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GEWALT IM
COMPUTERSPIEL22
Um das Geflecht dieser Beziehungen zu verstehen, ist schließlich auch der Blick
auf die Praktiken zugrundeliegenden materiellen Artefakte unerlässlich. Andreas
Reckwitz konkretisiert:
„Wenn eine Praktik einen Nexus von wissensabhängigen Verhaltensroutinen darstellt,
dann setzen diese nicht nur als ‚Träger‘ entsprechende ‚menschliche‘ Akteure mit einem
spezifischen, in ihren Körpern mobilisierbaren praktischen Wissen voraus, sondern regel-
mäßig auch ganz bestimmte Artefakte, die vorhanden sein müssen, damit eine Praktik
entstehen konnte und damit sie vollzogen und reproduziert werden kann.“43
Materielle und insbesondere die für die vorliegenden Arbeit relevanten techni-
schen Artefakte sind dabei nicht nur Voraussetzung bestimmter Praktiken, son-
dern sie haben, wie Karl H. Hörning formuliert, einen „‚Aufforderungscharak-
ter‘, sie gewinnen im Handlungsverlauf ein variables Maß an Eigenbewegung,
Eigengestalt, Eigengewicht, sie werden zu einem ‚Agens‘, das unsere Projekte
und Markierungen herausfordert oder unterläuft und uns so zu Kommunikation
und Reflexion antreibt.“44
Im Theoriediskurs um technikgestützte Praxis spielt aktuell die Perspek-
tive der Akteur-Netzwerk Theorie eine wichtige Rolle.45 Doch auch in frühen
Studien der empirisch-kulturwissenschaftlichen Technikforschung wurde die-
ser Aufforderungscharakter technischer Artefakte bereits diskutiert.46 Seit den
1960er-Jahren zeichnete sich das Interesse dieses Forschungszweigs nicht nur
für Geschichte und Bedeutung technischer Artefakte, sondern für das konkrete
Tun der Akteure mit und in Bezug auf Technik ab.47 In den Blick der (post-)volks-
kundlichen ForscherInnen gerieten beispielsweise Tätigkeiten wie das Flippern,48
43 | Reckwitz: Grundelemente einer Theorie sozialer Praktiken, S. 291.
44 | Hörning: Experten des Alltags, S. 14.
45 | Vgl. für eine Einführung aus sozialanthropologischer Perspektive Tom Mathar: Ak-
teur-Netzwerk Theorie. In: Stefan Beck/Jörg Niewöhner/Estrid Sørensen (Hg.): Science
and Technology Studies. Eine sozialanthropologische Einführung. Bielefeld 2012, S. 173-
190; Estrid Sørensen: Post-Akteur-Netzwerk Theorie. In: Ebd., S. 327-345.
46 | Einige der folgenden Anmerkungen finden sich bereits in Christoph Bareither u.a.:
Alltag mit Facebook. Methodologische Überlegungen und ethnographische Beispiele. In:
Falk Blask/Joachim Kallinich/Sanna Schondelmayer (Hg.): Update in Progress. Beiträge
zu einer ethnologischen Medienforschung. Berlin 2013, S. 29-46.
47 | Vgl. einführend Stefan Beck: Umgang mit Technik. Kulturelle Praxen und kulturwis-
senschaftliche Forschungskonzepte. Berlin 1997, S. 23-71; Thomas Hengartner/Johanna
Rolshoven: Technik – Kultur – Alltag. In: Dies. (Hg.): Technik, Kultur. Formen der Veralltäg-
lichung von Technik, Technisches als Alltag. Zürich 1998, S. 17-49.
48 | Vgl. Bernd-Jürgen Warneken: Der Flipperautomat. Ein Versuch über Zerstreuungs-
kultur. In: Jürgen Alberts u.a. (Hg.): Segmente der Unterhaltungsindustrie. Frankfurt a.M.
1974, S. 66-129.
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364