Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Historische Aufzeichnungen
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949 - Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
Page - 178 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 178 - in Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949 - Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus

Image of the Page - 178 -

Image of the Page - 178 - in Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949 - Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus

Text of the Page - 178 -

178 Die Institution: Struktur & Werte logischen Fakultät heftige Gegenwehr der rumänischen Seite aus, die mehr und mehr alle kirchlichen Angelegenheiten als ihr ureigenes, nationales Terrain betrachtete. 1896 hatte das Kultusministerium eine ordentliche Lehrkanzel für praktische Theologie mit ruthenischer Vortragssprache an der Alma Mater Franciso Josephina freigegeben bzw. systemisiert.236 Besetzt wurde die Professur im März 1899 mit dem bisherigen Gymna- sialkatecheten Dionys Jeremijczuk. Die Bukowinaer Post vertrat in diesem Fall noch den grundsätzlichen Standpunkt, dass die gr.-orient. Kirche »nach ihrer Geschichte eine ru- mänische Kirche« sei. Sie bezeichnete den Erzbischof und den amtierenden Landesprä- sidenten Friedrich Bourguignon237 als dezidierte Ruthenenfreunde.238 Jeremijczuk sei mithin auf Betreiben Smal-Stockyjs »ohne wissenschaftliche Eignung […] mit rasender Eile zum Universitätsprofessor für die gr.-or. Theologie befördert worden«.239 Noch ein Jahr zuvor, zu Pfingsten, schlug der Landtagsabgeordnete Hierotheus Pihu- liak (1851–1924)240 anlässlich einer Volksversammlung, die beim ruthenischen Natio- nalhaus in Czernowitz ihren Ausgang genommen hatte und dann im Musikvereinssaal tagte, andere Töne an. Ein Leitartikel der ruthenischen Zeitung Буковина [Bukowina] druckte die Ansprachen der Hauptredner Pihuliak und Smal-Stockyj in voller Länge ab.241 Letzterer erhob insbesondere die Forderung einer Öffnung der Wahlkurien, so- dass endlich auch die bäuerliche Bevölkerung eine angemessene Vertretung im Land- tag wie im Wiener Reichsrat bekommen könne. Dabei zeigte sich deutlich die soziale (und nationale) Dimension dieses politischen Anliegens sowie die schon erwähnte Rolle des Religionsfonds, mithin der gr.-orient. Kirche, als größtem Grundbesitzer des Kronlandes. Zwischen den Zeilen der Kritik versteckte sich darüber hinaus ein gezielt angebrachter Unterton gegen die jüdische Bevölkerung der Bukowina, die gemeinhin in ihrer Form als Pächter (von Religionsfondsgütern) und damit als Ausbeuter der Bau- ern adressiert wurde.242 Ein entsprechendes Memorandum sollte dem Kaiser vorgelegt werden. Die eigenen Bauern hingegen forderte man auf, dem Verein Rus’ka Rada, der 236 Erlass Ministerium für Cultur und Unterricht v. 24.XI.1896, Zl. 28.772 ; nach Akademischer Se- nat (Hg.) 1900, Universität, 52. 237 Bourguignon vertrat zwischen 1897 und 1903 als Landespräsident die Interessen des Kaisers bzw. der Wiener Regierung in der Bukowina. 238 Bukowinaer Post Nr. 834 v. 27.IV.1899, 5, Zum Falle Jeremijczuk. 239 Bukowinaer Post Nr. 857 v. 25.VI.1899, 2, Smal-Stockis jüngste That. 240 Rum. Ierotei Pihuleac, Mitglied der Nationaldemokratischen Partei, Abgeordneter zum Landtag der Bukowina (1890–1918) und zum Reichsrat (1898–1918) ; nach Satco 2004, Enciclopedia, 213. 241 Буковина Nr. 62/63 v. 27.V./8.VI. und v. 29.V./10.VI.1898, Народне вiче в Чернiвцах [Die natio- nale Volksversammlung in Czernowitz], nach einer Abschrift im DACZ 320/3/4, fol. 124–151. 242 Dieser antisemitische Unterton beschränkte sich freilich nicht ausschließlich auf die Vertreter der Jungruthen (etwa bei Pihuliak), sondern dieser Stimmung bediente sich in gleichem Maße auch die rumänische demokratische Bewegung unter Aurel Onciul ; vgl. seinen Artikel in Die Wahrheit Open Access © 2020 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN
back to the  book Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949 - Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus"
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949 Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
Title
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Subtitle
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
Author
Kurt Scharr
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20927-0
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
447
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Zum Geleit! 11
  2. Einleitung 13
  3. 1. Vorwort 13
  4. 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
    1. Soziologische Institutionenforschung 18
    2. Institutionen in den Geschichtswissenschaften 22
    3. Institution Religionsfonds 24
    4. Analyseeinheiten und Thesen 28
    5. Die Organisation: Von der Gründung zur Konsolidierung 33
  5. 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
  6. 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
    1. Kirchliche Ausgangssituation 43
    2. Diözesanregulierung & Einrichtung des Fonds 46
    3. Exkurs : Die Klostergüter um 1785 60
    4. Verpachtung oder Verkauf ? 71
    5. Zusammenfassung 86
  7. 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
    1. Jahrhunderts 89
    2. Wirtschaftsreformen & Religionsfonds 93
    3. Das Religionsfondsvermögen 100
    4. Zusammenfassung 112
    5. Die Institution: Struktur & Werte 114
  8. 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
    1. Die Ära Eugen Hackmann (1835–1873) 116
    2. Im Sog nationaler Politik : Silvester Morariu-Andriewicz (1880–1895) 151
    3. Zusammenfassung 171
    4. Ausgleichsversuche – Arkadius Czuperkowicz & Wladimir v. Repta (1896–1924) 173
    5. Zusammenfassung 211
  9. 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
    1. Die Institution in Bilanzdaten : die Jahre 1864 bis 1913 217
    2. … als Quelle von Förderungen 222
    3. … als Unternehmer: die Forstwirtschaft 227
    4. … als Kriegsverlierer nach 1918 ? 240
    5. Zusammenfassung 242
  10. 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
    1. Zwischen Autonomie und Zentralregierung 249
    2. Rumänische Kirche – Rumänischer Fonds ? 256
    3. ›În biserică nu e politică‹. Konsolidierungsversuche versus Dauerkrise 267
    4. ›În caz de evacuare‹. Der Krieg und seine Folgen 282
    5. Zusammenfassung 286
  11. 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
    1. Agrarreform und Religionsfonds 289
    2. Kulturpalast Czernowitz 294
    3. Kriegswirtschaft und Religionsfonds 297
    4. Zusammenfassung 304
  12. 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
    1. Jakobeny und seine Bodenschätze 307
    2. Die Manzschen Werke 310
    3. Übernahme durch den Religionsfonds 314
    4. Von Heilquellen zum Kurort : Dornawatra 328
    5. Umbruchszeiten: 1918 bis 1948 333
    6. Zusammenfassung 338
  13. 11. Zusammenfassungen 340
    1. Der Bukowiner Religionsfonds : Kontinuität einer Institution ? 340
    2. The Bukovina Religious Fund : continuity of an institution ? 348
    3. Fondul religionar bucovinean : continuitatea unei instituții ? 355
    4. Буковинський Релігійний фонд : безперервна діяльність інституції ? 363
  14. I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
  15. II. Abbildungsverzeichnis 377
  16. III. Abkürzungsverzeichnis 380
  17. IV. Literaturverzeichnis 381
  18. V. Personenregister 433
  19. VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949