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THEORIE UND METHODE 61
Signale Signale sind.“199 Unter diese Organismen fallen für Bateson nicht nur
Menschen. Eine zentrale und vielzitierte Ausgangsbeobachtung machte Bateson
in einem Zoo in San Francisco:
„Was ich im Zoo antraf, war ein allgemein bekanntes Phänomen: Ich sah zwei junge Affen
spielen, d.h. in eine Interaktionsfolge verwickelt, bei der die Handlungseinheiten oder
Signale denen des Kampfs zwar ähnlich, aber nicht gleich waren. Es war selbst für den
menschlichen Beobachter offensichtlich, dass die Abfolge als ganze kein Kampf war, und
es war dem menschlichen Beobachter auch ersichtlich, dass dies für die beteiligten Affen
‚nicht Kampf‘ war. Nun konnte dieses Phänomen Spiel nur auftreten, wenn die beteiligten
Organismen in gewissem Maße der Metakommunikation fähig waren, d.h. Signale austau-
schen konnten, mit denen die Mitteilung ‚Dies ist ein Spiel‘ übertragen wurde.“200
Aufbauend auf dieser Ausgangsbeobachtung entwickelt Bateson eine Theorie des
Spiels als eine Theorie der Metakommunikation. Aus dieser ergibt sich ein Para-
doxon des Spiels, denn das metakommunikative Signal „Dies ist ein Spiel“ kom-
muniziert letztlich die Aussage: „‚Diese Handlungen, in die wir jetzt verwickelt
sind, bezeichnen nicht, was jene Handlungen, die sie bezeichnen, bezeichnen
würden.‘ Das spielerische Zwicken bezeichnet den Biss, aber es bezeichnet nicht,
was durch den Biss bezeichnet würde.“201
Aus dieser Perspektive meint Spielen einen Umgang mit besonderen Bedeu-
tungen, die einerseits metakommunikativ von nicht-spielerischen Vorgängen ge-
trennt sind, sich zugleich aber erst durch ihren Bezug auf jene nicht-spielerischen
Vorgänge konstituieren. Spiel ist zwar, um wieder Huizingas Begriff aufzugrei-
fen, Nichternst, doch zugleich nur durch die Bezugnahme auf Ernstgemeintes
möglich. Bateson expliziert das unter anderem durch das Modell der „Karte-Ter-
ritorium-Relationen“.202 Darin werden Karten als Verweissysteme in Bezug auf
ein Territorium verstanden. Ähnlich bilden Spiele ein Geflecht aus Verweisen
auf die nicht-spielerischen Bedeutungen kommunikativer Signale. Für Bateson
besteht eine Besonderheit des Spiels nun darin, dass im Spiel Karte und Territo-
rium (bzw. spielerischer Verweis auf ein nicht-spielerisches Signal einerseits und
das nicht-spielerische Signal als solches andererseits) weder gleichgesetzt noch
klar unterschieden sind. Vielmehr gilt: „Im Spiel werden [Karte und Territorium]
sowohl gleichgesetzt als auch unterschieden.“203 Auf den Punkt bringt diesen As-
pekt von Batesons Spieltheorie Britta Neitzel: „A playful action denotes, and at the
same time it does not denote, the ‚real‘ action to which it refers.“204
199 | Ebd., S. 194.
200 | Ebd., S. 195.
201 | Ebd.
202 | Ebd., S. 196.
203 | Ebd., S. 200.
204 | Neitzel: Metacommunicative Circles, S. 281.
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364