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218 Die Institution: Struktur & Werte
die Hofkanzlei in Wien die Bewilligung für den Bau einer neuen Kathedrale – selbstre-
dend auf Kosten des Religionsfonds
– erteilt. Bis zur Fertigstellung der Bischofskirche in
Czernowitz, die 1864 eingeweiht wurde, flossen dafür 200.000 Gulden aus dem Fonds in
das markante Bauwerk zwischen oberer Herrengasse und späterem Austriaplatz.11 Für
den österreichischen Staat ergab das eine bequeme Situation, mussten doch kaum nen-
nenswerte Mittel für Kultuszwecke oder den Erhalt kirchlicher Bauten in der Bukowina
aus dem Zentralbudget eingesetzt werden.12 In ähnlicher Weise verhielt sich die Wiener
Regierung bei der Übertragung der Kirchenpatronatsrechte der eingemeindeten Vororte
von Czernowitz, als sie diese (und die damit verbundenen finanziellen Verpflichtun-
gen) 1847 dem Fonds abgetreten hatte.13 Im Fall des Gebäudes der Bukowiner Landes-
verwaltung streckte der Religionsfonds – auf Weisung des Kultusministeriums und mit
allerhöchster Sanktion – immerhin nur ein auf 35 Jahre zurückzahlbares Darlehen von
175.000 Gulden zum Ankauf der Gründe und zum Bau selbst vor.14
Den zweiten in seiner Höhe entschieden geringer ausfallenden Posten bestimmten
die unter ›Unterricht‹ summierten Aufwendungen. So finanzierte der Fonds in der Lan-
deshauptstadt zur Gänze die gr.-orient. Oberrealschule (seit 1853), die höhere Töchter-
schule15 (seit 1864) sowie eine Volksschule. Dazu kam noch das gr.-orient. Oberreal-
gymnasium16 in Suczawa (seit 1860) und die jährlichen Zuschüsse in den allgemeinen
Landesschulfonds der Bukowina.
In der Betrachtung beeindrucken insbesondere die enormen Steigerungsraten seit 1864,
sowohl ausgaben- als auch einnahmenseitig, sieht man einmal von den allein durch die
11 Gubernialverordnung an Bukowiner Kreisamt v. 15.VII.1843, Zl. 43309 ; nach Onciul 1891, Fondul,
195ff. Pahomi gibt 1.830.000 fl. als Baukosten für Kathedrale und Residenz an, die vom Religions-
fonds zu bestreiten waren. Die Zahl lässt sich in den Quellen nicht verifizieren ; vgl. Pahomi 1998,
Biserici, 138.
12 Bukowinaer Post Nr. 2194 v. 27.II.1908, 2, Die Bukowina und das Reich (VIII).
13 DACZ 320/2/35 Landesgubernium Lemberg an Konsistorium Czernowitz v. 13.XII.1847, Guber-
nialverordnung v. 8.III.1844, Zl. 10500, Entschluss Sr. Majestät v. 27.I.1844 ; damit übertrug das
Gubernium die Patronate der gr.-orient. Pfarreien in den Städten Suczawa, Czernowitz und Sereth
sowie (Zl. 55385) jene der nunmehrigen Czernowitzer Vorstädte (Rosch, Klokuczka, Kaliczanka
und Horecze) dem Religionsfonds.
14 ÖSTA-AVA Ministerium des Inneren A45 (1848–1899) 1614/1870 3/Buk, Ministerium für Cultus
und Unterricht an Ministerium des Inneren v. 8.IV.1870 (sowie nachfolgende Zahlen 3039/1869 ;
2200/1869) ; Der Staatsschatz sollte »nicht ohne zwingende Nothwendigkeit in Anspruch genom-
men werden« ; Zahl 2017/1869 allerhöchster Vortrag 4.V.1869 Wien, kaiserliche Ermächtigung v.
8.V.1869 Gödöllö.
15 1902 hatte der Religionsfonds für den Neubau 360.000 K bereitgestellt ; Neues Wiener Tagblatt Nr.
211 v. 2.VIII.1902, 6, Grundsteinlegung gr.-or. höhere Tochterschule.
16 Zu den höheren Schulen vgl. Fodor 2014, Învăţământul, 103–123 ; 205–219 ; 252–256.
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439