Page - 272 - in Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949 - Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
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272 Die Institution: Struktur & Werte
nicht aus dieser Region stammte. Für Puiu brachte der Wechsel vom bessarabischen Ho-
tin (und zuvor von Argeş, das sich in der Ärmlichkeit der Diözese nur wenig von Hotin
unterschied) nach Czernowitz eine Reihe von persönlich tiefgreifenden Veränderungen.
După examenu dat într-o eparhie totalemente săracă, voia lui Dumnezeu a fost să trec în alta
bogată, cea mai bogată din Ortodoxie, şi din episcopiile fără locuinţă să ajung să am cea mai
frumoasă reşidinţă, cum este palatul mitropolitan din Cernăuţi, în cara am locuit patru an şi
jumătate.95
Obwohl Außenstehender, hatte Puiu nach kurzem die Situation in der Bukowina gründ-
lich erfasst und in Nistor die Graue Eminenz der Politik ausgemacht. Schon wenige Tage
nach der feierlichen Inthronisation wurde ihm die angespannte Situation in der Diözese
vollauf bewusst. Misstrauisch beäugte man Puiu in Czernowitz als »Regăţean«, als je-
mandem aus dem Altreich.96 Der Czernowitzer Historiker Teodor Bălan zerstreute in
einem persönlichen Brief an Puiu noch vor der eigentlichen Wahl offensichtliche Be-
denken, das Amt des Metropoliten anzunehmen und versuchte den »Regionalismus der
Bukowiner Priesterschaft« zu relativieren. Puiu – so Bălan weiter – werde durch seine
»Energie und Intelligenz« überzeugen können. Allem voran, gleich einer Mahnung, un-
terstrich Bălan einleitend zu seinem Schreiben die außerordentliche Bedeutung des Re-
ligionsfonds, der »das ganze ökonomische Leben in der Bukowina beherrscht«.97
Für den neuen Metropoliten stellten sich in Czernowitz folglich, anders als bisher ge-
wohnt, zweierlei zentrale Aufgaben : die spirituelle Führung der Diözese als auch die
Leitung und Verwaltung ihres beträchtlichen Vermögens. Nach ersten Treffen und Be-
sprechungen mit Funktionären der Kirchen- wie Fondsverwaltung musste er jedoch
enttäuscht ein »Umfeld, das am Vergangenen gefesselt, erstarrt und decouragiert« war,
feststellen. Zudem scheuten die meisten Funktionäre aus Angst vor Drohungen der
Politiker, Reformen anzupacken.98 Gerade letzteres wollte Puiu hingegen energisch
angehen.99 Noch vor der Wahl des Metropoliten hatten die Liberalen um Nistor sich
selbstsicher die Reformagenden des Fonds ans Revers geheftet und losungshaft eine
95 [Nach den Weihen in eine völlig arme Gemeinde eingetreten, war es der Wille Gottes, in eine andere
reiche, die reichste der Orthodoxie zu wechseln, und von einer Diözese ohne Obdach in einer so
wundervollen Residenz anzukommen, wie es der Metropolitanpalast von Czernowitz ist, in welchem
ich viereinhalb Jahre wohnte] ; Puiu 2014, Însemnări, 92.
96 Valenciuc 2004, Puiu, 43.
97 ANR-B Fonds 823 pach. 44–1935, Bălan an Puiu, Czernowitz v. 11.X.1935.
98 Puiu 2014, Însemnări, 94–100.
99 Glasul Bucovinei Nr. 4705 v. 8.XII.1935, Titelseite, Cuvântul Mitropolitului.
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439