Seite - 138 - in Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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steller in Österreich nur leben könne, wenn man „hauptberuflich nicht Schrift-
steller ist“.210
Im Anschluss an Weigel brachte Wolfgang Kraus einen „Wunschzettel“ vor,
der als Unterlage für eine Umgestaltung der vielkritisierten Literaturförderung
dienen sollte, jedoch war es ihm noch nicht gelungen, mit den Vorschlägen bis
zum Unterrichtsministerium vorzustoßen. Zu diesen „Forderungen“ zählten
u. a. (1) gezielte Subventionen, (2) Verleihung von erhöhten Arbeitsstipendien,
um es Autorinnen und Autoren zu ermöglichen, ungestört an großen Projekten
zu arbeiten, (3) gesteigerte Aktivität des Bundesverlages in literarischer Hinsicht,
(4) eine finanzielle Aufstockung des Großen österreichischen Staatspreises,211
(5) den Ankauf von Manuskripten lebender Autoren durch die Nationalbiblio-
thek, (6) die Schaffung von Posten im Staatsbereich, die Schriftstellerinnen und
Schriftstellern den Lebensunterhalt ermöglichen sollten und (7) die Heimho-
lung renommierter österreichischer Dichterinnen und Dichter, die im Ausland
lebten. Als weitere Voraussetzung für eine Verbesserung der „nach dem Gieß-
kannenprinzip“ vorgenommenen Förderungen, nannte Kraus auch die Schaf-
fung einer eigenen Abteilung für Literatur im Unterrichtsministerium. Diese
sollte in der ersten Hälfte der 1970er Jahre dann als „Kulturkontaktstelle“ unab-
hängig vom Außenministerium agieren, worauf in einem anderen Kapitel ein-
gegangen wird (vgl. Kapitel 5.3).
Die ÖGL und das Jahr des Buches 1971
1971 war ein zentrales Jahr für die Bestrebungen der ÖGL, die österreichische
Literatur in ihrer ganzen Bandbreite im Ausland zu propagieren, da der „kul-
turpolitische Fünfjahresplan“ des Unterrichtsministeriums in Übereinstimmung
mit dem UNESCO-Jahr des Buches diese zwölf Monate dazu vorgesehen hatte,
sich der zeitgenössischen österreichischen Dichtung zu widmen. Die Zusam-
mensetzung der „Sonderbuchspende, die aus diesem Anlass ins Ausland ver-
schickt wurde, zeigt den Paradigmenwechsel in der Kulturpolitik“.212 Das Paket
210 Ebd.
211 Kraus fasste anlässlich des 20-jährigen Bestehens der ÖGL zusammen, welche Preise von ihm
und der Gesellschaft angeregt wurden, z. B. Anton-Wildgans-Preis der Industriellenvereini-
gung (1961), „Österreichischer Staatspreis für Literatur“, „Donauland-Sachbuch-Preis“ für
Non-Fiction, Kafka-Preis (Land NÖ und Stadt Klosterneuburg). Er verwies darauf, dass die
„Idee der Staatsstipendien für Schriftsteller, und zwar solche der jungen, aber auch der mitt-
leren und älteren Generation, jahrelang von hier an das Ministerium für Unterricht herange-
tragen“ wurde. Vgl. Aus der Rede zum 20-jährigen Bestehen der ÖGL, Wien, 10. Dezember
1981, NL WK, Sammlung ÖGL (vgl. dazu Kapitel 4.3.3).
212 Evelyne Polt-Heinzl: Kulturskandale der 1970er Jahre. In: Dies. (Hg.): Staatsoperetten, S. 11.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
138 Die Österreichische Gesellschaft für Literatur (1961–1975)
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Titel
- Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Autor
- Stefan Maurer
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23312-1
- Abmessungen
- 15.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 452
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
- 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
- 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
- 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
- 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
- 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
- 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
- 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
- 3.6 Forum der Jugend 180
- 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
- 3.8 Resümee 190
- 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
- 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
- 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
- 7. RESÜMEE 399
- 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
- 9. PERSONENREGISTER 437