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GEWALT IM
COMPUTERSPIEL222
wurde. Nur die fünf Jungs bekamen, obwohl sie eines der größten Turniere der
LAN-Party gewonnen hatten, nichts. Ihnen blieb die Materialisierung der emo-
tionalen Erfahrung des Besser-Seins verwehrt. Man hatte sie schlicht vergessen.
Grummelnd und schulterzuckend zogen sie ab.
4.2 ZUSAMMENHALTEN
Kompetitive Erfahrungen, wie sie im letzten Kapitel beschrieben wurden, werden
selten im Kampf zweier einzelner Spieler gemacht. Meist sind es Gruppen von
Spielern, die gemeinsam gegen ihre Gegner antreten. Das Zusammenspiel ver-
schiedener Akteure – „das Miteinander“, wie es der Spieler Marco im Interview
nennt (IV13) – bringt dabei ganz eigene Erfahrungen hervor, die im Folgenden im
Mittelpunkt stehen. Diese Prozesse finden innerhalb von unterschiedlichen Spie-
lergruppen statt: Kompetitive Ego-Shooter wie Counter-Strike werden in Clans ge-
spielt, die wie Sportteams strukturiert sind; in MMORPGS wie The Elder Scrolls
Online schließt man sich dagegen sogenannten Gilden an, die manchmal nur
wenige, teils aber auch hunderte Mitglieder umfassen und mitunter durch eine
fein gegliederte Rangstruktur organisiert sind;35 in einem so vielseitigen Spiel wie
DayZ verbünden sich die Spieler wiederum zu marodierenden Banden, innerhalb
derer sie lernen müssen, sich gegenseitig zu helfen und zu vertrauen.
Solche Formen der Gruppenbildung und deren soziale Dynamiken werden
in den Game Studies ausführlich diskutiert.36 Ich selbst gehe im Folgenden je-
weils nur rudimentär auf das allgemeine Zusammenleben der Spieler innerhalb
dieser Strukturen ein. Im Fokus steht vielmehr die in der bisherigen Forschung
noch kaum diskutierte Möglichkeit einer Verflechtung von gruppenbezogenen
Erfahrungen und Computerspielgewalt,37 oder anders gewendet die Frage: Wel-
35 | Für eine differenzierte, ethnografisch geprägte Perspektive auf Begriffsgeschichte
und Struktur von Gilden vgl. Inderst: Vergemeinschaftung in MMORPGs, S. 141-172.
36 | Vgl. exemplarisch Mark G. Chen: Communication, Coordination, and Camaraderie in
World of Warcraft. In: Games and Culture 4 (2009), H. 1, S. 47-73; Jürgen Fritz: Spielen
in virtuellen Gemeinschaften. In: Thorsten Quandt/Jeffrey Wimmer/Jens Wolling (Hg.):
Die Computerspieler: Studien zur Nutzung von Computergames. Wiesbaden 2009, S.
135-147; Inderst: Vergemeinschaftung in MMORPGs; Jan-Noël Thon: Multiplayer-Shooter
als sozialer Raum. In: tiefenschärfe (2008/09), Themenheft: „Internet“, S. 51-55; Dimitri
Williams u.a.: From Tree House to Barracks. The Social Life of Guilds in World of Warcraft.
In: Games and Culture 1 (2006), H. 4, S. 338-361; Jeffrey Wimmer/Thorsten Quandt/
Kristin Vogel: Teamplay, Clanhopping und Wallhacker. Eine explorative Analyse des Com-
puterspielens in Clans. In: Thorsten Quandt/Jeffrey Wimmer/Jens Wolling (Hg.): Die Com-
puterspieler: Studien zur Nutzung von Computergames. Wiesbaden 2009, S. 149-167.
37 | Als Ausnahme zur Regel vgl. Michel Nachez/Patrick Schmoll: Gewalt und Gesellig-
keit in Online-Videospielen. In: kommunikation@gesellschaft 3 (2002), Beitrag 5, S. 1-12.
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364