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ten, ihre Werke zu veröffentlichen“,147 äußerst beschränkt war. Erst um 1970 her-
um kam es zu zahlreichen Gründungen neuer literarischer Zeitschriften, dar-
unter „Wespennest“ (1969), „Eselsohr“ (1972), „Aha“ (1971), „Frischfleisch“
(1971), „Podium“ (1971), „das Pult“ (1969) sowie „Die Pestsäule“ (1972), die
von Reinhard Federmann, der im März 1973 aus Werken (Die Chinesen kom-
men, 1973) in der ÖGL las, herausgegeben wurde.
Sowohl der auf Bestseller spezialisierte Molden- als auch der Residenz-Verlag
dominierten die österreichische Verlagslandschaft der 1970er Jahre, vor allem
letzterer hat einen festen Platz in der österreichischen Literaturgeschichte ein-
genommen, da er „Österreichs Literatur-Aushängeschild Nummer eins sowohl
im Inland als auch im Ausland“148 wurde. Der Wiener „Bergland-Verlag“ begann
1972 eine neue literarische Reihe unter dem Titel „Profile und Facetten“, betreut
von Benesch, Hermann Mayer und Franz Richter, deren erste sechs Bände im
November 1972 in der ÖGL vorgestellt wurden.
Übergänge: Die 1970er Jahre
Zu Beginn der 1970er Jahre dominierten noch die Mitglieder des österreichi-
schen P.E.N.-Club das literarischen Feld, bis sich 1973 sozusagen ein „Anti“-
P.E.N., nämlich die Grazer Autorenversammlung konstituierte.149 Zu Beginn der
1970er Jahre standen einander in der literarischen Diskussion, die über einen
auf Österreich fokussierten Traditionalismus hinausführte, zwei von konträren
ästhetisch-theoretischen Konzepten ausgehende Richtungen gegenüber, wobei
eines an Theodor
W. Adorno und das andere an Georg Lukács geschult war und
die jeweiligen Autorinnen und Autoren den Avantgardisten bzw. den Realisten
zuordnete. Klaus Zeyringer hat festgestellt, dass in der „damals singulären öster-
reichischen Situation der gemeinsamen Reaktion, der Etablierung der Grazer
Autorenversammlung gegen den konservativen P.E.N.-Club“, das literarische
Feld „trotz aller literarischer Unterschiede innerhalb des ‚progressiven‘, ‚moder-
nen‘ Lagers offen“ blieb, was für die literarische Diskussion fruchtbar, dem Ver-
such einer „exklusiven Theoretisierung“ aber eher abträglich war, weswegen die
Vormachtstellung des P.E.N.-Clubs im Feld in den frühen Jahren der GAV „alle-
mal als das ‚größere Übel‘ im Hintergrund“150 gelten kann.
147 Schmidt-Dengler: Bruchlinien, S. 221.
148 Murray G. Hall: Die österreichische Verlagslandschaft der 70er Jahre. In: Friedbert Aspetsber-
ger, Hubert Lengauer (Hg.): Zeit ohne Manifeste? Zur Literatur der siebziger Jahre in Österreich.
Wien: ÖBV 1987 (= Schriften des Institutes für Österreichkunde 49/50), S. 66–78, hier S. 77.
149 Vgl. Roland Innerhofer: Die Grazer Autorenversammlung (1973–1983). Zur Organisation einer
„Avantgarde“. Wien, Köln, Graz: Böhlau 1985.
150 Zeyringer: Österreichische Literatur nach 1945, S. 155 f.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 121
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Titel
- Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Autor
- Stefan Maurer
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23312-1
- Abmessungen
- 15.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 452
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
- 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
- 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
- 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
- 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
- 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
- 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
- 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
- 3.6 Forum der Jugend 180
- 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
- 3.8 Resümee 190
- 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
- 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
- 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
- 7. RESÜMEE 399
- 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
- 9. PERSONENREGISTER 437