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Kunst und Kultur
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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akzentuiert wurde, das die österreichische Literatur von den politischen Verän- derungen abhebt und in einen „Traditionszusammenhang“ hineinstellt, „den die Vertreter der sogenannten österreichischen Idee nach dem Untergang der Habs- burgermonarchie bis ins Zeitalter des Barock, anders gesagt, ins Österreich der Gegenreformation und der siegreichen Türkenkriege“23 zurückverfolgten. Bei der Konstituierung dieses Selbstverständnisses wurden Traditionen, die diesen Projektionen nicht entsprachen, übergangen. Die Bezugnahme auf die Monar- chie sowie das bewusste Anknüpfen an die Ära vor 1918 waren wesentlicher Teil im Prozess der Identitätsfindung der Zweiten Republik, die sozusagen die Kehr- seite der Medaille des „Vergessens“ von Ständestaat und NS-Diktatur war: „Im übergeordneten Prozess der Nationswerdung nahm die ÖVP die dominierende Position ein, auch und gerade wegen der Nutzung des Habsburg-Mythos.“24 Die Vertrautheit mit den Habsburgern wurde kulturpolitisch auch durch eine Vielzahl von literarischen Publikationen verankert, die vom Unterrichtsminis- terium finanziert und distribuiert wurden, darunter z. B. die Reihe „Das öster- reichische Wort“ im Stiasny-Verlag oder die „Österreich-Reihe“ des Bergland-Ver- lags, die eine „austriakische Renaissance“ mitformten, d. h. es wurde durch die staatlich subventionierte Kulturpolitik der Versuch unternommen, „Österreichs Kontinuität durch den Rückgriff auf weit zurückliegende Epochen, gleichsam durch die Wiedergeburt des habsburgischen Erbes zu legitimieren“.25 Dabei spielte in Hinblick auf die Literatur vor allem ein Text eine zentrale Rolle. In der mittlerweile klassisch gewordenen Studie Il mito absburgico nella letteratura austriaca moderna (1963; dt.: Der habsburgische Mythos in der moder- nen österreichischen Literatur, 1966) definierte der Triestiner Literaturwissen- schaftler Claudio Magris den „Habsburg-Mythos“ als „Berufung auf eine Utopie und wies die Entstehung dieses Bildes in den Werken österreichischer Schrift- steller nach“, wobei er aber nicht für eine Restauration der Habsburger Monar- chie plädiert, sondern eher den „Verlust der Größe, Harmonie und Stabilität, das Ende einer idyllischen Welt, die mit dem Tod der Symbolfigur Franz Joseph ver- schwunden war“,26 ins Zentrum rückte. Das affirmative Model des „habsburgi- 23 Walter Weiss: Dichtung und politisches System in Österreich seit 1945. In: Wolfgang Mantel (Hg.): Politik in Österreich. Die Zweite Republik: Bestand und Wandel. Wien, Graz, Köln: Böh- lau 1992, S. 884–891, hier S. 884. 24 Laurence Cole: Der Habsburger-Mythos. In: Emil Brix, Ernst Bruckmüller, Hannes Stekel (Hg.): Memoria Austriae I. Menschen, Mythen, Zeiten. Wien: Verlag für Geschichte und Politik 2004, S. 473–505, hier S. 485. 25 Dietmar Goltschnigg, Kurt Bartsch: Die österreichische Gegenwartsliteratur. Sozialgeschicht- liche Voraussetzungen. Literaturbetrieb. In: Viktor Žmegač (Hg.): Die Geschichte der deutschen Literatur, Bd. III/2, 1945–1980. 2. Aufl. Königstein/Ts.: Athenäum 1984, S. 695–719, hier S. 695. 26 Weiss: Dichtung und politisches System in Österreich. In: Wolfgang Mantel (Hg.): Politik in Österreich, S.  885. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0 200 Wolfgang Kraus und die österreichische Literatur
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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Titel
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Autor
Stefan Maurer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23312-1
Abmessungen
15.8 x 24.0 cm
Seiten
452
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
    1. 1.1 Forschungsstand, Quellen und theoretische Ansätze 9
    2. 1.2 Biographische Einführung 22
  2. 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
    1. 2.1 Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945 48
      1. 2.1.1 Politische Rahmenbedingungen: Österreich nach 1945 49
      2. 2.1.2 Institutionen, Kulturveranstaltungen und Vereine 54
      3. 2.1.3 Zeitschriften und Rundfunk 61
      4. 2.1.4 Literaturpreise und staatliche Förderung 70
      5. 2.1.5 Private Initiativen 71
      6. 2.1.6 Verlagssituation und Buchhandel 74
    2. 2.2 Resümee 78
  3. 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
    1. 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
      1. 3.1.1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGL 87
      2. 3.1.2 Staatliche Subvention 92
      3. 3.1.3 Stellungnahmen zur ÖGL 94
      4. 3.1.4 Aufgaben und Zielsetzungen der ÖGL 96
    2. 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
    3. 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
    4. 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
    5. 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
    6. 3.6 Forum der Jugend 180
    7. 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
    8. 3.8 Resümee 190
  4. 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
    1. 4.1 Kraus als Literaturvermittler 196
      1. 4.1.1 Modernität und Kontinuität 199
      2. 4.1.2 Diskontinuitäten: 1934–1938–1945 210
      3. 4.1.3 Literatur und Katholizismus 216
      4. 4.1.4 Avantgarde und Provinzialismus 223
    2. 4.2 Der Literaturkritiker Kraus 226
    3. 4.3 Der Literatur-Organisator Kraus 245
      1. 4.3.1 Im Europa-Verlag 245
      2. 4.3.2 „Die Rampe“ 254
      3. 4.3.3 Literatur-Preise 259
    4. 4.4 Polemiken und Kämpfe im Feld 280
    5. 4.5 Resümee 294
  5. 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
    1. 5.1 Elemente einer Kraus’schen Kulturpolitik 302
    2. 5.2 Jenseits der Parteipolitik? 307
    3. 5.3 Die Kulturkontaktstelle 323
    4. 5.4 „Europalia 1988“ 338
  6. 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
    1. 6.1 Der kulturelle Kalte Krieg in Europa 355
    2. 6.2 Die Round-Table-Gespräche der ÖGL 367
    3. 6.3 Die ÖGL und der „Marshall Plan for the Mind“ 375
    4. 6.4 Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 385
  7. 7. RESÜMEE 399
  8. 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
    1. 8.1 Ungedruckte Quellen 403
      1. 8.1.1 Nachlässe 403
      2. 8.1.2 Sammlungen 403
    2. 8.2 Gedruckte Quellen 404
      1. 8.2.1 Zeitungen und Zeitschriften (in Auswahl) 404
      2. 8.2.2 Primärliteratur 404
      3. 8.2.3 Sekundärliteratur 409
  9. 9. PERSONENREGISTER 437
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