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THEORIE UND METHODE 81
Der überwiegende Teil dieser LPs stammt von den bekanntesten deutschen
Let’s Playern Gronkh, Sarazar und der Gruppe PietSmiet, ein kleiner Teil von ih-
nen von der LP-Gruppe GameTube und zwei weiblichen Let’s Playerinnen, deren
Klickzahlen aber deutlich geringer als die der männlichen YouTube-Stars sind.
Insgesamt wurden auf diese Weise 310 LP-Videos mit einer Gesamtlaufzeit von
ca. 118 Stunden (durchschnittlich 23 Minuten) in die Analyse einbezogen. Eine
komplette Übersicht der zitierten LP-Videos aus dieser Auswahl findet sich im
Anhang.
Ich entschied mich bewusst dagegen, im Anschluss an die LP-Videoanalyse
die Let’s Player um ergänzende Interviews zu bitten, da ihrer Stimme in der vor-
liegenden Arbeit durch die Eindrücklichkeit der Videobeispiele ohnehin verhält-
nismäßig viel Gewicht zugemessen wird. Eine zusätzliche Kontextualisierung
der als Praktiken verstandenen LP-Videos wurde stattdessen über eine Analyse
der zu ihnen gehörenden YouTube-Kommentare erreicht.234 In diesen Kommenta-
ren melden sich hunderte, manchmal tausende ZuschauerInnen zu Wort. Längst
nicht alle der Kommentare haben etwas mit dem konkreten Spielverlauf zu tun,
viele von ihnen tragen aber zu einem dichteren ethnografischen Bild der Spiel-
praktiken bei, insofern sie auf die Aktionen und auch Artikulationen der Let’s
Player Bezug nehmen.
Um Missverständnisse zu vermeiden: Es geht mir dabei nicht darum, das
Vergnügen der ZuschauerInnen bei der Rezeption von LP-Videos zu analysieren.
Das wäre eine völlig andere Forschungsperspektive. Dementsprechend habe ich
auch nicht versucht zu erheben, wer die ZuschauerInnen sind – Alters- und Ge-
schlechtsgruppen etwa bleiben unklar. Ich verstehe ihre Kommentare vielmehr
als kommunizierende Emotionspraktiken, die Bezug auf die Spiel- und Kommu-
nikationspraktiken der Let’s Player nehmen, und hoffe, aus dieser Bezugnahme
etwas über die im eigentlichen Spielprozess machbaren Erfahrungen zu lernen.
Zuerst fand eine Vorauswahl von LP-Videos statt, deren Spielprozesse auf
aussagekräftige Kommentare hoffen ließen, woraus sich ein Volumen aus ca.
145.000 Kommentaren ergab. Diese wurden nicht alle einzeln gelesen, sondern
stattdessen durch computergestützte Verfahren (vgl. dazu auch Kap. 2.3.6) nach
signifikanten Passagen und Bezügen zu den jeweiligen LP-Videos durchforstet.
Ausgangspunkt konnten dabei beispielsweise Hinweise der Let’s Player sein –
etwa wenn diese fragten, wie denn die ZuschauerInnen eine bestimmte Waffe im
Spiel finden, und zahlreiche ZuschauerInnen ihnen in den Kommentaren ant-
worteten. In diesen Fällen wurden alle Kommentare, in denen die entsprechende
234 | Als ethnografisch aussagekräftige Quelle hat diese Kommentare bereits Markus
Tauschek entdeckt, vgl. Ders.: „Castingwahn“ – Zur Etablierung des kompetitiven Selbst
zwischen Unterhaltung und Leistungsideologie. In: Christoph Bareither/Kaspar Maase/
Mirjam Nast (Hg.): Unterhaltung und Vergnügung. Beiträge der Europäischen Ethnologie
zur Populärkulturforschung. Mit einem Vorwort von Hermann Bausinger. Würzburg 2013,
S. 183-195.
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364