Seite - 146 - in Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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hinaus dokumentierte die Zeitschrift Veranstaltungen, publizierte literarische
Texte der von der ÖGL eingeladenen Autorinnen und Autoren sowie Beiträge
über in der ÖGL veranstaltete Symposien. Die Zeitschrift profitierte dadurch
insofern, als sie einen stärkeren kulturpolitischen Akzent erhielt. Als quasi „Gegen-
geschäft“ schrieben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGL Rezensionen
und Artikel für „Wort in der Zeit“. Selbstverständlich fand die Feier zum zehn-
jährigen Jubiläum der Zeitschrift am 9. Februar 1965 in der ÖGL statt.
Konkurrenzkämpfe?
Hinsichtlich der „Konkurrenzkämpfe“ zwischen Wolfgang Kraus und Gerhard
Fritsch, die z. B. von Martina Schmidt konstatiert werden,233 ohne dabei aus-
führlich belegt zu werden, ist zu bemerken, dass sich dafür nur wenige Anhalts-
punkte in den überlieferten Materialien (wie im „Wort in der Zeit“-Teilarchiv
im Nachlass von Henz, im Stiasny-Verlags-Archiv sowie in den Nachlässen von
Fritsch oder Kraus) finden. Stefan Alker hat in seiner grundlegenden und mate-
rialreichen Monographie über Fritsch hinsichtlich der Beziehung dieser beiden
Literaturbetriebsfunktionäre, die teilweise in verschiedene Richtungen arbeite-
ten, nichts Spezielles angeführt. Dennoch dürfte sich Fritsch als Redakteur über
die Interventionen und Kraus’ dominierende Rolle sowie seine Funktion als
Ansprechperson des Unterrichtsministeriums beim Leiter des Stiasny-Verlags,
Gerhard Zerling, beschwert haben:
Sie bitten ihn [d. i. Wolfgang Kraus] darin um ein Konzept für ‚Wort in der Zeit‘,
um ‚der Zeitschrift doch einen gewissen Rang zu geben‘. Ich möchte dazu sagen,
daß ich diese Formulierungen einigermaßen merkwürdig und für mich beleidi-
gend finde. Ich bemühe mich seit Jahren um eben diesen Rang, der nicht allzu sel-
ten bestätigt wird, vornehmlich in Publikationen des Auslandes. Daß er meist dem
Herausgeber zugeschrieben wird oder seit neuerem manchmal der Österreichi-
schen Gesellschaft für Literatur ist eine andere Sache.234
Auch die Intervention durch den Ministerialbeamten Alfred Weikert für die
Rezensionen sämtlicher „auch miserabler, österreichischer Autoren“ liefen über
Wolfgang Kraus, um „hier nach dem Rechten zu sehen“, wie sich Weikert äußer-
Herrengasse. Ein schönes Büro, doch nicht für mich.“ Rudolf Henz: Tagebuch, 11. Oktober
1962, NL RH.
233 Schmidt: Die Geschichte der Österreichischen Gesellschaft für Literatur, S. 40.
234 Marietta Laurent: Untersuchungen zur publizistischen Tätigkeit von Gerhard Fritsch. Univ.-
Diss. Salzburg 1974, S. 6. Zit. n. Hackl: Kein Bollwerk der alten Garde, S. 92.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
146 Die Österreichische Gesellschaft für Literatur (1961–1975)
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Titel
- Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Autor
- Stefan Maurer
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23312-1
- Abmessungen
- 15.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 452
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
- 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
- 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
- 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
- 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
- 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
- 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
- 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
- 3.6 Forum der Jugend 180
- 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
- 3.8 Resümee 190
- 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
- 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
- 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
- 7. RESÜMEE 399
- 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
- 9. PERSONENREGISTER 437