Page - 320 - in Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949 - Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
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320 Die Institution: Struktur & Werte
vorgelegt. Die Finanzdirektion merkte darin zwar wiederholt die bedeutende Aufbau-
leistung der Werke für den vormals nur dünn besiedelten Gebirgsraum – der ehedem
»einer Wüstenei ähnlich war« – ausdrücklich an, legte allerdings ebenso die struktu-
rellen Mängel des Werkskomplexes offen und erarbeitete umfangreiche Vorschläge zu
dessen Restrukturierung.55 Wie sich noch zeigen sollte, war die vollständige Umsetzung
dieser rein ökonomischen Maßnahmen durch den neuen Eigentümer allein schon aus
sozialer Rücksichtnahme nicht immer möglich.56
Im Herbst 1869 hatte das Landespräsidium bzw. Wien im Zuge der Beratungen über
Reformen in der Güterverwaltung dem Bischof eine Beteiligung des Religionsfonds an
der »Executivlizitation der Manz’schen Werke« vorgeschlagen. Im sich abzeichnen-
den Betrieb der Werke durch den Religionsfonds befürchtete Bischof Hackmann ein
»Hazardspiel«. Selbst auf die Gefahr hin, den möglichen Anteil an einer Konkursmasse
einzubüßen, lehnte er vorerst in seiner Stellungnahme dazu dem Ministerium gegen-
über das Vorhaben entschieden ab. Vielmehr sollten die Werke »je eher je lieber« an
Private veräußert werden.57 Noch im Frühjahr 1872 hatte sich eine Gruppe von vor-
wiegend Czernowitzer Honoratioren, unter ihnen der amtierende Landespräsident Fe-
lix Pino v. Friedenthal, Bürgermeister Anton Kochanowsky, Konsistorialsekretär Anton
Schönbach, Archimandrit Theophil Bendella und der Bukowiner Reichsratsabgeordnete
Theodor Endletsberger sowie der Ministerialsekretär F. Burian unter »strengstem Still-
schweigen« zusammengefunden, um die Gründung einer Industriebank zu betreiben.
Deren hauptsächliches Ziel sollte in der Hebung von »Land- und Forstwirtschafth, Berg-
bau, Handel und Industrie in der Bucowina« bestehen. Im Speziellen aber trug man
sich mit der konkreten Absicht, die Manzschen Werke anzukaufen und sämtliche (sic !)
Güter des Religionsfonds auf Jahrzehnte hinaus in Generalpacht zu betreiben.58 Die-
sen Vorschlägen schloss sich das Konsistorium als Ganzes freilich nicht unisono an.59
55 DACZ 3/1/2125, fol. 6–31 ; hier fol. 6, Finanzbezirksdirektion Czernowitz an Landespräsidium v.
8.III.1862.
56 Der Religionsfonds hatte nach Übernahme der Bergwerke von den dort wohnenden Familien Pacht
für die von ihnen zuvor über Jahre hin kostenlos von den Gewerken zugeteilten und genutzten
Gründe gefordert, ebenso für die Holzentnahme und die Bestoßung der Weidgründe. Nachdem sich
eine Deputation der Bewohner an das Ministerium in Wien gewandt hatte, schlug der Fonds einen
versöhnlicheren Kurs ein ; DACZ 3/1/3356, fol. 3–18, Deputation in Vertretung von 800 Arbeiterfa-
milien der Bukowiner Montanwerke an Ministerium d. Innern v. 21.X.1870 ; sowie Abschrift Note
Ministerium d. Innern an Ministerium f. Kultus & Unterricht v. 7.XI.1870, Zl. 15792, fol. 20f.
57 DACZ 320/3/3260, fol. 7, 10 u. 15f., Landespräsidium an Hackmann, Czernowitz v. 4.X.1869.
58 DACZ 320/3/3260, fol. 22f., Protokoll v. 26.III.1872 ; fol. 51, Abschrift Nr. 57 Pino v. Freudenthal an
Hackmann, Wien v. 20.III./1.IV.1872.
59 DACZ 320/3/3260, fol. 57f., Sitzungsprotokoll Nr. 2156 v. 28.IV./10.V.1872 ; fol. 28f., Konsistorium an
Hackmann v. 26.V./7.VI.1872.
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439