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VIRTUELL-KÖRPERLICH 99
gen.21 Genauso heben die großformatigen Werbeanzeigen für Actionspiele häufig
den Moment der Zerstörung hervor, meist in Form von Schüssen oder Explosio-
nen. Eine Werbung zum Spiel Rygar von 1988 gehört zu den ersten Darstellungen
dieser Art, in denen explizit das Töten eines Menschen (hier mithilfe eines kreis-
runden Sägeblatts, betont durch Blutspritzer) in den Mittelpunkt gerückt wird.22
Ab Mitte der 1980er-Jahre werden zudem meist größere Screenshots der Spie-
le in Testberichten mit abgebildet. Auch hier sieht man – zwar nicht immer, aber
häufig – den Moment des Schusses oder Schlags beziehungsweise des Treffers
oder der Explosion visualisiert. Ein eindrückliches Beispiel bietet der Testbericht
zur Umsetzung des Ego-Shooter-Klassikers Doom für die Konsole Nintendo 64
von 1997 (empfohlenes Beispiel).23 Auf sieben großen Bildern werden verschie-
dene Schusseffekte, Explosionen und blutende Monster abgebildet. In den Bildun-
terschriften ist beispielsweise zu lesen: „Es gibt doch nichts über den Einschlag
eines zünftigen Raketengeschosses zu meckern“; „Die Dämonenbrüder hinterlas-
sen eine riesensauerei [sic] auf dem Boden“; oder „Die Licht- und Explosionseffek-
te in Doom 64 sind […] eine wahre Augenweide.“24
In heutigen Online-Testberichten von 3D-Actionspielen gibt es meist ganze
Reihen an Screenshots, die ähnliche Momente zeigen und so die selbstausgelös-
ten, spektakulären Effekte in ihrer eigenen, visuellen Sprache zelebrieren. Beson-
ders viele dieser Screenshots finden sich in einem Spezial-Artikel der Computer-
spielzeitschrift Gamestar zum Thema Explosionen.25 Hier werden nicht nur die
Effekte bestaunt, sondern auch kenntnisreich die Stärken der ihnen zugrundelie-
genden Software-Engines diskutiert. „Ein klassischer Shooter wäre“, so der Autor
Jan Purrucker im Fazit, „ohne ordentliches Feuerwerk nur halb so spaßig […]“.26
Zusammengefasst demonstriert diese historische Annäherung, dass der Ge-
nuss von audiovisuellen Effekten im Zuge der Ausübung von Computerspielge-
walt eine zentrale Facette des Vergnügens daran ist. Das bestätigt sich auch im
Blick auf andere ethnografische Materialien. Der Spieler Tommy kommentiert im
Interview beispielsweise, dass er die Gewalt in Spielen eigentlich nicht brauche,
doch mit Gewalt seien sie eben „actionreicher“. (IV23) Er erläutert:
21 | Vgl. exemplarisch Telematch (1983), H. 4, S. 50, rechtes Bild. http://www.kultpower
.de/archiv/heft_telematch_1983-04_seite50
22 | Vgl. Power Play (1988), H. 1, S. 81. http://www.kultpower.de/archiv/heft_powerplay
_1988-01_seite80
23 | Wolfgang Schaedle: Doom 64. In: Video Games (1997), H. 9, S. 84-85. http://www.
kultboy.com/index.php?site=t&id=6275
24 | Ebd., S. 85.
25 | Marc Sehr/Julian Heimpel/Jan Purrucker: 3D-Grafik im Wandel der Zeit, Teil 9. Ex-
plosionen in Spielen, mit Community-Update. In: Gamestar.de (26.4.2013). http://www.
gamestar.de/hardware/praxis/grafikkarten/2563304/3d_grafik_im_wandel_der_zeit.
html
26 | Ebd.
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364