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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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Literatur ist weniger gesellschaftskritisch als die bundesdeutsche, da wir hier eine lebendigere gesellschaftliche Kontinuität haben. Die Probleme treten weniger krass zutage; der österreichische Schriftsteller denkt in weiteren Zeiträumen, er ist stär- ker von der organischen Entwicklung getragen. […] Hier und weiterhin stelle ich fest, daß Sie nicht unterscheiden zwischen dem Schriftsteller, der Literatur zur Unterhaltung, Erbauung, Information und Belehrung produziert, und dem Dich- ter, der Literatur als Kunst herstellt. Für letzteren, den Dichter also, bedeutet seine Arbeit bereits ein Engagement, das so groß ist, daß er alle Fesseln, die ihm die Gesellschaft anlegen kann, sprengen oder die Flucht ergreifen muß. Die Entschei- dung zum Engagement gibt es also nur für den Schriftsteller, der aus Überzeugung zum politischen Schriftsteller wird, der jedem System huldigt, oder aus Vorsicht zum Schriftsteller, für den es Politik einfach nicht gibt.31 Einer Aufladung der Literatur mit politischen Inhalten stand Kraus affirmativ gegenüber. Die innere Gemeinsamkeit der österreichischen Literatur sieht Kraus hier in Anlehnung an Magris darin, dass allen österreichischen Autorinnen und Autoren das „politische Engagement fremd“ sei: „Weder als Personen noch mit ihren Werken, mischten sie sich in die Sphäre der Politik. Im Gegenteil, von Oswald Wiener und Peter Handke, aber auch von vielen anderen, konnte man deutliche Worte der Distanzierung hören. Eher liegt ihnen am effektvollen indi- viduellen Auftritt“.32 Für Kraus stand solcher Individualismus, der sich in „Show- business“ äußerte, seiner Vorstellung von Literatur entgegen. Eines seiner zen- tralen Anliegen an die zeitgenössische Literatur war das Anknüpfen an eine bestimmte historische Dimension. Dies wird besonders deutlich, zieht man Kraus’ Rezension von Der habsbur- gische Mythos in der modernen österreichischen Literatur heran. Magris habe mit dieser Arbeit untermauert, so Kraus, dass es tatsächlich eine österreichische Literatur gebe: Für Magris bedeutet Österreich die geistige Vielfalt und doch merkwürdige Gemein- samkeit innerhalb des alten Völkerstaates, die auf die deutsche Sprache bezogene Verschiedenheit slawischer, ungarischer, romanischer Nationalitäten, deren Her- kunft, Temperament und historischer Entwicklungsgrad heftigste Kontraste und doch in ihrer sinnvollen Gruppierung um die Hauptstadt Wien ein einheitliches Bild boten. […] Magris zieht den Kreis der österreichischen Literatur weit […].33 31 Ebd. 32 Wolfgang Kraus: Barock und Showbusineß. Über Literatur aus Österreich. In: Darmstädter Echo, 16.  Dezember 1970. 33 Wolfgang Kraus: Oesterreichs geistige Geographie. In: Die Presse, 10.  Juni 1967. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0 202 Wolfgang Kraus und die österreichische Literatur
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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Titel
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Autor
Stefan Maurer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23312-1
Abmessungen
15.8 x 24.0 cm
Seiten
452
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
    1. 1.1 Forschungsstand, Quellen und theoretische Ansätze 9
    2. 1.2 Biographische Einführung 22
  2. 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
    1. 2.1 Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945 48
      1. 2.1.1 Politische Rahmenbedingungen: Österreich nach 1945 49
      2. 2.1.2 Institutionen, Kulturveranstaltungen und Vereine 54
      3. 2.1.3 Zeitschriften und Rundfunk 61
      4. 2.1.4 Literaturpreise und staatliche Förderung 70
      5. 2.1.5 Private Initiativen 71
      6. 2.1.6 Verlagssituation und Buchhandel 74
    2. 2.2 Resümee 78
  3. 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
    1. 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
      1. 3.1.1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGL 87
      2. 3.1.2 Staatliche Subvention 92
      3. 3.1.3 Stellungnahmen zur ÖGL 94
      4. 3.1.4 Aufgaben und Zielsetzungen der ÖGL 96
    2. 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
    3. 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
    4. 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
    5. 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
    6. 3.6 Forum der Jugend 180
    7. 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
    8. 3.8 Resümee 190
  4. 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
    1. 4.1 Kraus als Literaturvermittler 196
      1. 4.1.1 Modernität und Kontinuität 199
      2. 4.1.2 Diskontinuitäten: 1934–1938–1945 210
      3. 4.1.3 Literatur und Katholizismus 216
      4. 4.1.4 Avantgarde und Provinzialismus 223
    2. 4.2 Der Literaturkritiker Kraus 226
    3. 4.3 Der Literatur-Organisator Kraus 245
      1. 4.3.1 Im Europa-Verlag 245
      2. 4.3.2 „Die Rampe“ 254
      3. 4.3.3 Literatur-Preise 259
    4. 4.4 Polemiken und Kämpfe im Feld 280
    5. 4.5 Resümee 294
  5. 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
    1. 5.1 Elemente einer Kraus’schen Kulturpolitik 302
    2. 5.2 Jenseits der Parteipolitik? 307
    3. 5.3 Die Kulturkontaktstelle 323
    4. 5.4 „Europalia 1988“ 338
  6. 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
    1. 6.1 Der kulturelle Kalte Krieg in Europa 355
    2. 6.2 Die Round-Table-Gespräche der ÖGL 367
    3. 6.3 Die ÖGL und der „Marshall Plan for the Mind“ 375
    4. 6.4 Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 385
  7. 7. RESÜMEE 399
  8. 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
    1. 8.1 Ungedruckte Quellen 403
      1. 8.1.1 Nachlässe 403
      2. 8.1.2 Sammlungen 403
    2. 8.2 Gedruckte Quellen 404
      1. 8.2.1 Zeitungen und Zeitschriften (in Auswahl) 404
      2. 8.2.2 Primärliteratur 404
      3. 8.2.3 Sekundärliteratur 409
  9. 9. PERSONENREGISTER 437
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