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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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Rilke, Franz Kafka oder Franz Werfel „bei einer ähnlichen politischen Situation wie heute national-tschechische kommunistische Schulen besucht hätten und der deutschen Sprache wohl verloren gewesen wären“.66 Die Autorinnen und Autoren der älteren Generation, also jene, die bereits vor dem Zweiten Weltkrieg zu schreiben begonnen hatten, befindet Kraus als in ihrer Position bezüglich der Tradition gefestigt, womit er auch ästhetische und stilistische Merkmale impliziert, und ihre Werke nach 1945 würden „das eins- tige Erbe, sei es nun gegenständlich im jeweiligen Thema oder nur in der stilis- tischen Eigenart des Gestaltens, liebevoll bewahren“.67 Er nennt hier vor allem Romane, darunter Doderers Die Strudlhofstiege (1951) sowie Die Dämonen (1956), George Saikos Auf dem Floß (1948), Felix Brauns Stachel der Seele (1948), Alexan- der Lernet-Holenias Der Graf Luna (1954), Josef Friedrich Perkonigs Patrioten (1950), Martina Wieds Die Geschichte des reichen Jünglings (1952), Rudolf Henz’ Turm der Welt (1951) und Karl Heinrich Waggerls Fröhliche Armut (1948). Die mittlere Generation, die Kraus als die im Jahr 1962 „Vierzig- bis Fünfzig- jährigen“ benennt, seien durch die politischen Tragödien, den Zweiten Weltkrieg oder die Emigration, eine „verlorene Generation“ und wie Kraus, etwas pathe- tisch ausführt, „deren innere Verzweiflung und geistige Wurzellosigkeit jene ihrer Vorgänger im Ersten Weltkrieg schon deshalb übertrafen, weil sie die Sicher- heit der friedlichen Welt vor 1914“ nicht mehr kennengelernt hätten. Darunter fallen für Kraus Fritz Habeck, Friedrich Torberg und Manès Sperber sowie inte- ressanterweise Franz Tumler, der den „Heimweg nicht von jenseits der Landes- grenze, sondern von zerbrochenen Zielen her, aus Krieg und politischer Wirr- nis“68 angetreten habe. Die von Kraus vorgenommene Kategorisierung der Generationen bringt einen großzügig vereinnahmenden Gestus mit sich, der die ideologischen Differenzen hinsichtlich dieser Autoren unterdrückt bzw. über- brückt: Den Emigranten Torberg und Sperber stellt Kraus den während des Zweiten Weltkriegs in der Wehrmacht dienenden Habeck sowie den NS-belas- teten Tumler gegenüber. Vier grundverschiedene Biographien weiß Kraus hier zu vereinen, um sein „Generationenkonzept“ auf die österreichische Literatur anzuwenden. Mit doppelten Schwierigkeiten hinsichtlich ihres Schaffens hat es, so Kraus, dann auch die „jüngere Generation der Zwanzig- und Dreißigjährigen“ zu tun, die „auch die Friedenszeit vor dem Zweiten Weltkrieg kaum mehr“ gekannt hät- te. Einerseits fehle diesen Autorinnen und Autoren die „lebendige Erinnerung an den letzten Ausläufer der Tradition bis 1938“, andererseits sei auch die Ver- bindung mit der mittleren Generation unterbrochen, die „sonst üblicherweise 66 Ebd. 67 Ebd., S. 61. 68 Ebd. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0 Kraus als Literaturvermittler 211
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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Titel
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Autor
Stefan Maurer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23312-1
Abmessungen
15.8 x 24.0 cm
Seiten
452
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
    1. 1.1 Forschungsstand, Quellen und theoretische Ansätze 9
    2. 1.2 Biographische Einführung 22
  2. 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
    1. 2.1 Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945 48
      1. 2.1.1 Politische Rahmenbedingungen: Österreich nach 1945 49
      2. 2.1.2 Institutionen, Kulturveranstaltungen und Vereine 54
      3. 2.1.3 Zeitschriften und Rundfunk 61
      4. 2.1.4 Literaturpreise und staatliche Förderung 70
      5. 2.1.5 Private Initiativen 71
      6. 2.1.6 Verlagssituation und Buchhandel 74
    2. 2.2 Resümee 78
  3. 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
    1. 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
      1. 3.1.1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGL 87
      2. 3.1.2 Staatliche Subvention 92
      3. 3.1.3 Stellungnahmen zur ÖGL 94
      4. 3.1.4 Aufgaben und Zielsetzungen der ÖGL 96
    2. 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
    3. 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
    4. 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
    5. 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
    6. 3.6 Forum der Jugend 180
    7. 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
    8. 3.8 Resümee 190
  4. 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
    1. 4.1 Kraus als Literaturvermittler 196
      1. 4.1.1 Modernität und Kontinuität 199
      2. 4.1.2 Diskontinuitäten: 1934–1938–1945 210
      3. 4.1.3 Literatur und Katholizismus 216
      4. 4.1.4 Avantgarde und Provinzialismus 223
    2. 4.2 Der Literaturkritiker Kraus 226
    3. 4.3 Der Literatur-Organisator Kraus 245
      1. 4.3.1 Im Europa-Verlag 245
      2. 4.3.2 „Die Rampe“ 254
      3. 4.3.3 Literatur-Preise 259
    4. 4.4 Polemiken und Kämpfe im Feld 280
    5. 4.5 Resümee 294
  5. 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
    1. 5.1 Elemente einer Kraus’schen Kulturpolitik 302
    2. 5.2 Jenseits der Parteipolitik? 307
    3. 5.3 Die Kulturkontaktstelle 323
    4. 5.4 „Europalia 1988“ 338
  6. 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
    1. 6.1 Der kulturelle Kalte Krieg in Europa 355
    2. 6.2 Die Round-Table-Gespräche der ÖGL 367
    3. 6.3 Die ÖGL und der „Marshall Plan for the Mind“ 375
    4. 6.4 Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 385
  7. 7. RESÜMEE 399
  8. 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
    1. 8.1 Ungedruckte Quellen 403
      1. 8.1.1 Nachlässe 403
      2. 8.1.2 Sammlungen 403
    2. 8.2 Gedruckte Quellen 404
      1. 8.2.1 Zeitungen und Zeitschriften (in Auswahl) 404
      2. 8.2.2 Primärliteratur 404
      3. 8.2.3 Sekundärliteratur 409
  9. 9. PERSONENREGISTER 437
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