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274 Die Institution: Struktur & Werte
Metropoliten noch auf ein einfaches Vorschlagsrecht für das Administrationspersonal
reduziert.103 Der vormals mächtige Eparchialrat und die Eparchialversammlung verloren,
ausgehend von ihrem bisherigen Einfluss, auf allen Ebenen beträchtlich an Macht, die
nun dem Metropoliten zufiel. Damit war eine, der kurzen Periode unter Repta nach 1918
ansatzweise vergleichbare Situation eingetreten, die Puiu theoretisch mit weitgehenden
Kompetenzen ausstattete. Praktisch verfügte diese doch tiefgreifende Strukturreform
nicht über die nötige Zeit, sich in der Realität voll entfalten zu können. Zugleich verord-
nete die Religionsfondsverwaltung – wohl auch vor dem Hintergrund der allgemeinen
Radikalisierungstendenzen im Königreich – für alle ihre Funktionäre ein strenges Poli-
tikverbot, das jedwede Mitgliedschaft in einer Partei oder Bewegung untersagte.104
Diese Situation war jedoch keineswegs im Sinne von Nistor. Als Reaktion warf man dem
Metropoliten seitens der Nistoristen vor, mit seinem Reformvorhaben das konstitutionelle
Prinzip der Kirche zu zerstören. Die neue Fondsverwaltung kenne zudem nur mehr ein
Prinzip : »Totul trebue schimbat, reorganizat, răsturnat ! !«105 Plötzlich stand für die Libera-
len wieder das Wohlergehen der Landbevölkerung hoch im Kurs, deren Vernachlässigung
man der gegenwärtigen Bukowiner Kirchenhierarchie und ihrer Fondsverwaltung ankrei-
dete. Das neue Organisationsgesetz trat mit Ende November 1937 in Kraft.106 Daran konn-
ten selbst die heftigen parlamentarischen Interventionen und persönlichen Vorwürfe der
Liberalen nichts mehr ändern. Einen Monat später legte Nistor sein Kontrollmandat über
den Religionsfonds mit der Begründung der Machtausweitung des Staates gegenüber dem
Fonds sowie der Belastung seiner anderwärtigen Verpflichtungen nieder.107
In politischer Hinsicht vertrat Metropolit Visarion durchaus großrumänische Ideen.
Die Bilder des österreichischen Kaisers, die er allenthalben in der Bukowina bei Geist-
lichen und manchen Funktionären seiner Kirche antraf, erschienen ihm geradezu sym-
bolisch für das »morbide Phänomen« des Gestrigen. In gleicher Weise empfand er im
Religionsfonds allerorts den ungesunden Einfluss »kapitalistischer Juden«.108 Während
103 Mitropolia Bucovinei 1936, Regulament, 10, Art. 14 u. 19 ; ANR-S inv. 35-I pach. 4–1925,
Foaia ordonanţelor şi comunicărilor Consistoriului arhiepiscopesc în afacerile Arhidiecezei ortodoxe a
Bucovinei Nr. 81 (Regulament interior) v. 28.XI.1925, Art. 3, Absatz 6.
104 DACZ 302/2/3511 AFBis an Consiliul Eparhial v. 5.III.1938. Funktionäre aller Religionsfondsein-
richtungen mussten das entsprechende Gesetz (Decretul-lege Nr. 870, Monitorul Oficial Nr. 39 v.
17.II.1938) persönlich zur Kenntnis nehmen. Es basierte auf einer allgemeinen Aufforderung des
1937 in Kraft getretenen Strafgesetzbuches, dass Geistliche sich vom politischen Leben der Parteien
fernzuhalten hatten ; Maner 2001, Voraussetzungen, 456.
105 [Alles muss ausgewechselt, reorganisiert, umgeworfen werden !] ; Morariu 1937, Apărarea, 31, 45 u. 68.
106 Monitorul Oficial Nr. 269 v. 20.XI.1937
107 Glasul Bucovinei Nr. 5230 v. 1.I.1938, 3, D-l profesor Ion I. Nistor a despus mandatul de control la
Fondul bisericesc.
108 Puiu 2014, Însemnări, 94, 97, 99 u. 104.
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439