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14 Einleitung
demokratischen Rumänien (bzw. der zuständigen Forstbehörde, Romsilva) restituiert
zu bekommen.4 Dabei handelt es sich im heute rumänischen Anteil der ehemals öster-
reichischen Bukowina – und nur der ist davon betroffen, da der Norden zur Ukraine
gehört – immerhin um etwa 166.000 Hektar Wald (also ein Fünftel der Gesamtfläche
des Kreises Suceava), an die 150 Gebäude und mehr als 1000 Kilometer an Wegen.5 Im
Februar 2017 wurde dieser langwierige Prozess in letzter Instanz schließlich durch den
Kassationsgerichtshof in Bukarest zugunsten von Romsilva entschieden. Die Kirche be-
sitzt damit auf Restitution keinen weiteren rechtlichen Anspruch mehr.6 Das Pressebüro
des Erzbischofs reagierte unmittelbar darauf mit einem Communiqué, indem erneut
auf die Zwangsenteignung Bezug genommen und in einem umfassenden historischen
Rückblick darlegt wird, dass der Religionsfonds zu keinem Zeitpunkt seit seiner Grün-
dung bis zur Auflösung Eigentum des Staates gewesen sei.7 Die Regierung in Bukarest
hatte bereits zuvor unter Victor Ponta (Premierminister Rumäniens von 2012 bis 2015)
ebenfalls anlässlich eines Gerichtsurteils der vorangegangenen Instanz vorgeschlagen,
dass die Erträge aus den Wäldern der Südbukowina doch für die Erhaltung der Kultur-
güter in der Region eingesetzt werden sollten.8 Soweit die gegenwärtige Situation.
Die vorliegende Studie beschäftigt sich nicht oder nur ganz am Rande mit der aktu-
ellen Situation der Rumänisch-Orthodoxen Kirche und ihrem Verhältnis zur Regierung
in Bukarest, aber – wie eingangs angedeutet – lassen diese Ereignisse deutlich instituti-
onelle Persistenzen des Religionsfonds erkennen : da ist zum einen die enge wechselsei-
tige Beziehung zwischen Fonds und Staat sowie sein Gestaltungspotential für die Region
seit seiner Gründung und zum anderen die
– selbst während der österreichischen Zeit
–
eigentlich ungeklärt gebliebene sehr konkrete Frage nach dem letztlichen Eigentum der
betroffenen Güter. Den Hinweis auf diesen Aspekt bleibt das Erzbistum in seiner Argu-
mentationslinie schuldig, obwohl gerade hier ein zentraler Punkt im Gesamtverständnis
der Thematik ruht. Vielmehr leitet der Erzbischof, aus seinem Selbstverständnis heraus,
den Eigentumsanspruch an diesen Gütern ganz klar aus der Bibel ab. Allerdings ver-
hält sich die Sachlage wesentlich komplizierter. Die über den gr.-orient. Religionsfonds
verwalteten Güter stammten zwar aus klösterlichem bzw. kirchlichem Besitz, den die
Klöster zuvor als religiöse Stiftungen zum Dank und für das Seelenheil wiederum von
den moldauischen Landesfürsten überantwortet bekommen hatten. Allerdings waren
4 Zur Situation der Wälder im Judeţ Suceava zwischen 1945–2002, inklusive einer genaueren Aufglie-
derung der jeweiligen Besitzer nach Bezirken und ihrer Erträgnisse vgl. Marcean 2002, Pădurile.
5 Manolache 2014, Fondul.
6 Anonymus 2017, Romsilva.
7 Biroul (Hg.) 2017, Comunicat.
8 Anonymus 2014, Fondul.
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439