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GEWALT IM
COMPUTERSPIEL124
Möglichkeiten werden im Video durch zahlreiche Sequenzen präsentiert, in de-
nen der Avatar auf elegante Weise, mitten in Hechtsprüngen oder Haken schla-
gend, anrückende Gegnermassen durch gezielte Headshots außer Gefecht setzt.
Solche Sequenzen versprechen nicht nur Effektstaunen und Einschlagslust, son-
dern auch das intensive Erleben der Eleganz virtuell-körperlicher Bewegung in
der Ausführung von Computerspielgewalt.
Auffällig ist zugleich das Versprechen der Werbung, die Ausübung von Ge-
walt „choreografieren“ zu dürfen (s.o.). Konkreter wird dieser Aspekt in einem
2013 von André Peschke in der Zeitschrift Gamestar veröffentlichen Artikel, der
sich unter dem Titel „Schön brutal. Report: Gewalt kann schön sein“ ungewohnt
explizit auf die Freude an Computerspielgewalt einlässt und „die Ästhetik von
Blut und Morden“ diskutiert.108 Neben Verweisen auf Stimmen und Meinungen
aus Wirtschaft und Wissenschaft zur Gewaltästhetik von Computerspielen ent-
wickelt Peschke auch eine eigene These, die in einer Studie wie der vorliegenden
mindestens genauso ernst zu nehmen ist wie ein akademischer Beitrag.109 Er ar-
gumentiert, dass beispielsweise die Zeitlupenfunktion der Max Payne-Serie ne-
ben ihrem spielerischen Nutzen ein „künstlerisches“ beziehungsweise „ästheti-
sches Gestaltungsmittel“ sei.110 Zum Einsatz komme sie nicht nur in Max Payne,
sondern etwa auch im Horror-Actionspiel F.E.A.R., wenn man dort „direkt vor der
Explosion einer Granate nochmal die Zeitlupe aktiviert[...], um mitzuerleben wie
der Raum und die Gegner von einer unmöglich langsamen Druckwelle zerfetzt
werden.“111 Peschke nennt das „Destruktive Kreativität“:
„Je mehr Zerstörung und Gewalt das Spiel zulässt, desto mehr erlaubt es dem Spieler,
selbst als Gestalter in Erscheinung zu treten. Was uns zur gewagten These verleitet: ‚Frei‘
simulierte Gewalt und Zerstörung, die nicht in immer gleichen Bahnen abläuft, macht ein
Spiel abwechslungsreicher und gibt dem Spieler Raum für Kreativität.“112
Das gilt für Peschke bis in kleinste Details. Unter einem Screenshot zum Hor-
ror-Actionsspiel Dead Space, auf dem der Avatar einen mutierten „Nekromorph“
beschießt, kommentiert er konsequenterweise: „Wenn wir in Dead Space die Ne-
kromorphen gezielt zerstückeln, ist das auch eine Form von Kreativität.“113 Dabei
gehe es nicht um Grausamkeit, sondern um das Gestalten visueller Impulse. Die
108 | André Peschke: Gewalt kann schön sein – Schön brutal. In: Gamestar.de (13.07.
2013). http://www.gamestar.de/specials/reports/3025598/gewalt.html
109 | Vgl. ebd. In einigen Punkten lehnt sich Peschke an die Arbeiten des Medienwissen-
schaftlers Jörg von Brincken an. Im Artikel wird aber nicht deutlich, ob die Referenzen und
Zitate dafür akademischen Texten oder einem Interview entstammen.
110 | Ebd.
111 | Ebd.
112 | Ebd.
113 | Ebd.
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364