte ein Kutscher aus Dražice in eine Kneipe von Drenova ein und habe die Dorfbewohner betrunken wegen ihres antikirchlichen Benehmens belei- digt: Mehrere Einheimische seien daraufhin aufgestanden und hätten den fremden Gast verprügelt.229 In den kroatischsprachigen Zeitungen gab es auch Leserbriefe, in denen sich Bewohner aus den umliegenden Nachbar- dörfern über den vermeintlich antikirchlichen und national indifferenten Widerstand in Drenova aufregten  – wie etwa im Herbst 1908 in der Riječki Novi List: Sprecht ihr italienisch, oder sprecht ihr dieselbe Sprache, wie unsere Brüder in Grob- nik, Trsat, Podvežica, Kostrena? Und wenn ihr also [dieselbe Sprache sprecht], könn- tet ihr Italiener sein? Hand auf die Brust, Drenovaer, und klug im Kopf. Reißt euch zusammen und denkt über diese Frage nach.230 Was in Drenova passierte, blieb keinesfalls eine lokale Angelegenheit. Die Streitigkeit beschäftigte auch die »hohe Politik«. Budapest, Wien und der Hl.  Stuhl verfolgten mit großem Interesse die Ereignisse. Die mikroge- schichtlichen Prozesse in Drenova gelangten somit in einen makrogeschicht- lichen Kontext: die innenpolitischen und diplomatischen Debatten um die »Nationalisierung« des Kirchenlebens in der Donaumonarchie. Der autono- mistische Parlamentsabgeordnete Riccardo Zanella traf sich mit dem unga- rischen Ministerpräsidenten Sándor Wekerle schon Mitte  August 1908, um die Drenova-Affäre  – als eine negative Folge der zu lösenden »Bistumsfrage«, das heißt der kirchenrechtlichen Zugehörigkeit der Hafenstadt,  – zu bespre- chen.231 Mitte  November 1908 ging eine Kommission, angeführt von Zanella, nach Rom,232 aber sie wurden von Papst Pius X  – wegen seiner Krankheit  – nicht empfangen. Der Hl.  Stuhl interessierte sich von Anfang an für den Fall. Pignatelli di Belmonte, der Nuntius in Wien, warnte vor einer Überdimen- sionierung des Falles: Er erwartete von der Ernennung eines neuen Bischofs 228 Il Popolo, 19.  September 1909 [übersetzt aus dem Italienischen von mir]. 229 La Voce del Popolo, 8.  September 1908. 230 Riječki Novi List, 25.  August 1908 (Die erwähnten Orte sind kroatische Dörfer in der Nähe von Fiume / Rijeka) [übersetzt aus dem Kroatischen von mir]. 231 Agramer Zeitung, 22.  August 1908. 232 Fiumei Estilap, 21.  November 1908 (Das ungarisch-nationalistische Anti-Zanella- Blatt, A Tengerpart, meinte aber, dass dieser Besuch überflüssig sei; vgl. A  Tenger- part, 21.  November 1908).
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Umkämpfte Kirche Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Titel
Umkämpfte Kirche
Untertitel
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Autor
Péter Techet
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35696-4
Abmessungen
15.9 x 23.5 cm
Seiten
310
Schlagwörter
Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
  2. Danksagung 13
  3. Vorwort 15
  4. 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
    1. 1.1 Thematische, räumliche und zeitliche Einordnung der Forschungsfrage 22
      1. 1.1.1 Forschungsfrage 22
      2. 1.1.2 Innerkatholische Gewaltmomente im Kontext der »Nationalitätenfrage« 23
      3. 1.1.3 Historiographie von Nation und Religion: Nationalismus oder nationale Indifferenz? 27
      4. 1.1.4 Räumliche Verortung 37
      5. 1.1.5 Zeitlicher Fokus 45
    2. 1.2 Methode und Konzepte 45
      1. 1.2.1 Mikrogeschichte mit vergleichender Kontextualisierung 45
      2. 1.2.2 »Identifizierung« 48
      3. 1.2.3 Gewalt 49
    3. 1.3 Quellenlage und Aufbau der Arbeit 52
      1. 1.3.1 Quellenlage 52
      2. 1.3.2 Aufbau der Arbeit 56
  5. 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
    1. 2.1 Imperium und Nation 61
      1. 2.1.1 Österreich als Rechtsordnung für seine Völker 61
      2. 2.1.2 Ungarn als Imperium der magyarischen Elite 66
    2. 2.2 Katholizismus und Nation 70
      1. 2.2.1 Unterschiedlicher Stellenwert des Katholizismus 71
      2. 2.2.2 Die Sprache der Liturgie: Glagoljica im oberadriatischen Raum 75
  6. 3. Österreichisches Küstenland 85
    1. 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
      1. 3.1.1 Istrien: Ethnische Vielfalt und religiöse Homogenität 90
      2. 3.1.2 Konfliktgeschichten: Angegriffene Priester, zerstrittene Kirchengemeinden 96
      3. 3.1.3 Konfliktanalyse: Nationalisierbare Konfliktlinien 115
      4. 3.1.4 Historischer Kontext: Supranationales Selbstverständnis der Kirche 122
    2. 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
      1. 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
      2. 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
      3. 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
      4. 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
    3. 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
  7. 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
    1. 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
      1. 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
      2. 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
      3. 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
      4. 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
    2. 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
      1. 4.2.1 Drenova: Kroatischsprachige Gemeinde in einem multiethnischen Raum 207
      2. 4.2.2 Konfliktgeschichte: Abwehr kirchlicher Einmischungen 212
      3. 4.2.3 Konfliktanalyse: Nationalistische Erwartungen aus der Stadt 227
      4. 4.2.4 Historischer Kontext: Staat / Stadt-Kirche-Konflikt in und um Fiume / Rijeka 231
    3. 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
  8. 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
    1. 5.1 Nationalitätenkonflikt? 242
      1. 5.1.1 Intraethnische Konflikte 242
      2. 5.1.2 Nationale und / oder religiöse Indifferenz? 246
    2. 5.2 Erfolgschancen der lokalen Akteure 250
      1. 5.2.1 Interessenartikulation in Österreich und Ungarn 250
      2. 5.2.2 Antihierarchische (soziale) Gewalt 253
  9. Ausblick 257
  10. Quellen- und Literaturverzeichnis 263
  11. Archivmaterial 263
  12. Bibliotheken 265
  13. Zeitungen 265
  14. Digitale Sammlungen 267
  15. Zeitgenössische Literatur 267
  16. Sekundärliteratur 268
  17. Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
  18. Personen 295
  19. Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
  20. Abkürzungen 299
  21. Register 301
  22. 1. Ortsregister 301
  23. 2. Personenregister 303
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