Seite - 358 - in Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Bild der Seite - 358 -
Text der Seite - 358 -
tionale Atomenergie-Behörde betont wurde,12 sondern auch als ein „Bollwerk“
gegen den Kommunismus.13 Bis Anfang der 1960er Jahre war innenpolitisch
und vor allem im Feld der öffentlichen Debatten in Österreich von einer damit
bezeichneten Position als Vermittler eher wenig zu bemerken. In den 1950er
Jahren waren die Fronten noch verhärtet, was an der vierfachen Besatzung Öster-
reichs zwischen 1945 und 1955, die oftmals als „Rechtlosigkeit“ im eigenen Land
empfunden wurde, sowie an der Befürchtung einer kommunistischen Mach-
tübernahme lag: „The Austrians were astute in utilizing superpower ideological
antagonism to their advantage by frequently raising the spectre of imminent
communist takeover.“14
Während mit den Marshall-Plan-Geldern der USA der Wiederaufbau ermög-
licht, aber auch der Einfluss der sowjetischen Besatzung eingedämmt werden
sollte15 und Österreich sich zunehmend nach Westen hin orientierte,16 bis es
mit dem Staatsvertrag 1955 die staatliche Souveränität erlangte, wurde im lite-
rarischen Feld ein Kampf gegen die Moderne geführt. Michael Rohrwasser ver-
weist darauf, dass sich in Österreich der politische Subtext dort stärker abzeich-
nete, wo eigentlich nicht von Politik die Rede ist. Vielmehr insinuierten die
Opponenten das Politische dergestalt, dass nicht selten auf der einen Seite ein
„verkappter Nazi“ und auf der anderen ein heimlicher Kommunist „enttarnt“
wurde, wobei ästhetische Beurteilungen immer politisch verpackt waren.17
Akzeptanz wie auch Erfolg einer Künstlerin bzw. eines Künstlers beruhten „auf
der Ausgrenzung politischer Themen, dem Vergessen der jüngsten Vergangen-
heit, dem Absehen von sozialen, politischen und militärischen Konflikten bzw.
12 Vgl. Eric Frey: Konferenzplatz Wien: Vienna as an International Conference Site. In: Günter
Bischof, Fritz Plasser, Anton Pelinka, Alexander Smith (Hg.): Global Austria. Austria’s Place in
Europe and the World. New Orleans: Univ. of New Orleans Press 2011 (= Contemporary Aus-
trian Studies 20) S. 147–160.
13 Vgl. Karin Liebhart, Andreas Pribersky: Brücke oder Bollwerk? Grenzland Österreich – Ungarn.
In: Emil Brix, Ernst Bruckmüller, Hannes Stekl (Hg.): Memoria Austriae II. Bauten, Orte, Regi-
onen. Wien: Verlag für Geschichte und Politik 2005, S. 411–441.
14 Günter Bischof: Austria in the First Cold War, 1945–55. The Leverage of the Weak. Hounds-
mill [u. a.]: MacMillan Press Ltd. 1999, S. 5.
15 Vgl. Günter Bischof, Anton Pelinka, Dieter Stiefel (Hg.): The Marshall Plan in Austria. New
Brunswick, London: Transaction Publishers 2000 (= Contemporary Austrian Studies 8).
16 Vgl. Günther Bischof: „Austria looks to the West“. Kommunistische Putschgefahr, geheime
Wiederbewaffnung und Westorientierung am Anfang der fünfziger Jahre. In: Thomas Albrich,
Klaus Eisterer, Michael Gehler, Rolf Steininger (Hg.): Österreich in den Fünfzigern. Innsbruck:
Österreichischer Studien-Verlag 1995 (= Innsbrucker Forschungen zur Zeitgeschichte 11),
S. 183–210.
17 Rohrwasser: „manche meinen / lechts und rinks / kann man nicht / velwechsern. / werch ein
illtum!“. In: Eder, Vogel (Hg.): verschiedene sätze treten auf, S. 83.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
358 Kontaktperson, Vermittler, Dolmetscher
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Titel
- Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Autor
- Stefan Maurer
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23312-1
- Abmessungen
- 15.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 452
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
- 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
- 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
- 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
- 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
- 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
- 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
- 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
- 3.6 Forum der Jugend 180
- 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
- 3.8 Resümee 190
- 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
- 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
- 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
- 7. RESÜMEE 399
- 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
- 9. PERSONENREGISTER 437