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GEWALT IM
COMPUTERSPIEL16
verstehen und ihn als solches ethnografisch zu beschreiben. Im anschließenden
Kapitel führe ich diese Überlegungen dann konkret mit dem Untersuchungsge-
genstand zusammen.
2.1.1 Pleasure
Nahe liegt, den Begriff des Vergnügens an den Begriff pleasure anzulehnen, der
mit „Lust“ oder auch „Vergnügen“ übersetzt werden kann. Bereits in den 1970er-
Jahren nahm der Begriff in Roland Barthes Studie „The Pleasure of the Text“4 oder
für Laura Mulveys feministische Perspektive auf „Visual Pleasure and Narrative
Cinema“5 eine wichtige Funktion ein. Aufgegriffen wurde er dann in den 1980er-
Jahren durch die angloamerikanischen Cultural Studies und deren Teilbereiche
der Audience Studies6 und der Leisure Studies7. Allerdings ist nicht von einer
einheitlichen und spezifischen Theorie des Begriffs in den Cultural Studies aus-
zugehen. Im Gegenteil sind die Ansätze sehr unterschiedlich. Barbara O’Connor
und Elisabeth Klaus weisen darauf hin, dass sich das Interesse der Cultural Stu-
dies an pleasure einerseits aus der Auseinandersetzung mit dem Zusammenhang
von Populärkultur und Ideologie, andererseits aus der verstärkten Aufmerksam-
keit für genderspezifische populärkulturelle Genres herleitete.8 In jedem Fall war
die Frage nach pleasure für die Cultural Studies eine politische Frage.
Besonders tief hat John Fiske den Begriff in seinen bis heute einflussrei-
chen Arbeiten zu Populärkulturen verankert.9 Er grenzt sich dabei von solchen
Perspektiven ab, die in pleasure (etwa bei der Fernsehrezeption) vor allem einen
Prozess der Affirmation hegemonialer Macht erkennen. Stattdessen betont Fiske
die Eigenwilligkeit und Kreativität von Rezeptionspraktiken, was sich auch im
Schlagwort der „active audience“ wiederspiegelt.10 Publika, so Fiske in seinen Mo-
4 | Vgl. Roland Barthes: The Pleasure of the Text. New York 1975. „Pleasure“ übersetzt
dabei den Begriff „plaisir“ aus dem französischen Original. In den britischen Cultural
Studies wird allerdings immer wieder auf die englische Fassung und deren Begriffe Bezug
genommen, weshalb ich hier diese Fassung angebe.
5 | Laura Mulvey: Visual Pleasure and Narrative Cinema. In: Screen 16 (1975), H. 3, S.
6-18.
6 | Vgl. Barbara O’Connor/Elisabeth Klaus: Pleasure and Meaningful Discourse. An Over-
view of Research Issues. International Journal of Cultural Studies 3 (2000), H. 3, S.
369-387.
7 | Vgl. David E. Harris: Key Concepts in Leisure Studies. London/Thousand Oaks/New
Delhi 2005, S. 195-199.
8 | Vgl. O’Connor/Klaus: Pleasure and Meaningful Discourse.
9 | Einen Überblick gibt Eggo Müller: „Pleasure and Resistance“. John Fiskes Beitrag zur
Populärkulturtheorie. In: montage/av 2 (1993), H. 1, S. 52-66.
10 | Vgl. John Fiske: Television Culture. Popular Pleasures and Politics. London/New York
1987, S. 62-83.
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364