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Kunst und Kultur
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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tes in einem Referat ausführte. Die von ihm apostrophierten Werte standen einem „ungeheuren Zunehmen des Irrationalismus“ gegenüber, den er etwa in den Werken der „Wiener Gruppe“ realisiert sah, für ihn eine Art „5. Kolonne“, die „durch die ganze Welt geht“.212 Zwar bejahte Kraus „diese Kunst im Sinne einer Materialerstellung für Kommendes“, wies auf ihre kulturgeschichtlichen Wurzeln hin und sprach sich grundsätzlich für eine Auseinandersetzung mit sprachexperimenteller Literatur und Avantgarde aus, „bei aller Abneigung, die wir vielleicht dagegen haben“,213 aber in seiner Tätigkeit als Literaturkritiker hat diese Form der Literatur wenig bis kaum Beachtung gefunden. Kraus präsen- tierte sich als ein Exponent des Ausgleichs, was die literarischen Strömungen in Österreich betraf, der verhindern wollte, dass die von der avantgardistischen Literatur eingenommenen Extrempositionen andere Richtungen, denen er bei weitem näherstand, verdrängten: „Man darf nicht sagen, mir paßt der Peter Handke oder der Ossi Wiener nicht, ich bevorzuge Stefan Zweig, infolgedessen kommt bei mir auch nur das zum Zug. Man muß das, was die Zeit hervorbringt, zu Wort kommen lassen, muß aber alles so abstimmen, daß auch andere da sind, daß dem Publikum die Möglichkeit gegeben wird, sich mit Verschiedenem aus- einanderzusetzen.“214 In der Theorie und aus seiner Perspektive als Akteur inner- halb des literarischen Felds mag Kraus eine pluralistischere Meinung vertreten haben als in seiner literaturkritischen und -vermittelnden Praxis deutlich wird. Zusammenfassend sei bemerkt, dass sich an Kraus’ Tätigkeit als Literaturkri- tiker, seinen literarischen Präferenzen und seiner Bewertung im Zuge der lite- raturkritischen Praxis eine Tendenz abzeichnet, die zwar eine österreichische Literatur in ihrer Pluralität wahrnahm, aber grundsätzlich Schreibweisen favor- isierte, die sprachliche Experimente vermied. Dies schloss aber keineswegs Auto- rinnen und Autoren aus, die in ihren Werken an die Moderne anschlossen, wie etwa Elias Canetti und auch jene Autoren, die einer Traditionslinie zwischen Fritz von Herzmanovsky-Orlando und Heimito von Doderer folgten,215 darun- ter Peter von Tramin, Peter Marginter, Peter Daniel Wolfkind und Matthias Mander, die in ihren Werken Elemente des Fantastischen miteinbezogen. Trotz angestrengter Versuche, diese Autorinnen und Autoren auch im Ausland bekannt zu machen, fand die österreichische Avantgarde, die ehemaligen Mitglieder der „Wiener Gruppe“ oder die sogenannte Grazer Gruppe dort mehr Beachtung. Auch ein Autor wie Herbert Eisenreich, der „gegen die gescheiterten, weil form- losen und veralteten, philosophisch-psychologischen Romanexperimente“ von 212 Ders.: Fortbildungsseminar für die Beamten des Auslandskulturdienstes, ms. Ts., ÖGL-Archiv. 213 Ebd. 214 Ebd. 215 Vgl. Dietmar Goltschnigg: Erzählprosa. In: Žmegač (Hg.): Geschichte der deutschen Literatur vom 18.  Jahrhundert bis zur Gegenwart. Bd. III/2, S. 725–746, hier S. 734. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0 Der Literaturkritiker Kraus 243
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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Titel
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Autor
Stefan Maurer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23312-1
Abmessungen
15.8 x 24.0 cm
Seiten
452
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
    1. 1.1 Forschungsstand, Quellen und theoretische Ansätze 9
    2. 1.2 Biographische Einführung 22
  2. 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
    1. 2.1 Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945 48
      1. 2.1.1 Politische Rahmenbedingungen: Österreich nach 1945 49
      2. 2.1.2 Institutionen, Kulturveranstaltungen und Vereine 54
      3. 2.1.3 Zeitschriften und Rundfunk 61
      4. 2.1.4 Literaturpreise und staatliche Förderung 70
      5. 2.1.5 Private Initiativen 71
      6. 2.1.6 Verlagssituation und Buchhandel 74
    2. 2.2 Resümee 78
  3. 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
    1. 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
      1. 3.1.1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGL 87
      2. 3.1.2 Staatliche Subvention 92
      3. 3.1.3 Stellungnahmen zur ÖGL 94
      4. 3.1.4 Aufgaben und Zielsetzungen der ÖGL 96
    2. 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
    3. 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
    4. 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
    5. 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
    6. 3.6 Forum der Jugend 180
    7. 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
    8. 3.8 Resümee 190
  4. 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
    1. 4.1 Kraus als Literaturvermittler 196
      1. 4.1.1 Modernität und Kontinuität 199
      2. 4.1.2 Diskontinuitäten: 1934–1938–1945 210
      3. 4.1.3 Literatur und Katholizismus 216
      4. 4.1.4 Avantgarde und Provinzialismus 223
    2. 4.2 Der Literaturkritiker Kraus 226
    3. 4.3 Der Literatur-Organisator Kraus 245
      1. 4.3.1 Im Europa-Verlag 245
      2. 4.3.2 „Die Rampe“ 254
      3. 4.3.3 Literatur-Preise 259
    4. 4.4 Polemiken und Kämpfe im Feld 280
    5. 4.5 Resümee 294
  5. 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
    1. 5.1 Elemente einer Kraus’schen Kulturpolitik 302
    2. 5.2 Jenseits der Parteipolitik? 307
    3. 5.3 Die Kulturkontaktstelle 323
    4. 5.4 „Europalia 1988“ 338
  6. 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
    1. 6.1 Der kulturelle Kalte Krieg in Europa 355
    2. 6.2 Die Round-Table-Gespräche der ÖGL 367
    3. 6.3 Die ÖGL und der „Marshall Plan for the Mind“ 375
    4. 6.4 Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 385
  7. 7. RESÜMEE 399
  8. 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
    1. 8.1 Ungedruckte Quellen 403
      1. 8.1.1 Nachlässe 403
      2. 8.1.2 Sammlungen 403
    2. 8.2 Gedruckte Quellen 404
      1. 8.2.1 Zeitungen und Zeitschriften (in Auswahl) 404
      2. 8.2.2 Primärliteratur 404
      3. 8.2.3 Sekundärliteratur 409
  9. 9. PERSONENREGISTER 437
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