Page - 321 - in Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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AMBIVALENT 319
Chat signalisiert, dass der Gegner selbst zu seiner Leiche gehen und seine Ausrüstung
aufheben kann, C.B.]. Fand ich halt ein bisschen scheiße, weil mich hat’s eigentlich nur
mal interessiert, wie es ist, aber … also ich persönlich find, das ist … arm.“ (IV5)
In solchen Momenten zeigt sich, dass das Vergnügen an Computerspielgewalt
auch in Multiplayer-Games durchaus ambivalent sein kann. Das gilt zumindest
für einen Teil der Spieler. Andere nehmen das mit den Gefühlsregeln weniger
genau. Als ich Bernd im Interview frage, ob er auch manchmal ein schlechtes
Gewissen beim Töten von Spieleravataren habe, lächelt er und meint:
„Nö, kenn ich nicht. Ich fühl mich eher geil dann (lacht, ich lache auch). Auch wenn man
irgendwie was Verrücktes macht: Du weißt, irgendwelche sind Sector [Spieler sind in ei-
nem bestimmten Gebiet und looten, C.B.], und du klaust denen den Heli und die kommen
nicht weg – das find ich einfach affengeil, dass die sich dann ärgern (lacht) und halt voll
gearscht sind.“ (IV2)
Wie die meisten Erfahrungsfacetten sind auch Schuldgefühle ein sehr individu-
eller Prozess, der von der jeweiligen emotionsbezogenen Habitualisierung eines
Spielers abhängig ist. Während die Bedeutungs- und Emotionspotenziale ludisch-
virtueller Gewalt für Bernd vor allem positiv gedeutete Erfahrungen eröffnen,
können sie bei anderen ins Negative umschlagen. Klar wird dadurch immerhin:
Feeling rules verschwinden auch in Multiplayer-Games nicht, sie sind im Gegen-
teil konstitutiv für viele der gemachten Erfahrungen. Im Zuge einer erstens vir-
tuellen und zweitens spielerischen, also stets zwischen Ernst und Nicht-Ernst
schwankenden Tätigkeit, können sie allerdings neu verhandelt werden. Der Pro-
zess ludisch-virtueller Gewalt ist immer ein Balanceakt auf den Grenzen dieser
Gefühlsregeln, der schnell in die eine oder andere Richtung kippen kann.
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364