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Zusammenfassungen 347
tivinteressen in der Bukowina.7 Während der Königsdiktatur und der Kriegsjahre, un-
terbrochen von einer kurzen Periode letztlich erfolglosen Bemühens des Metropoliten
Visarion, gewann der Prozess politischer und wirtschaftlicher Entmündigung des Fonds
wieder erheblich an Fahrt. Diese Entwicklung sollte mit dem Ausscheiden Rumäniens
aus dem Krieg bzw. der Besetzung durch die Rote Armee einen letzten Höhepunkt errei-
chen. Die Einrichtung der sowjetisch-rumänischen Holzgesellschaft ›Sovromlemn‹ und
die damit einhergehenden Zwangsaufträge markierten nunmehr den Punkt faktischer
Enteignung des Religionsfonds sowie der Kirche und die endgültige Entrechtung ih-
rer Selbstverwaltungsgremien. Die 1949 erfolgte Auflösung des rumänisch-orthodoxen
Religionsfonds der Bukowina durch die Volksrepublik Rumänen besaß nur mehr einen
weitgehend formalen Charakter.
Über mehr als 150 Jahre hatte der Religionsfonds sowohl die wirtschaftliche als auch die
gesellschaftliche Entwicklung der Bukowina – in besonderem Maße seit der Mitte des
19.
Jahrhunderts
– an zentraler Stelle mitgestaltet. Dabei zeigten Teile und Eigenschaften
dieser Institution über die Zeit hinweg – ungeachtet der auftretenden Widrigkeiten –
eine erstaunliche Persistenz. Die Orientierungsleistung des Fonds ›überholte‹ in ihrer
Bedeutung die zunächst vom Staat bei seiner Gründung zugedachte reine Ordnungsauf-
gabe. In dem Maße, wie der Religionsfonds Werte des Staates zu übernehmen begann
bzw. diese mit den eigenen Vorstellungen in Deckungsgleichheit zu bringen versuchte
und sich zudem in nationalen Fragen dem allgemeinen politischen Diskurs öffnete, war
die institutionelle Glaubwürdigkeit einem Prozess permanenter Rechtfertigung unter-
worfen, sei es gegenüber der Kirche als Ganzem, ihren Vertretern, den Gläubigen, den
Co-Nationalen oder dem Staat. Der Religionsfonds schlitterte mit seiner Verfasstheit
und den dadurch transportierten Werten jedoch erst in eine nachhaltige Krise, als die
Parameter des staatlichen Kontextes sich nach 1918 erheblich zu ändern begonnen hat-
ten. Die vermeintliche mit dem Ausgang des Weltkrieges erlangte Deckungsgleichheit
nationaler Werte zum neuen, größeren rumänischen Staat, die bislang nur von einem
Teil der Akteure innerhalb von Kirche und Fonds gefordert worden war, der sich aller-
dings seit der Jahrhundertwende in wachsendem Maße dem öffentlichen Diskurs darü-
ber unterworfen hatte, geriet nunmehr unerwartet zum Menetekel der eigenen Existenz.
Autonomie und Handlungsspielräume der Institution verengten sich im gänzlich anders
aufgebauten politischen System des Königreichs zusehends. Ein wesentlicher Teil der
Orientierungsleistung des Fonds hing jedoch mit Entstehen und Alltag eines regionalen
7 Diese beiden freundlichen Hinweise verdanke ich den Herrn Ao. Univ.-Prof. Dr. Harald Heppner
und Priv.-Doz. Dr. Norbert Spannenberger, anlässlich des Innsbrucker Workshops v. 27./28. Novem-
ber 2014.
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439