Seite - 136 - in Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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Dies waren Hauptherausgeber Heinz Kindermann, Margret Dietrich für Drama,
Robert Mühlher für Prosa, Eugen Thurnher für Lyrik und Versepik sowie Eli-
sabeth Schmitz für Hörspiel. Anwesend waren neben den in der Anthologie ver-
tretenen Autorinnen und Autoren198 auch Bundeskanzler Josef Klaus und Unter-
richtsminister Theodor Piffl-Perčević. Die Bestrebung der Anthologie war die
Repräsentation österreichischer Dichtung vor allem im Ausland. Der erste Band
war dem Drama gewidmet und versuchte „dessen Entwicklung in Österreich
innerhalb eines Jahrtausends aufzuzeigen.“199 Von insgesamt 37 Dramen von 36
Autorinnen und Autoren war Franz Grillparzer gleich zweimal vertreten.
Trotz der ertragreichen Diskussionen machte sich Kraus, wie er auf dem „Sai-
son-Abschlußcocktail“ der ÖGL im Jahre 1966 vor dem Bundeskanzler und den
Ministern für Unterricht, Finanzen und Justiz feststellt, „Sorgen [...] um die
‚Basis, auf der sich alles abspielt‘, um die österreichische Literatur selber“.200 Er
prangerte die schwierige Situation für Schriftstellerinnen und Schriftsteller in
Österreich an: „Zwischen Österreich und unseren Autoren hat sich manche
unbeantwortete Frage aufgetan“201. Kraus’ Befürchtungen hinsichtlich der Lite-
raturförderung wurden 1968 Wirklichkeit, als die staatliche Subvention von 6,3
auf 5,1 Millionen Schilling sank.202
Im Anschluss an die Präsentation von Otto Schulmeisters Die Zukunft Öster-
reichs, erschienen im Molden Verlag, fand im November 1967 eine Diskussion
statt. Mit dem Autor diskutieren Christoph Allmayer-Beck, der Wirtschaftshis-
toriker Felix Butschek, der österreichisch-US-amerikanische Historiker Fried-
rich Engel-Jánosi, der Ökonom und Politiker Hans Igler, der ÖVP-Politiker
Andreas Khol, der als Autor und Sozialreformer tätige Mediziner Werner Vogt
sowie die Historikerin Erika Weinzierl. Am Beginn der Diskussion stand „eine
zeitlang der Streit um die ‚Oesterreichische Nation‘ im Mittelpunkt, wobei aber
Einmütigkeit über das in den letzten zwei Jahrzehnten steigende Nationalbe-
wusstsein des Österreichers einerseits und über die Kläglichkeit, mit der der
oesterreichische Nationalfeiertag zustande gekommen ist, andererseits, erzielt
werden konnte“.203 Khol, damals Generalsekretär der Außenpolitischen Gesell-
schaft, sprach davon, dass der „völkische Nationsbegriff“ tot sei, jedoch die
198 U. a. Kurt Becsi, Kurt Benesch, Johann A. Boeck, Felix Braun, Franz Theodor Csokor, Fritz
Hochwälder, Kurt Klinger, Hans Friedrich Kühnelt, Alexander Lernet-Holenia, Max Mell,
Friedrich Schreyvogl, Helmuth Schwarz und Harald Zusanek.
199 N. N.: Dramatiker-Parade ohne ‚Konfetti‘. Hochoffizielle ‚Buchpremiere‘ im Festsaal der Uni-
versität. In: Volksblatt. 23. Oktober 1966.
200 I. Löwe: „Man macht sich so Sorgen…“ Wolfgang Kraus sprach über Literatur und Literatur-
gesellschaft. In: Kurier, 1. Juli 1966, S. 9.
201 Ebd.
202 N. N.: Budget-Vorschlag für 1968. In: Express, 2. November 1967, S. 5.
203 N. N.: 69 – die Zukunft Oesterreich. Wien apa-Meldung, 21. November 1967.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
136 Die Österreichische Gesellschaft für Literatur (1961–1975)
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Titel
- Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Autor
- Stefan Maurer
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23312-1
- Abmessungen
- 15.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 452
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
- 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
- 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
- 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
- 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
- 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
- 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
- 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
- 3.6 Forum der Jugend 180
- 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
- 3.8 Resümee 190
- 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
- 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
- 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
- 7. RESÜMEE 399
- 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
- 9. PERSONENREGISTER 437