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Eine weitere – für die Studie zentrale – Sammlung befindet sich natürlich in
der ÖGL, in der in Bezug auf die Institution selbst (vgl. Kapitel 3) sowie hin-
sichtlich Kraus’ Partizipation am „kulturellen Kalten Krieg“ nach relevanten
Materialien recherchiert wurde (vgl. Kapitel. 6). Zudem konnten Quellen gesam-
melt werden, die vor allem Kraus’ „Tagesgeschäft“ in den 1980er Jahren betref-
fen sowie Unterlagen zu den zahlreichen von der ÖGL veranstalteten Symposi-
en. Darüber hinaus wurden noch Materialien aus dem Nachlass Heimrad Bäckers
(„Rampe“-Redaktionsarchiv), dem Archiv der Grazer Autorenversammlung
sowie dem Nachlass Jakov Linds herangezogen.
Keinen Erfolg brachte die Recherche nach Dokumenten, die Kraus’ Arbeit für
die „Kulturkontaktstelle“ im österreichischen Außenministerium betreffen. Die
Nachfrage beim zuständigen Archivar des Außenministeriums Ministerialrat
Dr.
Gottfried Loibl ergab, dass die von Kraus angelegten Akten nicht mehr vor-
handen sind. Eine mündliche Erklärung dafür gab dem Autor Marianne Gruber,
die ehemalige Leiterin der ÖGL: Laut Gruber hat Kraus die „Kontaktstelle“
betreffende Akten ohne fortlaufende Aktenzahl angelegt.23 Dadurch gingen die-
se bei einem Umzug des Außenministeriums verloren.24 Der Verlust dieser wich-
tigen Quellen konnte jedoch (ansatzweise) durch einige Unterlagen hinsichtlich
dieser kulturpolitischen Tätigkeit in Kraus’ Nachlass sowie in den Sammlungen
der ÖGL kompensiert werden. Ebenso als verloren müssen die Interna zu Kraus’
Konsulententätigkeit in der Wiener Filiale des Europa-Verlags gelten, die sich,
– nach Mitteilung des Österreichischen Gewerkschaftsbundes –, nicht erhalten
haben.25 Aber auch hier konnte die Studie über Umwege auf anderes Quellen-
material zurückgreifen wie z. B. das Teilverlagsarchiv des Europa-Verlags, das
in der Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur im Literatur-
haus Wien verwahrt wird.
Die vorliegende Studie versteht sich aufgrund dieser bisher unerschlossenen
Quellen als materialorientiert. Bei der Auswertung der Dokumente stellt sich,
um es mit Pierre Bourdieu zu formulieren, unweigerlich die Frage, wie weit in
die „objektiven, durch Beobachtung nachweisbaren Strategien“26 eines Akteurs
wie Kraus, bewusste Berechnung eingeht, denn die von ihm hinterlassenen Doku-
mente, Briefwechsel, Tagebücher und expliziten Stellungnahmen über die lite-
rarische Welt machen deutlich, dass auch seine jeweilige Position und Laufbahn
im Feld seismografischen Erschütterungen ausgesetzt war.
23 „Kulturstelle ohne Aktenzwang: Dr.
Wolfram Laus wird im Außenamt kulturelle Belange koor-
dinieren.“ Vgl dazu ebenso Kuhner: Der Ausschluss, S. 53 f.
24 Mail von Dr. Gottfried Loibl an den Verfasser, 21. Juli 2011.
25 Mail von Johanna Wagner (ÖGB-Öffentlichkeitsarbeit) an den Verfasser, 14. März 2011.
26 Pierre Bourdieu: Die Regeln der Kunst. Genese und Struktur des literarischen Feldes. Aus dem
Frz. übers. v. Bernd Schwibs u. Achim Russer. Frankfurt/M.: Suhrkamp 2001 (= stw 1539),
S. 430.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
16 Einleitung
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Titel
- Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Autor
- Stefan Maurer
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23312-1
- Abmessungen
- 15.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 452
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
- 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
- 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
- 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
- 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
- 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
- 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
- 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
- 3.6 Forum der Jugend 180
- 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
- 3.8 Resümee 190
- 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
- 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
- 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
- 7. RESÜMEE 399
- 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
- 9. PERSONENREGISTER 437