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An Symposien wurde u. a. realisiert: „Die Eigenständigkeit der österreichi-
schen Literatur“, (Brüssel), „Literatur aus Österreich“ (Bonn), „Österreichische
Literatur des 20.
Jahrhunderts“ (St.
Andrews, Schottland) sowie dem Werk und
der Person Robert Musil gewidmete Konferenzen in Paris, London, Rom, War-
schau, Madrid sowie Mexiko. Die „Österreichischen Literaturtage“ fanden in
Lissabon, Coimbra und Porto (Portugal) statt.165
Im Jahr 1981 war Elias Canetti das Zentrum der kulturpolitischen Aufmerk-
samkeit, da er den Nobelpreis für Literatur erhalten hatte, wobei im Zuge der
Berichterstattung „dessen starke Beziehung zu Wien“ gewürdigt wurde, und
„neben der üblichen Buchaktion für ausländische Universitäten“ wurde „eine
Sonderaktion mit Werken Canettis“166 durchgeführt. Im Ausland fanden 32
Lesungen von österreichischen Autorinnen und Autoren statt, ohne dabei im
„Außenpolitischen Bericht“ genauer aufgeschlüsselt zu sein. Hervorgehoben
werden die Lesungen von Peter Turrini und Wolfgang Bauer in Israel anlässlich
der Aufführung ihrer Stücke Der tollste Tag bzw. Magic Afternoon. Die Hälfte
der 92 Symposien und Seminare sowie der rund 160 Vorträge hatten literarische
Themen zum Gegenstand, was „die Bedeutung unterstreicht, die der zeitgenös-
sischen Literatur in der Auslandskulturarbeit beigemessen wird“167, wie dem
„Außenpolitischen Bericht“ zu entnehmen ist.
Kraus war sich darüber im Klaren, dass er sich bei seiner kulturpolitischen Tätig-
keit im Außenministerium auch Feinde machte, denn obwohl er sich „aus den
Fäden persönlicher Kontakte eine feste Architektur“ aufgebaut hatte, die „sehr
tragfähig und attraktiv“ war, musste aus seiner Sicht im Vordergrund „eine frucht-
bare Gehirnarbeit stehen, sonst wird daraus nur Geschwätz und Intrigantentum“.168
Er geriet bezüglich seiner kulturpolitischen Praxis zunehmend ins Kreuzfeu-
er der Kritik. So äußerte sich Hermann Lein, der seit 1971 die Literaturabteilung
des Unterrichtsministeriums leitete und 1977 zum Sektionschef für Kunstange-
legenheiten avancierte, Kraus’ „jetzige Tätigkeiten seien ‚miteinander nur schwer
vereinbar‘, wünscht[e] dem Literaturherrscher ‚frischen Wind‘ für seine Gesell-
schaft und bemerkte, dass sich Kraus „‚mitunter für junge Autoren nicht die Zeit
genommen‘“ habe, die „‚er sich hätte nehmen sollen.‘“169
Auch die Behandlung der österreichischen Musiker im Rahmen des auslands-
kulturpolitischen Programms sorgte für Empörung, woran Kraus nicht ganz
165 Ebd.
166 Bundesministerium für Auswärtige Angelegenheiten (Hg.): Außenpolitischer Bericht 1981.
Wien: BMAA 1982, S. 139.
167 Ebd.
168 Wolfgang Kraus: Tagebuch, 26. Juni 1975, NL WK.
169 N. N.: Arabesken des Lebens. In: Profil. 25. Jänner 1977, S. 54 f., hier S. 55.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Kulturkontaktstelle 335
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Titel
- Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Autor
- Stefan Maurer
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23312-1
- Abmessungen
- 15.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 452
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
- 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
- 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
- 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
- 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
- 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
- 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
- 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
- 3.6 Forum der Jugend 180
- 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
- 3.8 Resümee 190
- 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
- 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
- 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
- 7. RESÜMEE 399
- 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
- 9. PERSONENREGISTER 437