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Präsident des „International Literary Center“, einer Organisation, die mehr als
zwanzig Jahre lang indirekt über ein weit verzweigtes europäisches Netzwerk
von Buch- und Zeitschriftenverlagen sowie unverdächtigen kulturellen Organi-
sationen wirkte.94 Diese Art der „psychologischen Kriegsführung“ richtete sich
gegen die kommunistische Ideologie und sollte den Intellektuellen im Osten den
„geistigen Anschluss“ an den Westen ermöglichen. Im Zeitraum zwischen 1956
und 1991 gelangten ca. 10 Millionen westliche Bücher und Druckschriften in
den kommunistischen Staaten. Das „book distribution programme“, welches
zwischen 1956 und 1991 bestand, war „a specific type of political warfare against
the Soviet bloc that went wholly unnoticed in the West during the Cold War“.95
Es wurden Bücher an Schlüsselpersonen, Bibliotheken, Forschungsinstitutionen,
kulturelle Organisationen, Universitäten und Schulen in insgesamt sechs Län-
dern des Warschauer Paktes verteilt, womit man die Wahrnehmungen, Ansich-
ten sowie Erwartungen bezüglich des Westens vor allem der politischen und
intellektuellen Elite positiv zu beeinflussen trachtete. Das Programm nahm einen
zentralen Platz in der heimlichen Propaganda der CIA ein, die bereits früh
erkannt hatte, dass Bücher sich von anderen Propagandamedien unterschieden:
„[O]ne single book can significantly change the reader’s attitude and action to
an extent unmatched by the impact of any other single medium […]. [T]his is,
of course, not true of all books at all times and with all readers – but it is true
significantly often enough to make books the most important weapon of strate-
gic (long-range) propaganda.“96
Der Hauptausführende dieses verdeckten „Propagandafeldzuges“ war der 1920
in Bukarest (Rumänien) geborene George
C. Minden, der bis 1943 Zivilrecht an
der Universität Bukarest studiert hatte und nach der kommunistischen Mach-
tübernahme nach England emigrierte, wo er die Universität Cambridge besuch-
te. Zwischen 1948 und 1954 unterrichtete er Englisch in Cartagena und Madrid,
avancierte zum Direktor der „School for Modern Languages“ in Mexico City
und übersiedelte 1955 in die USA, wo er als Analyst des „Free European Com-
mittee“ (FEC) tätig war. 1958 wurde Minden zum Leiter des „Book Center Depart-
ments“ der „Free Europe Press“ und im Mai 1961 erfolgte seine Ernennung zum
Direktor des neu gegründeten „Communist Bloc Operations Department“. Im
März 1963 wurde er zum Direktor der „Publications and Special Projects Divi-
94 Vgl. Reisch: Hot Books in the Cold War, S. 44–56.
95 Mark Kramer: Book Distribution as Political Warfare. In: Reisch: Hot Books in the Cold War,
S. IX–XXVIII, hier S. X.
96 U.S. Congress, Senate, Select Committee to Study Governmental Operations with Respect to
Intelligence Activities, Foreign and Military Intelligence: Final Report, 7 vols, 94th Cong., 2nd
Sess., 24. April 1976, Book I, S. 193. Zit. n. Kramer: Book Distribution as Political Warfare,
S. XIII.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die ÖGL und der „Marshall Plan for the Mind“ 377
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Titel
- Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Autor
- Stefan Maurer
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23312-1
- Abmessungen
- 15.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 452
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
- 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
- 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
- 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
- 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
- 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
- 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
- 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
- 3.6 Forum der Jugend 180
- 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
- 3.8 Resümee 190
- 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
- 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
- 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
- 7. RESÜMEE 399
- 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
- 9. PERSONENREGISTER 437