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Geographie, Land und Leute
Transformationen städtischer Umwelt - Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
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19Zugänge : Stadt, Umwelt und Alltag | Ab den 1970er Jahren haben englische Historiker/innen grundlegende Überlegun- gen zur Aussagekraft des Alltäglichen und zur Annäherung an das historische All- tagsleben vorgestellt, die im deutschen Sprachraum als »Alltagsgeschichte« vor allem von Alf Lüdtke vertreten worden sind. Man begann, Automatismen und »Top-down«- Prozesse zu hinterfragen, und versuchte eine Annäherung an die alltägliche Hand- lungsmacht »der Vielen«, wie es Lüdtke formuliert hat.45 »Aneignung« wurde in die- sem Kontext ein zentraler, von Lüdtke geprägter Ansatzpunkt : Es gehe um die »Art und Weise, in der Chancen wie Zumutungen wahrgenommen und in Momente des eigenen Lebens umgeformt werden«.46 Damit grenzte man sich gegen die Vorstellun- gen der Strukturgeschichte ab und verwies u. a. auf die vielfältigen Ambiguitäten und Variationen in Modernisierungsprozessen. Aber weder wurde die Einbindung in übergeordnete Strukturen zurückgewiesen noch fand eine Konzentration auf isolierte Aspekte des Alltagslebens statt. Man fragte nach subjektiven Erfahrungen, deren Re- konstruktion mitunter durch mikrohistorische Ansätze versucht wurde.47 Interessan- terweise sprach Lüdtke schon früh die Notwendigkeit an, im Rahmen der Alltagsge- schichte genauso »langfristige Zusammenhänge bzw. Veränderungen« zu bearbeiten, und schlug vor, nach »Reichweiten« von wissenschaftlich-elitären wie alltäglichen Wissensformen zu fragen.48 Obgleich diese Überlegungen vielfältige Anknüpfungspunkte für umwelthistori- sche Studien boten, sind sie interessanterweise in der Umweltgeschichte nicht rezipiert worden, zumindest nicht explizit.49 Impulse für eine Annäherung an die alltägliche his- torische Umwelt kommen auch aus der sozialen und politischen Ökologie und aus der Politikwissenschaft : Neben Konzepten wie dem Metabolismus und der Produktion von Natur (vgl. unten) ist hier die Frage nach dem Ablauf von Politikprozessen hilf- reich. Der Geograph Erik Swyngedouw sieht Veränderungen von städtischer Umwelt eng an die Frage der Macht gebunden : Die »material conditions« in Städten wurden und werden ihm zufolge von Eliten gestaltet und kontrolliert, partiell »at the expense of marginalized populations«. Materielle (und ökologische) Veränderungsprozesse hät ten also eine wesentliche soziale Dimension.50 Überlegungen zur urban governance lieferten in diesem Kontext weitere Ansatzpunkte für das Verstehen politischer Pro- zesse in der Stadt. Diese Konzepte zweifelten an der Durchsetzungsfähigkeit  – und Effizienz  – zentraler Hierarchien (hier ging es vor allem um den postmodernen Natio- nalstaat) und sahen ein Nebeneinander resp. ein Zusammenwirken unterschiedlicher politischer Akteure auf verschiedenen Machtebenen.51 In Politikprozessen würden 45 Steege et al., History ; vgl. Lüdtke, Einleitung. 46 Lüdtke, Alltagsgeschichte, 84. 47 Lüdtke, Einleitung ; Lüdtke, Alltagsgeschichte. 48 Lüdtke, Einleitung, 20 ; Lüdtke, Alltagsgeschichte, 87. 49 Wenngleich man einige Studien (z. B. Evans, Tod oder Collet, Katastrophe) durchaus so lesen könnte. 50 Heynen/Kaika/Swyngedouw, Ecology, 6 u. ebd., passim. 51 Brenner, Governance, 447. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Transformationen städtischer Umwelt Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Title
Transformationen städtischer Umwelt
Subtitle
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Author
Georg Stöger
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21233-1
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
368
Keywords
Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
Category
Geographie, Land und Leute

Table of contents

  1. 1. Einleitung 11
    1. Zugänge : Stadt, Umwelt und Alltag 17
    2. Quellen 27
  2. 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
    1. Naturräume 36
    2. Wetter und Klima 43
    3. Grenzen der Stadt 47
    4. Regierende und Regierte 50
    5. Ausweitungen des Urbanen 68
  3. 3. Wasser 75
    1. Praxis und Logik dezentraler Wasserversorgung 75
    2. Differenzierungen von Wasser 83
    3. Kontinuität, Adaption und neue Bedürfnisse 87
    4. Netzwerklösung 94
  4. 4. Energie und Biomasse 109
    1. Omnipräsenz des Brennholzes 109
    2. Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
    3. Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
    4. Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
    5. Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
    6. Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
  5. 5. Zirkulationen und Output 145
    1. Recycling-Mentalität und Praxis 145
    2. Sekundäre Märkte in der Moderne 154
    3. Abwasser und Fäkalien : Alltägliche Outputs 160
    4. Von der Senkgrube zur Kanalisation 167
    5. Abfall und Emissionen : Moderne Probleme ? 181
  6. 6. Fluviale und aquatische Räume 185
    1. Stadt und Fluss 185
    2. Von der fragilen zur stabilen Brücke 192
    3. Donau-Umbau 196
    4. Das Verschwinden der urbanen Gewässer 202
  7. 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
    1. Unsaubere und saubere Vormoderne 205
    2. Intermediäre Sauberkeit 210
    3. U-Topie Garten und Park 216
    4. Beleuchtung : Urbane Emanzipation von der Natur 226
  8. 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
    1. Irrationale und rationale Natur, untersuchte und gesammelte Natur 232
    2. Naturraum Um- und Hinterland 242
    3. Verschönerung durch Natur 248
  9. 9. Epidemie 253
    1. Die letzte Pest 253
    2. Epidemien und medizinische Infrastruktur : Konnex und Koevolution 257
    3. Ferne und nahe Cholera 263
  10. 10. Versorgungskrise 274
    1. Rekurrente Krisen type ancien 274
    2. Das langsame Auslaufen der Versorgungskrisen 281
  11. 11. Naturgefahr 290
    1. Hochwasser zwischen Alltag und Extremereignis 290
    2. Absenz und Rückkehr des Hochwassers 298
    3. Feuer als kollektives Risiko 304
    4. Feuer als städtisch-bürgerliche Aufgabe 316
  12. 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
    1. Literatur- und Quellenverzeichnis 332
    2. Archivalien und ungedruckte Quellen 332
    3. Datenbanken 333
    4. Periodika 333
    5. Gedruckte Quellen und Literatur 334
    6. Anhang 358
    7. Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
    8. Abbildungsnachweis 359
    9. Währungen und Maßeinheiten 360
    10. Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
    11. Abkürzungen 364
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