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THEORIE UND METHODE 31
keiten der Mobilisierung von Emotionen dienen (und die Akteure werden uns
diese Vermutung wohl meist bestätigen), doch die Spezifika dieses Prozesses und
die Facetten des jeweiligen Vergnügens bleiben verschwommen.
Die ethnografische Untersuchung von Vergnügen muss sich deshalb solchen
Momenten zuwenden, in denen das implizite Wissen um dieses Vergnügen durch
Emotionspraktiken zum Ausdruck gebracht wird, und diese Praktiken dann wei-
terführend interpretieren. Ein geeigneter Untersuchungsgegenstand sind insbe-
sondere kommunizierende und benennende Emotionspraktiken, die zum Alltag
der Akteure gehören. Kommunizierende Emotionspraktiken im Bereich Populär-
kulturen sind beispielsweise das Jubeln, Buh-Rufe oder Fan-Gesänge. Emotions-
praktiken dieser Kategorien können körperlich, gestisch oder symbolisch sein,88
in den meisten Fällen sind sie auch oder vor allem sprachlich.
Damit wird die Untersuchung von Vergnügen anschlussfähig an sprachlich-
diskursiv orientierte Beiträge aus der ethnologischen Emotionsforschung. Spä-
testens mit Catherine Lutz’ Studie „Unnatural emotions“89 von 1988 und ihrem
gemeinsam mit Lila Abu-Lughod herausgegebenen Sammelband „Language and
the Politics of Emotion“90 von 1990 hatte sich die Untersuchung sprachlicher Re-
präsentationen von Emotionen als eine der Stärken ethnografischer Emotionsfor-
schung herauskristallisiert. Der Fokus auf Sprache und vorwiegend sprachlich
geprägte Diskurse legt zwar andere Schwerpunkte als die Analyse von Emotions-
praktiken, doch ist durchaus mit dieser vereinbar.91 Denn Sprache wird in diesen
frühen ethnologischen Beiträgen als diskursive Praxis gefasst, die an der Konsti-
tution von Emotionen (und deren unterschiedlichen Erscheinungsformen inner-
halb unterschiedlicher Kulturen) aktiv beteiligt ist: „Emotion can be said to be
created in, rather than shaped by, speech in the sense that it is postulated as an
entity in language where its meaning to social actors is also elaborated.“92 Oder
wie es Donald Brenneis in seinem Beitrag zu besagtem Sammelband formuliert:
mit populärer Kultur. In: Maase (Hg.): Die Schönheiten des Populären, S. 210-229, hier:
S. 226.
88 | Vgl. dazu auch Ingrid Kellermann: Emotionen – Formen – Gesten. Ein ethnographi-
scher Blick auf verborgene Dimensionen von Unterricht. In: Zeitschrift für Erziehungswis-
senschaft 16 (2012), Sonderheft: Die Bildung der Gefühle, S. 97-114.
89 | Vgl. Catherine Lutz: Unnatural Emotions. Everyday Sentiments on a Micronesian
Atoll & their Challenge to Western Theory. Chicago 1988.
90 | Vgl. Lila Abu-Lughod/Catherine Lutz (Hg): Language and the Politics of Emotion.
Cambridge/New York/Paris 1990.
91 | Zur Vereinbarkeit von diskurs- und praxistheoretischen Ansätzen vgl. Reckwitz:
Praktiken und Diskurse.
92 | Lila Abu-Lughod/Catherine Lutz: Introduction. Emotion, Discourse, and the Politics
of Everyday Life. In: Dies. (Hg): Language and the Politics of Emotion, S. 1-23, hier: S. 12.
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Title
- Gewalt im Computerspiel
- Subtitle
- Facetten eines Vergnügens
- Author
- Christoph Bareither
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Size
- 14.8 x 22.5 cm
- Pages
- 370
- Keywords
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Category
- Medien
Table of contents
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364