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Kunst und Kultur
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Seite - 387 -
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Wir hüten uns vorsorglich, ‚offizielle Persönlichkeiten‘ unter den Schriftstellern, Kritikern, Verlagsleuten zu uns einzuladen oder solche, die als linientreue Sprecher der offiziellen Ideologie gelten. Wir vermeiden dies deshalb, da man dem Einge- ladenen sonst eine Festigung seiner Position zuteil werden lässt. […] Wir haben uns daher mit Hilfe meiner zahlreichen Reisen nach dem Osten und durch Ver- mittlung liberalerer Schriftsteller […] einen Personenkreis geschaffen, von dem wir wissen, dass er mit der Partei nur so viel zu tun hat, als es unbedingt sein muss. […] Ich habe bisher mit grosser Hartnäckigkeit Einladungen an alle jene Leute vermieden, die uns von östlicher Seite als Exponenten eines Kulturaustausches empfohlen wurden.145 Die ÖGL konnte in ihrer Einladungspolitik nur kurz vom zwischen 1953 und 1962 herrschenden „Tauwetter“ profitieren, während es in der sogenannten Stag- nationszeit unter Leonid Breschnew zwischen 1964 und 1985 immer schwieri- ger wurde, regimekritische Intellektuelle aus dem Osten, insbesondere aus der UdSSR, einzuladen. Erst mit Gorbatschows „Perestrojka“ (1986 bis 1991) wurde dies wieder möglich.146 Dennoch unterstützte die ÖGL die dissidenten Kreise bzw. diejenigen russischen Intellektuellen, denen ihre materielle Grundlage durch Arbeitsverbot entzogen wurde bzw. die später ausgebürgert oder ausgewiesen werden sollten. Die ÖGL sprach auch immer wieder über offizielle Kanäle, d. h. über die österreichische Botschaft in Moskau bzw. den Schriftstellerverband der UdSSR Einladungen aus: Der Name der [ÖGL] wird Ihnen, wie wir hoffen, nicht mehr unbekannt sein. Wir hatten bereits im vergangenen Jahr das Vergnügen, Herrn Georgij Bondarew als unse- ren Gast bei einem internationalen Roman-Kongress in Wien zu begrüßen und möch- ten Ihnen bei dieser Gelegenheit noch sagen, dass wir uns über den Besuch von Bondarew sehr gefreut haben. […] [Wir] haben wir uns entschlossen, zwei russische Essayisten, die sich mit österreichischer Literatur befassen, zu einem einmonatigen Studienaufenthalt nach Wien einzuladen. Es handelt sich um die Herren [Lew Kopelew und Efim Etkind]. […] Wir würden beiden Herren die Möglichkeit geben, österrei- chische Autoren kennenzulernen, Theater zu besuchen und in unseren Bibliotheken zu arbeiten, sowie sich mit allen anderen Belangen ihres Fachgebiets zu beschäftigen. […] Wir wären Ihnen, sehr geehrte Herren, sehr verbunden, wenn Sie den Aufent- halt der Herren Kopelew und Etkind in Wien ermöglichen könnten.147 145 Abschrift eines Briefes von Wolfgang Kraus an Shepard Stone, 13.  Dezember 1965, ÖGL-Archiv. 146 Städtke, Engel (Hg.): Russische Literaturgeschichte, S. 355. 147 Beilage zu einem Brief von Wolfgang Kraus an Lew Kopelew vom 10.  Jänner 1966: Kraus an den Schriftstellverband der UdSSR, 10.  Jänner 1966, ÖGL-Archiv. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0 Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 387
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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Titel
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Autor
Stefan Maurer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23312-1
Abmessungen
15.8 x 24.0 cm
Seiten
452
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
    1. 1.1 Forschungsstand, Quellen und theoretische Ansätze 9
    2. 1.2 Biographische Einführung 22
  2. 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
    1. 2.1 Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945 48
      1. 2.1.1 Politische Rahmenbedingungen: Österreich nach 1945 49
      2. 2.1.2 Institutionen, Kulturveranstaltungen und Vereine 54
      3. 2.1.3 Zeitschriften und Rundfunk 61
      4. 2.1.4 Literaturpreise und staatliche Förderung 70
      5. 2.1.5 Private Initiativen 71
      6. 2.1.6 Verlagssituation und Buchhandel 74
    2. 2.2 Resümee 78
  3. 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
    1. 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
      1. 3.1.1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGL 87
      2. 3.1.2 Staatliche Subvention 92
      3. 3.1.3 Stellungnahmen zur ÖGL 94
      4. 3.1.4 Aufgaben und Zielsetzungen der ÖGL 96
    2. 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
    3. 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
    4. 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
    5. 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
    6. 3.6 Forum der Jugend 180
    7. 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
    8. 3.8 Resümee 190
  4. 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
    1. 4.1 Kraus als Literaturvermittler 196
      1. 4.1.1 Modernität und Kontinuität 199
      2. 4.1.2 Diskontinuitäten: 1934–1938–1945 210
      3. 4.1.3 Literatur und Katholizismus 216
      4. 4.1.4 Avantgarde und Provinzialismus 223
    2. 4.2 Der Literaturkritiker Kraus 226
    3. 4.3 Der Literatur-Organisator Kraus 245
      1. 4.3.1 Im Europa-Verlag 245
      2. 4.3.2 „Die Rampe“ 254
      3. 4.3.3 Literatur-Preise 259
    4. 4.4 Polemiken und Kämpfe im Feld 280
    5. 4.5 Resümee 294
  5. 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
    1. 5.1 Elemente einer Kraus’schen Kulturpolitik 302
    2. 5.2 Jenseits der Parteipolitik? 307
    3. 5.3 Die Kulturkontaktstelle 323
    4. 5.4 „Europalia 1988“ 338
  6. 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
    1. 6.1 Der kulturelle Kalte Krieg in Europa 355
    2. 6.2 Die Round-Table-Gespräche der ÖGL 367
    3. 6.3 Die ÖGL und der „Marshall Plan for the Mind“ 375
    4. 6.4 Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 385
  7. 7. RESÜMEE 399
  8. 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
    1. 8.1 Ungedruckte Quellen 403
      1. 8.1.1 Nachlässe 403
      2. 8.1.2 Sammlungen 403
    2. 8.2 Gedruckte Quellen 404
      1. 8.2.1 Zeitungen und Zeitschriften (in Auswahl) 404
      2. 8.2.2 Primärliteratur 404
      3. 8.2.3 Sekundärliteratur 409
  9. 9. PERSONENREGISTER 437
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