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Kunst und Kultur
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Seite - 305 -
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gen.“31 Dieses Postulat erscheint im Licht des Kalten Kriegs, denn dieser warf seinen Schatten über die globale künstlerische Produktion und Kunst erfuhr besondere politische Bedeutung (vgl. dazu auch Kapitel 6).32 Kraus argumen- tiert, dass der Osten mit seiner kontrollierten und reglementierten offiziellen Kulturpolitik, dem Westen den Spiegel vorhalte. Im Osten entstünden als Oppo- sition im Untergrund bedeutende künstlerische Werke, die ihre kulturellen Wur- zeln im Westen verorten, während die künstlerische Produktion des Westens dieses genuine kulturelle Erbe weitgehend ignoriere. Kraus führt dazu weiter aus, dass die Demokratien aus ihrer eigenen Historie sowie aus der „Lage in den kommunistischen Staaten“ zu lernen hätten, dass „mit Toleranz und dem kurz- sichtigen Beachten der Wahlinteressen allein nur der kulturelle Niedergang erreicht wird“, denn auch „die westliche Kultur besteht nicht bloß aus Zivilisa- tion, Technik, Komfort, Konsum und Hedonismus“, und spricht sich für eine „Re-Christianisierung“ im kulturellen Bereich aus.33 Kraus wollte die westliche „Kultur“ nicht als Produkt „irgendwelcher Narren und Destrukteure“ sehen, sondern das „Suchen nach Inhalten, Werten und Sinn“ stand für ihn im Vordergrund. Dies ist für ihn eng verbunden mit der „Verant- wortung der kreativen kulturellen Persönlichkeiten“, aber auch der Bevölkerung selbst, weshalb aus seiner Perspektive die „kulturellen Kräfte“ auf den Staat nicht verzichten könnten.34 Insgesamt stellte der Kulturpolitiker Kraus dem Staat und seinem Umgang mit Kultur kein gutes Zeugnis aus, obwohl er auf die paradoxe Situation hinwies, dass Kunst, die mehr sein wolle als Kommerz innerhalb des freien Markts ohne staatliche kulturpolitische Instrumente nicht bestehen könne: Alle Einflußnahme, alle Verwaltung, alle Inanspruchnahme der Kultur durch den Staat sei Pervertierung der richtigen Positionen. Ob es sich um zwischenstaatliche Kulturabkommen oder Hochschulpolitik, ob es sich um steuernde Maßnahmen mit Hilfe von Förderungen des Staates handelt – sie seien, so möchte ich gerne erklären, reine Anmaßung. Das Übertragen von Amtshandlungen der Bürokratie auf Wirkungen, Schaffensprozesse und Möglichkeiten der Kultur sei nichts ande- res als ein planmäßiger oder ungewollter Erstickungsvorgang, dem nicht hart genug entgegengetreten werden könne. Dies alles würde ich mit aller Energie vertreten – wäre nicht die überwältigende demokratische Mehrheit einer solchen Haltung erschreckend in den Rücken gefallen.35 31 Ebd. 32 Nicholas J. Cull: Reading, viewing, and tuning in to the Cold War. In: Melvyn P. Leffler, Odd Arne Westad (Hg.): The Cambridge History of the Cold War. Bd. 2: Crises and Détente. Cam- bridge [u. a.]: Cambridge University Press 2010, S. 438–460, hier S. 444. 33 Kraus: Kultur und Staat. In: Literatur und Kritik 14 (1979), H. 138, S. 457. 34 Ebd., S. 458. 35 Ebd. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0 Elemente einer Kraus’schen Kulturpolitik 305
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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Titel
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Autor
Stefan Maurer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23312-1
Abmessungen
15.8 x 24.0 cm
Seiten
452
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
    1. 1.1 Forschungsstand, Quellen und theoretische Ansätze 9
    2. 1.2 Biographische Einführung 22
  2. 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
    1. 2.1 Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945 48
      1. 2.1.1 Politische Rahmenbedingungen: Österreich nach 1945 49
      2. 2.1.2 Institutionen, Kulturveranstaltungen und Vereine 54
      3. 2.1.3 Zeitschriften und Rundfunk 61
      4. 2.1.4 Literaturpreise und staatliche Förderung 70
      5. 2.1.5 Private Initiativen 71
      6. 2.1.6 Verlagssituation und Buchhandel 74
    2. 2.2 Resümee 78
  3. 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
    1. 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
      1. 3.1.1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGL 87
      2. 3.1.2 Staatliche Subvention 92
      3. 3.1.3 Stellungnahmen zur ÖGL 94
      4. 3.1.4 Aufgaben und Zielsetzungen der ÖGL 96
    2. 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
    3. 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
    4. 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
    5. 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
    6. 3.6 Forum der Jugend 180
    7. 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
    8. 3.8 Resümee 190
  4. 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
    1. 4.1 Kraus als Literaturvermittler 196
      1. 4.1.1 Modernität und Kontinuität 199
      2. 4.1.2 Diskontinuitäten: 1934–1938–1945 210
      3. 4.1.3 Literatur und Katholizismus 216
      4. 4.1.4 Avantgarde und Provinzialismus 223
    2. 4.2 Der Literaturkritiker Kraus 226
    3. 4.3 Der Literatur-Organisator Kraus 245
      1. 4.3.1 Im Europa-Verlag 245
      2. 4.3.2 „Die Rampe“ 254
      3. 4.3.3 Literatur-Preise 259
    4. 4.4 Polemiken und Kämpfe im Feld 280
    5. 4.5 Resümee 294
  5. 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
    1. 5.1 Elemente einer Kraus’schen Kulturpolitik 302
    2. 5.2 Jenseits der Parteipolitik? 307
    3. 5.3 Die Kulturkontaktstelle 323
    4. 5.4 „Europalia 1988“ 338
  6. 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
    1. 6.1 Der kulturelle Kalte Krieg in Europa 355
    2. 6.2 Die Round-Table-Gespräche der ÖGL 367
    3. 6.3 Die ÖGL und der „Marshall Plan for the Mind“ 375
    4. 6.4 Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 385
  7. 7. RESÜMEE 399
  8. 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
    1. 8.1 Ungedruckte Quellen 403
      1. 8.1.1 Nachlässe 403
      2. 8.1.2 Sammlungen 403
    2. 8.2 Gedruckte Quellen 404
      1. 8.2.1 Zeitungen und Zeitschriften (in Auswahl) 404
      2. 8.2.2 Primärliteratur 404
      3. 8.2.3 Sekundärliteratur 409
  9. 9. PERSONENREGISTER 437
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