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Kunst und Kultur
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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Institutionelle Rahmenbedingungen Zu Beginn der 1960er Jahre war eine großangelegte Rückholung der Emigran- tinnen und Emigranten unter kulturpolitischen Aspekten immer noch höchst problematisch und kompliziert, da sich die österreichische Kulturpolitikskultur – wie Robert Musil diese in den 1930er Jahren bezeichnete,289 womit das Moment der Kontinuität in den Mittelpunkt rückt – zur Demonstration ihrer erst weni- ge Jahre zurückliegenden staatlichen Souveränität auf eine „Österreich-Idee“ berief, die ihre ideologische Realisierung im katholischen Ständestaat gefunden hatte.290 Wie sehr sich Österreich in seine „Opferrolle“ verstrickt hatte, zeigt etwa der Umgang mit dem am 15.  April 1961 begonnenen Prozess gegen den SS-Ober- sturmbannführer Adolf Eichmann in Jerusalem. Es wurde abgestritten, dass Eichmann, einer der Hauptverantwortlichen für die Ermordung von mehreren Millionen Jüdinnen und Juden, Österreicher gewesen sei. Nach wie vor galt: „Österreich war das erste Opfer der nationalsozialistischen Expansion – die Nati- onalsozialisten, das waren die Deutschen.“ Diese Opfer-These vertraten nicht nur politische Opportunisten, sondern auch die Verfolgten des NS-Regimes, worauf etwa Elisabeth Röhrlich hinweist.291 Mit der allmählichen Auflösung der politischen Lager in den 1960er Jahren ging mit der Gründung des Dokumen- tationsarchivs des österreichischen Widerstandes (1962), des Institut für Zeit- keine jüdischen Emigranten anzubieten hatten, […] war nicht mehr aufzuhalten. Die ‚Strudl- hofstiege‘ machte Furore, und jüdische Emigranten, die ihre Verbundenheit mit dem neuen Österreich bekunden wollten, wie zum Beispiel Hilde Spiel und Hans Weigel, traten für Dode- rer, den eingefleischten Antisemiten, ein und wurden von ihm nicht nur akzeptiert, sondern, auf Gegenseitigkeit, als Beweis seiner Bedeutung gegenüber Thomas Mann und Bert Brecht gefördert. Er war der Triumph der rechten gegenüber der linken Clique.“ Hermann Hakel: Dürre Äste, Welkes Gras. Begegnung mit Literaten. Wien: Lynkeus-Verl. 1991, S. 142. 289 Vgl. Schmid: Die falschen Fuffziger. In: Aspetsberger, Frei, Lengauer (Hg.): Literatur der Nach- kriegszeit und der fünfziger Jahre in Österreich, S. 19. 290 Vgl. Joseph McVeigh: Kontinuität und Vergangenheitsbewältigung in der österreichischen Literatur nach 1945. Wien: Braumüller 1988 (= Untersuchungen zur österreichischen Literatur des 20.  Jahrhunderts 10), S. 4. McVeigh verweist darauf, dass die „Kontinuität“ zum Ständestaat große kulturpolitische Bedeutung für die österreichische Literatur nach 1945 hatte und die „offizielle Rehabilitierung der nichtemigrierten Literatur“ zum „integralen Bestandteil der pat- riotischen Kulturpolitik“ der Zweiten Republik gehörte; Vgl. Amann: Men for all Seasons, S.  219–222; Karl Müller: Zäsuren ohne Folgen. Das lange Leben der literarischen Antimoder- ne Österreichs seit den 30er Jahren. Salzburg: Otto Müller 1990; ders.: Zur Kontinuität öster- reichischer Literatur seit den dreißiger Jahren. In: Stadler (Hg.): Kontinuität und Bruch, S.   181– 215. 291 Elisabeth Röhrlich: Kreiskys Außenpolitik. Zwischen österreichischer Identität und internati- onalem Programm. Göttingen: V&R Unipress 2009, S. 174; vgl. dazu auch Rathkolb: Die para- doxe Republik, S. 38  f. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 159
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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Titel
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Autor
Stefan Maurer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23312-1
Abmessungen
15.8 x 24.0 cm
Seiten
452
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
    1. 1.1 Forschungsstand, Quellen und theoretische Ansätze 9
    2. 1.2 Biographische Einführung 22
  2. 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
    1. 2.1 Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945 48
      1. 2.1.1 Politische Rahmenbedingungen: Österreich nach 1945 49
      2. 2.1.2 Institutionen, Kulturveranstaltungen und Vereine 54
      3. 2.1.3 Zeitschriften und Rundfunk 61
      4. 2.1.4 Literaturpreise und staatliche Förderung 70
      5. 2.1.5 Private Initiativen 71
      6. 2.1.6 Verlagssituation und Buchhandel 74
    2. 2.2 Resümee 78
  3. 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
    1. 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
      1. 3.1.1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGL 87
      2. 3.1.2 Staatliche Subvention 92
      3. 3.1.3 Stellungnahmen zur ÖGL 94
      4. 3.1.4 Aufgaben und Zielsetzungen der ÖGL 96
    2. 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
    3. 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
    4. 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
    5. 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
    6. 3.6 Forum der Jugend 180
    7. 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
    8. 3.8 Resümee 190
  4. 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
    1. 4.1 Kraus als Literaturvermittler 196
      1. 4.1.1 Modernität und Kontinuität 199
      2. 4.1.2 Diskontinuitäten: 1934–1938–1945 210
      3. 4.1.3 Literatur und Katholizismus 216
      4. 4.1.4 Avantgarde und Provinzialismus 223
    2. 4.2 Der Literaturkritiker Kraus 226
    3. 4.3 Der Literatur-Organisator Kraus 245
      1. 4.3.1 Im Europa-Verlag 245
      2. 4.3.2 „Die Rampe“ 254
      3. 4.3.3 Literatur-Preise 259
    4. 4.4 Polemiken und Kämpfe im Feld 280
    5. 4.5 Resümee 294
  5. 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
    1. 5.1 Elemente einer Kraus’schen Kulturpolitik 302
    2. 5.2 Jenseits der Parteipolitik? 307
    3. 5.3 Die Kulturkontaktstelle 323
    4. 5.4 „Europalia 1988“ 338
  6. 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
    1. 6.1 Der kulturelle Kalte Krieg in Europa 355
    2. 6.2 Die Round-Table-Gespräche der ÖGL 367
    3. 6.3 Die ÖGL und der „Marshall Plan for the Mind“ 375
    4. 6.4 Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 385
  7. 7. RESÜMEE 399
  8. 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
    1. 8.1 Ungedruckte Quellen 403
      1. 8.1.1 Nachlässe 403
      2. 8.1.2 Sammlungen 403
    2. 8.2 Gedruckte Quellen 404
      1. 8.2.1 Zeitungen und Zeitschriften (in Auswahl) 404
      2. 8.2.2 Primärliteratur 404
      3. 8.2.3 Sekundärliteratur 409
  9. 9. PERSONENREGISTER 437
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