Seite - 395 - in Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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würde eine erschöpfende Abhandlung der Institution Österreich-Bibliothek den
gegebenen Rahmen sprengen, weshalb im Folgenden eine kurze Beschreibung
des Konzepts sowie die Gründungsphase aus der Perspektive des daran maß-
geblich beteiligten Akteurs vernünftig erscheinen.
Die ursprüngliche Anregung, Bibliotheken, die mit österreichischer Literatur
ausgestattet waren, in den Ländern des realen Sozialismus einzurichten, die sich
seit 1988/1989 in „einem Übergangsstadium zur Demokratie und Marktwirt-
schaft“ befanden, trug Kraus, mit Hilfe des Ministerialbeamten Bernhard Still-
fried, dem damaligen Leiter der kulturpolitischen Sektion im Außenministeri-
um, an den damaligen Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten, Alois
Mock, heran. Die Bedingungen für die Implementierung des Projekts waren in
vier Punkte gegliedert: Die (1) Eingliederung der Österreich-Bibliotheken im
jeweiligen Land sollte in eine „funktionierende akademische bzw. öffentliche
Bibliothek“186 erfolgen, (2) die Räumlichkeiten zur Unterbringung der österrei-
chischen Bücher, die als Spende übergeben wurden, sollten kostenlos zur Ver-
fügung gestellt werden, (3) die Möglichkeit einer öffentlichen Benutzung sollte
bestehen und (4) die österreichischen Bücher sollten durch das jeweilige Biblio-
thekspersonal betreut werden.
Das Land Österreich stellte entsprechende finanzielle Mittel zur Verfügung,
damit Abonnements von Zeitungen und Zeitschriften genutzt werden konnten,
und geplant war, den Bestand der Österreich-Bibliotheken einmal jährlich durch
Lieferungen von Neuerscheinungen und „dringend benötigten Werken mit Öster-
reich-Bezug“187 zu ergänzen. Des Weiteren wurden zur Aufrechterhaltung und
zum Ausbau enger fachlicher Beziehungen mit österreichischen Institutionen
und Bibliotheken Stipendien angeboten, dabei pro Bibliothek vier Wochen jähr-
lich, aufteilbar auf mehrere Personen. Diese Stipendien wurden aufgrund von
Einladungen österreichischer Partnerinstitutionen über diese vergeben.
Der thematische Schwerpunkt lag an manchen Standorten eher „auf der Erar-
beitung der gemeinsamen Geschichte“, während andere einen größer „angeleg-
ten Leihbetrieb für die Bevölkerung“188 betrieben. Selbstverständlich sollten die
Österreich-Bibliotheken bzw. die betreuende ausländische Institution auch die
Möglichkeit für Veranstaltungen wie Ausstellungen, Vorträge, Lesungen und
Abhaltung von Seminaren bieten. Für Kraus lag es „auf der Hand, daß von öster-
reichischer Seite vor allem Standorte von kulturell-wissenschaftlicher Bedeutung
bevorzugt werden, an denen bisher keine österreichische Vertretung tätig“189
186 Wolfgang Kraus: Österreich-Bibliotheken in Zentral-, Ost- und Südosteuropa, ms. Ts., 2 Bl.,
dat. Sommer 1991, NL WK.
187 Ebd.
188 Ebd.
189 Ebd.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 395
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Titel
- Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Autor
- Stefan Maurer
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23312-1
- Abmessungen
- 15.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 452
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
- 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
- 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
- 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
- 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
- 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
- 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
- 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
- 3.6 Forum der Jugend 180
- 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
- 3.8 Resümee 190
- 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
- 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
- 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
- 7. RESÜMEE 399
- 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
- 9. PERSONENREGISTER 437