Page - 135 - in Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949 - Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
Image of the Page - 135 -
Text of the Page - 135 -
Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 135
Anordnung des Landesfürsten ab […] im Namen der Kirche […] keineswegs aber von
der Kirche«. Dem Landtag jedoch obliege darin lediglich die Sorge über Fonds aus dem
eigenen Landesvermögen, nicht jedoch jenem der Kirche. Ein jeder anderslautender
Beschluss – so das Ministerium warnend – wäre entsprechend eindeutig ein »Eingriff
in die der Krone vorbehaltenen Rechte«.77 Auf Landesebene stellte Eugen Hackmann
dem Ansinnen der »Herren« das drastisch gezeichnete Bild einer überhaupt erst durch
den geistlichen Regulierungsplan unter Joseph II. begründeten und darauf bis dato er-
blühenden Bukowina gegenüber, nicht ohne zugleich wiederholt auf die Folgen einer
kirchlichen Vereinigung mit Siebenbürgen zu verweisen. Einen direkten Angriff auf die
dahinterliegenden Absichten der rumänischen Großgrundbesitzer – wie sie im Minis-
terialbericht dezidiert geäußert worden waren und die wohl auch der Bischof kannte –
vermied Hackmann allerdings geschickt :
Se. Majestät weiland Kaiser Joseph
II. begründete aus den bischöflichen und klösterlichen Gü-
tern in der Bukowina, welche bis dahin brache lagen, und wobei nur einige wenige vollauf
hatten, der ganze übrige Clerus aber im Elende und in der Unwissenheit, und das Volk in Fins-
ternis, Aberglauben und in moralischer Versunkenheit verschmachtete, den heutigen Bukowi-
ner Religionsfond und öffnete hiedurch einen reichen, unversiegbaren Born des materiellen,
geistigen und religiös-moralischen Wohles für die ganze Diöcese.78
Der Bukowiner Religionsfond ist gross genug für die Bukowiner Diöcese, deren rechtmässiges
Eigentum er ist. Sollte er aber auf alle Diöcesen oder nur auf die romanischen vertheilt werden,
so verschwindet er und schrumpft zu einem unbedeutenden Unterstützungsbeitrage für jede
derselben zusammen. Alsdann müsste die Diöcese bei ihrem großen Vermögen entweder darben
oder es würde die last ihrer besseren Erhaltung grösstentheils auf das Volk fallen, wie dies in den
übrigen romanischen und serbischen Diöcesen der Fall ist. Und das wünschen Sie, meine Her-
ren, als gute Patrioten und getreue Söhne Ihrer Mutterkirche und Ihres Mutterlandes ?79
Nachdem die Adresse des Landtages von 1863 vorerst ohne Folgen geblieben war,
drängte Hormuzaki drei Jahre später
– ebenfalls im Landtag
– auf deren neuerliche Vor-
lage. In geradezu drastischen Worten schilderte er nochmals die aus seiner Sicht »anor-
male, rechtlose Lage der Bukowinaer Landeskirche«, die eine »Befreiung der gr. or. Kir-
77 DACZ 3/1/2142, fol. 29–31 ; Ministerium für Cultus und Unterricht an Landeschef der Bukowina
Rudolf Graf Amadei v. 31.XII.1862.
78 Hackmann 1864/1899, Sendschreiben, 124.
79 Hackmann 1864/1899, Sendschreiben, 178 ; eine detaillierte Analyse aus kirchenrechtlicher Sicht
zur Frage des Kirchenkongresses bietet Németh 2012, Zhishman, 172–184.
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439