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342 Die Institution: Struktur & Werte
staats« und weniger von jenen des Nationalstaats erfolgt. Begründet wird das mit einem
im Vergleich zum westlichen Europa später greifenden Wechsel »vom imperialen zum
nationalen System«.4 Dieser Aussage ist für den cisleithanischen Teil der Habsburger-
monarchie grundsätzlich zuzustimmen, jedoch – und das belegen die Ergebnisse der
Studie deutlich – darf dabei die Vorlaufzeit nationaler Entwicklung selbst in einem bis
1914/18 unbestritten gültigen wie wirksamen imperialen Rahmen nicht unterbewertet
werden. So versteckt sich denn auch kein bemerkenswerter Widerspruch in der Institu-
tion des hier gegenständlichen Religionsfonds. Dieser vertrat bis zum Zerfall der Habs-
burgermonarchie einerseits die Interessen des Reiches, d.h. er arbeitete den (geforder-
ten) Bedürfnissen des Staates durchaus zu. Er vertrat diese Bedürfnisse und Interessen
selbst, durchlebte aber andererseits gleichzeitig innerhalb seiner eigenen Struktur z.T.
heftige Diskussionen und Nationalisierungsschübe. Radikal nationalen Positionen ge-
lang es erst außerhalb des imperialen Kontextes, im rumänischen Staat der Jahre nach
1918, den Ton innerhalb der Institution vorzugeben. Jetzt allerdings brachte der nun-
mehr massiv von Bukarest forcierte Nationalisierungsprozess einen allmählichen Ver-
lust fondsinterner Steuerungsmöglichkeiten ins Rollen. Der Religionsfonds der Buko-
wina geriet mithin durch die schleichende Entmachtung seiner Akteure und Instanzen
zunehmend zum politischen Spielball – weit mehr als dies vor dem Weltkrieg denkbar
gewesen wäre.
Zu Beginn dieser Entwicklungen, in der Ära von Bischof Eugen Hackmann, wies
dessen Episkopat gleich zwei zentrale und in ihrer Ausprägung durchaus ambivalente
Facetten auf. Da war einerseits der Prozess allmählicher Institutionalisierung zu be-
obachten. Der Fonds bewegte sich peu à peu von seiner bislang ausschließlichen Ver-
waltungsaufgabe kirchlicher Güter weg und begann darüber hinaus selbst als Akteur
auf dem politisch-gesellschaftlichen Feld des Kronlandes in Erscheinung zu treten. Zu-
gleich
– als zweite Facette
– waren einsetzende nationale Forderungen, auch wenn diese
in der Bukowina vorerst noch kaum Breitenwirkung in einer vorwiegend agrarisch do-
minierten Bevölkerung besaßen, seit 1848 nicht mehr zu überhören. Wertkonservative,
durchaus staats- bzw. dynastieloyale Kirchenhierarchen wie Hackmann bezogen hierzu
eine äußerst distanzierte Position. Gerade in der Diskussion um die Schaffung einer
gemeinsamen gr.-orient. Diözese aller Rumänen innerhalb der Habsburgermonarchie
(noch vor dem Ausgleich von 1867) zeigte sich diese offen in den inhaltlich konträren
Haltungen von Andrei Schaguna und Hackmann. Dabei war die Frage eines Kirchen-
kongresses, wie ihn Schaguna forderte, indes keinesfalls einer grundsätzlich nationali-
sierenden Intention geschuldet, sondern stand sichtlich im Kontext der vielfach benach-
teiligten rumänischen Bevölkerung und ihres Alltags im strikt ungarisch dominierten
4 Siegrist & Troebst 2012, Einführung, 322.
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439