Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Kunst und Kultur
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Seite - 161 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 161 - in Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945

Bild der Seite - 161 -

Bild der Seite - 161 - in Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945

Text der Seite - 161 -

Wolfgang Kraus hinsichtlich seines Engagements den Emigrantinnen und Emigranten gegenüber als Leitmotiv gedient. Retrospektiv hat Kraus über seine Initiative festgehalten, dass Anfang der 1960er Jahre die „meisten großen öster- reichischen Emigranten von 1938 im deutschsprachigen Bereich nur wenig bekannt“ waren und sie „kaum Verbindung mit ihrer alten Heimat und mit Wien“ hatten, was er zu ändern versuchte: „Elias Canetti, Manès Sperber, Max Brod, Johannes Urzidil, Fritz Hochwälder, Erich Fried und viele andere kamen auf unsere Einladung nach Wien, manche lasen nach dem Krieg hier zum ers- ten Mal. Hilde Spiel war unser Gast. Sie kamen bald regelmäßig.“297 Müllers Frage, ob sich Kraus’ Motivation „kulturelle[r] Nostalgie“ oder „star- ke[m] Unrechtsbewusstsein“298 verdanke, lässt sich mittels eines autobiografi- schen Fragments, das sich im Nachlass erhalten hat, beantworten. Über seinen 1962 erfolgten Besuch bei Manès Sperber in Paris schreibt er: Nach etwas [sic] zwei Stunden verließ ich einen Mann, der mir sogleich deutlich machte, wie viel vom Österreich der Zwischenkriegszeit in ihm erhalten geblieben war. Ich konnte nicht überhören, was alles ich aus seinen Worten würde über Wien, Österreich, über das intellektuelle Milieu meiner eigenen Kindheit noch erfahren könne. Von Manès Sperber wie Elias Canetti, von Martin Esslin, Walter Sokel, von Johannes Urzidil, Leo Perutz, Paul Zsolnay, Erwin Chargaff, Hilde Spiel und Milan Dubrovic habe ich meine eigene Herkunft erst kennengelernt.299 Der nostalgische Aspekt eines längst untergegangenen Österreichs, dessen Kul- tur und Multinationalität sich aus der habsburgischen Monarchie speiste, war für Kraus sicherlich nicht unwesentlich in seinen Bemühungen um die Exilau- torinnen und -autoren. Auch eine gesunde Portion Neugierde hinsichtlich die- ses kulturellen Erbes lässt sich aus dem Fragment herauslesen. Es ging Kraus mit Gründung der ÖGL eben um jene geistige und kulturelle Bezugnahme zum Österreich der Jahrhundertwende und deren literarische Resonanz in der Ersten Republik, und darin spielten eben auch die Exilantinnen und Exilanten eine zentrale Rolle; auch wenn 1934 dem gesellschaftspolitischen Konsens folgend weitgehend ausgeklammert und unthematisiert blieb. Kraus hat aber auch über die große zeitliche Verzögerung reflektiert, mit der die Rückholung geschah, wie sich seinem Tagebuch entnehmen lässt: „Wir tun ja viel, die Emigranten nach Wien einzuladen – aber zu spät, schon als ich das konnte, war es zu spät. Gleich 297 Wolfgang Kraus: Aus der Rede zum 20-jährigen Bestehen der „Österreichischen Gesellschaft für Literatur“, 10.  Dezember 1981, NL WK. 298 Wolfgang Müller: Wolfgang Kraus und die Exilliteratur zu Beginn der sechziger Jahre. In: Adunka, Roessler (Hg.): Rezeption des Exils, S. 87–100, hier S. 93. 299 Wolfgang Kraus: Autobiografisches Fragment, ms. Ts., 2 Bl., NL WK. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 161
zurück zum  Buch Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945"
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Titel
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Autor
Stefan Maurer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23312-1
Abmessungen
15.8 x 24.0 cm
Seiten
452
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
    1. 1.1 Forschungsstand, Quellen und theoretische Ansätze 9
    2. 1.2 Biographische Einführung 22
  2. 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
    1. 2.1 Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945 48
      1. 2.1.1 Politische Rahmenbedingungen: Österreich nach 1945 49
      2. 2.1.2 Institutionen, Kulturveranstaltungen und Vereine 54
      3. 2.1.3 Zeitschriften und Rundfunk 61
      4. 2.1.4 Literaturpreise und staatliche Förderung 70
      5. 2.1.5 Private Initiativen 71
      6. 2.1.6 Verlagssituation und Buchhandel 74
    2. 2.2 Resümee 78
  3. 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
    1. 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
      1. 3.1.1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGL 87
      2. 3.1.2 Staatliche Subvention 92
      3. 3.1.3 Stellungnahmen zur ÖGL 94
      4. 3.1.4 Aufgaben und Zielsetzungen der ÖGL 96
    2. 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
    3. 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
    4. 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
    5. 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
    6. 3.6 Forum der Jugend 180
    7. 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
    8. 3.8 Resümee 190
  4. 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
    1. 4.1 Kraus als Literaturvermittler 196
      1. 4.1.1 Modernität und Kontinuität 199
      2. 4.1.2 Diskontinuitäten: 1934–1938–1945 210
      3. 4.1.3 Literatur und Katholizismus 216
      4. 4.1.4 Avantgarde und Provinzialismus 223
    2. 4.2 Der Literaturkritiker Kraus 226
    3. 4.3 Der Literatur-Organisator Kraus 245
      1. 4.3.1 Im Europa-Verlag 245
      2. 4.3.2 „Die Rampe“ 254
      3. 4.3.3 Literatur-Preise 259
    4. 4.4 Polemiken und Kämpfe im Feld 280
    5. 4.5 Resümee 294
  5. 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
    1. 5.1 Elemente einer Kraus’schen Kulturpolitik 302
    2. 5.2 Jenseits der Parteipolitik? 307
    3. 5.3 Die Kulturkontaktstelle 323
    4. 5.4 „Europalia 1988“ 338
  6. 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
    1. 6.1 Der kulturelle Kalte Krieg in Europa 355
    2. 6.2 Die Round-Table-Gespräche der ÖGL 367
    3. 6.3 Die ÖGL und der „Marshall Plan for the Mind“ 375
    4. 6.4 Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 385
  7. 7. RESÜMEE 399
  8. 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
    1. 8.1 Ungedruckte Quellen 403
      1. 8.1.1 Nachlässe 403
      2. 8.1.2 Sammlungen 403
    2. 8.2 Gedruckte Quellen 404
      1. 8.2.1 Zeitungen und Zeitschriften (in Auswahl) 404
      2. 8.2.2 Primärliteratur 404
      3. 8.2.3 Sekundärliteratur 409
  9. 9. PERSONENREGISTER 437
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945