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Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 123
sierte Bischof Andrei Schaguna ein.33 Sein eigener Handlungsspielraum erstreckte sich
aus Überzeugung klar zwischen einem konsequenten Streben um die Verbesserung der
sozio-ökonomischen Situation der orthodoxen Kirche sowie ihrer Gläubigen in Sie-
benbürgen und einer gleichzeitig dazu ebenso unbedingten Loyalität gegenüber dem
angestammten Herrscherhaus der Habsburger. Die Revolution als Aufstand gegen eine
legitime Herrschaft musste daher aus seinem Blickwinkel
– auch angesichts der von ihm
persönlich wahrgenommenen Folgen – als »nichts weniger als eine Katastrophe« er-
scheinen.34 Darin passte sich das vom Hermannstädter Oberhirten zeitlebens vertretene
Konzept eines multinationalen, jedoch autonomen (von der ungarischen Stephanskrone
unabhängigen) Kronlandes Siebenbürgen nahtlos ein. Unter diesen Prämissen verstand
Schaguna wohl auch seine Idee der Einrichtung einer gesamtrumänischen Metropolie
des (zu diesem Zeitpunkt noch) österreichischen Kaiserreiches, die er anlässlich einer
am 15. Oktober 1850 nach Wien einberufenen orthodoxen Synode vorbrachte.35 Kon-
zeptionell für Schaguna, der die Laienbewegung innerhalb der Kirche massiv unter-
stützte, war seine kategorische Ablehnung einer ›herrschenden‹ orthodoxen Kirche.36
Beides waren Anliegen, die sich erst aus dem siebenbürgischen Kontext verstehen lassen.
Gerade daran entzündete sich indes der Gegensatz zu Eugen Hackmann. Hatte in
der Grundsatzforderung nach einer Entflechtung von der Karlowitzer (von den Ru-
mänen als serbisch dominiert empfundenen) Metropolie noch ein weitgehender Kon-
sens bestanden, so erschien aus Czernowitzer Perspektive – wo die orthodoxe Kirche
eine privilegierte Stellung besaß – die Errichtung einer gemeinsamen, die politischen
Provinzen überschreitenden orthodoxen (rumänischen) Metropolie als unannehmbar,
obgleich sich der Bukowiner Bischof damit in eine vehemente Opposition zu den nati-
onal gesinnten rumänischen Kreisen seiner eigenen Diözese begab. Letztere bedachte
Hackmann polemisch als Allegorie »menschlichen Ehrgeizes im Priestergewand mit
dem Zwietrachtsapfel«.37 Hackmann, der seine Argumentationslinien vor allem aus dem
Kirchenkanon heraus begründete38, führte gegen die von ihm geradezu in apodikti-
scher Weise betriebene Ablehnung einer gemeinsamen Metropolie im Wesentlichen vier
33 Dazu biographisch ausführlicher Schneider 2005, Metropolit.
34 Hitchins 1977, Orthodoxy, 46 u. 78.
35 Hitchins 1977, Orthodoxy, 100 u. 79 ; im Original : Adresa Episcopului Andreiu Şaguna cătră epi-
scopul Bucovinei, Eugenie Hacman, prin care cere părerea acestuia şi a clerului din Bucovina asupra
unor puncte privitóre la independenţa ierarchică a Românilor ; Olmütz 18.IV.1849 ; abgedruckt in
Puşcariu 1900, Metropolia, 40–43 ; ausführlicher zu Schagunas Reformpoltitik in Siebenbürgen
vgl. Abrudan 2015, Ortodoxie.
36 Schneider 2005, Metropolit, 14 u. 59.
37 Styrcza et al. 1864, Einigkeitsruf, Vorwort.
38 Zusammenfassend dazu Hackmann 1864/1899, Sendschreiben.
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439