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Kunst und Kultur
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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Die Kulturpolitik war institutionell im Unterrichtsministerium angesiedelt und gehörte damit zum politischen Einflussbereich der ÖVP. Die SPÖ überließ in den ersten Jahren der Zweiten Republik das kulturpolitische Feld weitgehend der ÖVP.52 Ab Mitte der 1950er Jahre wird von der „Ära Heinrich Drimmel“ gesprochen, der ein Vertreter des konservativen Katholizismus war, und als Unterrichtsminister zwischen 1954 und 1964 die staatliche Förderung jenen Autorinnen und Autoren angedeihen ließ, die bereits in der Ersten Republik, dem Austrofaschismus und vielfach in der NS-Zeit im literarischen Feld präsent gewesen waren. Solange diese in das literaturpolitische Konzept Drimmels pass- ten, der eine barocke und katholische österreichische Tradition mit einer rück- wärtsgewandten „Austriazistik“ vereinte, wurde diese Vergangenheit oder Ver- strickungen mit dem Nationalsozialismus nicht problematisiert. Der damit einhergehende Antimodernismus schloss eine experimentelle Literatur, wie z. B. jene der „Wiener Gruppe“ systematisch aus. Bezeichnend ist Drimmels Aus- sage in diesem Kontext, dass sich „[e]ine ‚schweigende Masse‘ [...] darin [gefällt], derartiges, wie man in Wien zu sagen pflegt, nicht einmal zu ignorieren“.53 Österreich verfiel, wie Oliver Rathkolb angemerkt hat in eine „kulturpolitische Grabesstille“ und definierte sich durch folgende Komponenten als „Kulturland“: „Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, Burgtheater, Staatsoper, Philharmoniker, Wiener Sängerknaben und Salzburger Festspiele“.54 Ferner war die österreichische Literatur- und Kulturpolitik seit 1947 zuneh- mend in die polarisierenden Stürme des Kalten Krieges mit seinen monolithi- schen Feindbildern geraten, die Verteidigung des „Abendlandes“ sowie das Bekenntnis der Künstlerin bzw. des Künstlers zu einem der beiden Blöcke war unerlässlich.55 Im Gefolge der wiedergewonnenen Souveränität Österreichs 1955 und dem neutralen Status des Landes, wurde ein aktualisiertes kulturpolitisches Konzept instrumentalisiert: Man griff auf alte historische Traditionen und auf die eigene geopolitische Lage zurück und interpretierte Österreich als „Fenster in die öst- liche Welt“, was einer Reaktivierung des „alten Brückenmythos“ gleichkam und Österreich nun als einen „Ort der Begegnung zwischen Ost und West“56 defi- 52 Vgl. Knapp: Österreichische Kulturpolitik, S. 81. 53 Heinrich Drimmel: Österreichs Geistesleben zwischen Ost und West. In: Erika Weinzierl, Kurt Skalnik (Hg.): Österreich. Die Zweite Republik. Bd. 2. Graz, Wien, Köln: Styria 1972, S. 555– 596, hier S. 582. 54 Oliver Rathkolb: Die paradoxe Republik. Österreich 1945 bis 2010. Innsbruck: Haymon 2011, S. 37  f. 55 Vgl. Gert Kerschbaumer: Der kalte Krieg gegen die Moderne. In: Ders., Karl Müller (Hg.): Beg- nadet für das Schöne. Der rot-weiß-rote Kulturkampf gegen die Moderne. Wien: Verlag der Gesellschaftskritik 1992, S. 117–204. 56 Ernst Hanisch: Der lange Schatten des Staates. Österreichische Gesellschaftsgeschichte im Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0 Jenseits der Parteipolitik? 309
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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Titel
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Autor
Stefan Maurer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23312-1
Abmessungen
15.8 x 24.0 cm
Seiten
452
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
    1. 1.1 Forschungsstand, Quellen und theoretische Ansätze 9
    2. 1.2 Biographische Einführung 22
  2. 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
    1. 2.1 Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945 48
      1. 2.1.1 Politische Rahmenbedingungen: Österreich nach 1945 49
      2. 2.1.2 Institutionen, Kulturveranstaltungen und Vereine 54
      3. 2.1.3 Zeitschriften und Rundfunk 61
      4. 2.1.4 Literaturpreise und staatliche Förderung 70
      5. 2.1.5 Private Initiativen 71
      6. 2.1.6 Verlagssituation und Buchhandel 74
    2. 2.2 Resümee 78
  3. 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
    1. 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
      1. 3.1.1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGL 87
      2. 3.1.2 Staatliche Subvention 92
      3. 3.1.3 Stellungnahmen zur ÖGL 94
      4. 3.1.4 Aufgaben und Zielsetzungen der ÖGL 96
    2. 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
    3. 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
    4. 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
    5. 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
    6. 3.6 Forum der Jugend 180
    7. 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
    8. 3.8 Resümee 190
  4. 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
    1. 4.1 Kraus als Literaturvermittler 196
      1. 4.1.1 Modernität und Kontinuität 199
      2. 4.1.2 Diskontinuitäten: 1934–1938–1945 210
      3. 4.1.3 Literatur und Katholizismus 216
      4. 4.1.4 Avantgarde und Provinzialismus 223
    2. 4.2 Der Literaturkritiker Kraus 226
    3. 4.3 Der Literatur-Organisator Kraus 245
      1. 4.3.1 Im Europa-Verlag 245
      2. 4.3.2 „Die Rampe“ 254
      3. 4.3.3 Literatur-Preise 259
    4. 4.4 Polemiken und Kämpfe im Feld 280
    5. 4.5 Resümee 294
  5. 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
    1. 5.1 Elemente einer Kraus’schen Kulturpolitik 302
    2. 5.2 Jenseits der Parteipolitik? 307
    3. 5.3 Die Kulturkontaktstelle 323
    4. 5.4 „Europalia 1988“ 338
  6. 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
    1. 6.1 Der kulturelle Kalte Krieg in Europa 355
    2. 6.2 Die Round-Table-Gespräche der ÖGL 367
    3. 6.3 Die ÖGL und der „Marshall Plan for the Mind“ 375
    4. 6.4 Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 385
  7. 7. RESÜMEE 399
  8. 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
    1. 8.1 Ungedruckte Quellen 403
      1. 8.1.1 Nachlässe 403
      2. 8.1.2 Sammlungen 403
    2. 8.2 Gedruckte Quellen 404
      1. 8.2.1 Zeitungen und Zeitschriften (in Auswahl) 404
      2. 8.2.2 Primärliteratur 404
      3. 8.2.3 Sekundärliteratur 409
  9. 9. PERSONENREGISTER 437
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