Seite - 134 - in Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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Leitenberger, Erwin Heidrich (Prestl-Verlag), der Schriftsteller und Historiker
Heinz Rieder – ein Neffe Csokors, der als wissenschaftlicher Referent der Wie-
ner Städtischen Büchereien tätig war – sowie Otto Tetter vom Wiener Her-
der-Verlag und der Leiter des Stiasny-Verlags Gerhard Zerling teilnahmen. Die
Leitung des Gesprächs übernahm wieder Kraus. Die Diskussion war „Ausgangs-
punkt für konkrete Ziele“, wie ein anwesender Journalist bemerkte:
Nachdem sich die Erörterung der Ursachen mangelnder Kontakte weiter Bevölke-
rungskreise zum Buch vorerst in gegenseitigen Vorwürfen von Autoren, Verlegern,
Buchhändlern und Journalisten erschöpft hatte, zeitigte schließlich die Aufforde-
rung von Diskussionsleiter Kraus, den in den Reden […] ausgesprochenen edlen
Gedanken endlich auch Taten folgen zu lassen, Erfolg in Form von konstruktiven
Vorschlägen. […] Und was wurde erreicht? Schon in nächster Zeit soll von der
[ÖGL] eine Arbeitsgemeinschaft gegründet werden aus Autoren, Buchhändlern,
Beamten des Unterrichtsministeriums und Literaturkritikern, die in konkreter
Form besprechen soll, welche Bücher aus der heute schier unübersehbaren Pro-
duktion gefördert werden sollen, nach welchen Aspekten und mit welchen Hilfs-
mitteln dies geschehen kann. Eine andere Arbeitsgruppe soll sich mit der literari-
schen Jugenderziehung beschäftigen.194
Im Februar 1964 wurde schließlich mit „Österreich als Idee und Realität“ eine
Forumsdiskussion veranstaltet, an der Hilde Spiel, der Direktor des Heeresge-
schichtlichen Museums Johann Christoph Allmayer-Beck, Fritz Habeck, der
SPÖ-Kulturpolitiker Alfred Mikesch (der 1950 die Kapfenberger Kulturtage
gegründet hatte), der Chefredakteur der „Presse“ Otto Schulmeister, „Fur-
che“-Chefredakteur Kurt Skalnik und Hans Weigel teilnahmen. Im Vorfeld wur-
de eine Liste mit Fragen an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer versandt, die
einen eventuellen Ablauf des Gesprächs skizzieren sollten. Kraus vermerkte dazu,
dass entgegen dem Titel „zuerst die Realität untersucht werden“ sollte, also „das,
was ist“. Der Fragenkatalog beinhaltete u. a. folgende Themen: „[…] 2. Was denkt
in Österreich selbst der Mann auf der Straße über sein Land und dessen Stellung
in der Welt? Gibt es ein ‚österreichisches Selbstbewußtsein‘? […] 4. Wie sieht
die historische Rolle der ‚Idee Österreich‘ aus? 5. Ist diese Idee noch lebendig?
Ist sie lebendiger als in anderen Ländern geschichtliche Fakten lebendig sind?
[…] 7. Welche Wirkungsmöglichkeit hat diese ‚Idee‘ auf die inländische Reali-
tät? Welche auf die weitere politische und kulturelle Entwicklung der Welt?“195
Weigel bemerkte bezüglich des vorgegebenen Themas, dass nur in Österreich
194 H.St.: Dem Buch kann geholfen werden. In: Arbeiter-Zeitung, 26. Oktober 1963, S. 8.
195 Wolfgang Kraus an Hilde Spiel, 13. Februar 1964. Beilage: Skizze zu eventuellem Ablauf der
Diskussion um „Österreich als Idee und Realität“, ÖGL-Archiv.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
134 Die Österreichische Gesellschaft für Literatur (1961–1975)
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Titel
- Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Autor
- Stefan Maurer
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23312-1
- Abmessungen
- 15.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 452
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
- 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
- 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
- 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
- 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
- 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
- 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
- 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
- 3.6 Forum der Jugend 180
- 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
- 3.8 Resümee 190
- 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
- 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
- 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
- 7. RESÜMEE 399
- 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
- 9. PERSONENREGISTER 437